Bundesverwaltungsgericht: Trinkfreudiger Radfahrer muss zur MPU

Staat und Verwaltung
09.03.20093086 Mal gelesen

Das Bundesverwaltungsgericht hat soeben bestätigt, dass es rechtens ist, vom Inhaber einer Fahrerlaubnis eine MPU zu verlangen, wenn dieser in erheblich alkoholisiertem Zustand mit dem Fahrrad unterwegs war. Die Leipziger Richter verweisen auf die Vorschriften der Fahrerlaubnisverordnung. Dort steht, dass ein medizinisch-psychologisches Gutachten zur Klärung von Zweifeln an der Kraftfahrteignung des Inhabers einer Fahrerlaubnis einzuholen ist, wenn er ein Fahrzeug im Straßenverkehr mit einem Alkoholpegel von mindestens 1,6 Promille geführt hat (§ 13 Abs.2 c FeV).

In der obergerichtlichen Verwaltungsrechtsprechung steht schon seit einigen Jahren fest, dass der Begriff des Fahrzeugführers identisch ist mit dem des § 316 Strafgesetzbuch. Nach dieser Vorschrift macht sich strafbar, wer im Verkehr ein Fahrzeug führt, obwohl er durch den Genuss von Alkohol oder Drogen nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen.

Handelt es sich bei dem gefahrenen Fahrzeug um ein Fahrrad geht die Rechtsprechung ab einer Alkoholkonzentration von 1,6 Promille von diesem strafbaren Zustand der absoluten Fahrunsicherheit aus. Wer also als Radfahrer mit dieser Alkoholmenge im Blut erwischt wird, macht sich strafbar und muss mit einer Verurteilung zu einer Geldstrafe rechnen. Anders als beim Fahrer eines Autos oder Motorrads, wo die Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit allerdings schon bei 1,1 Promille gesetzt ist, entzieht das Gericht aber nicht die Fahrerlaubnis des trinkfesten Radlers.

Wie durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts jetzt bestätigt wurde, ist jedoch die Fahreignung des Delinquenten in Zweifel zu ziehen und von ihm eine medizinisch-psychologische-Untersuchung (MPU) zu fordern. Wenn der Betroffene der Aufforderung der Fahrerlaubnisbehörde zur Eignungsuntersuchung nicht folgt oder er die MPU nicht besteht, darf ihm seine Fahrerlaubnis von der Behörde entzogen werden. Dem Betroffenen ist dann übrigens sowohl das Führen von Kraftfahrzeugen als auch die Fortbewegung per Pedal im Straßenverkehr untersagt.

So war es auch dem Kläger im jüngst entschiedenen Fall ergangen. Ihm wurde, nachdem bei einer Polizeikontrolle festgestellt worden war, dass er mit einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 2,09 Promille Fahrrad fuhr, die Fahrerlaubnis entzogen. Zuvor war ihm in zwei medizinisch-psychologischen Gutachten die Fähigkeit abgesprochen worden zwischen Alkoholkonsum und dem Führen von Kraftfahrzeugen hinreichend trennen zu können. Die Bundesrichter urteilten im Sinne der Behörde, dass es gerechtfertigt sei in einem solchen Fall eine gefestigte Änderung des Trinkverhaltens zu verlangen, auch wenn eine betrunkene Teilnahme am Straßenverkehr nicht mit einem Kraftfahrzeug stattgefunden habe.

Für denjenigen, dem eine Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad vorgeworfen wird sind aus Strafverteidiger-Sicht folgende Hinweise wichtig.
Zwingende Voraussetzung für Maßnahmen gegen den Betroffenen ist immer, dass er das Fahrrad geführt hatte, also damit im allgemeinen Sinne gefahren ist. Auch muss sich dies im öffentlichen Verkehrsraum abgespielt haben. Wer das Fahrrad im Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit zum Beispiel nur schiebt, ist nicht nach § 316 StGB zu bestrafen. Auch eine MPU-Anordnung wäre dann rechtswidrig.
Für diejenigen, die mit 1,6 Promille und mehr im öffentlichen Verkehrsraum geradelt sind bleibt die Möglichkeit, dass der Strafrichter der Fahrerlaubnisbehörde den Ermittlungsspielraum entzieht, indem er zuvor im Urteil die indizierte Ungeeignetheit zum Führen von Kfz ausdrücklich anspricht und begründet, warum im vorliegenden Fall die Fahreignung trotzdem fortbesteht. Um dies zu erreichen, empfiehlt es sich, ein spezielles verkehrstherapeutisches Aufbauseminar zu absolvieren, über das bis zum Gerichtstermin eine ausführliche Teilnahmebescheinigung des Verkehrspsychologen vorliegen sollte. Wird - wie zumeist ein Strafbefehl erlassen - muss man zunächst Einspruch einlegen, um eine Gerichtsverhandlung zu erreichen. In jedem Fall müssen die Weichen für eine mögliche MPU rechtzeitig gestellt werden.

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Hinweis:
Der Beitrag nimmt Bezug auf BVerwG 3 C 32.07, Urteil vom 21.05.2008.