Fahrverbot - Was gilt bei mehrfacher Anordnung ?

Staat und Verwaltung
14.12.20063244 Mal gelesen

Was passiert eigentlich, wenn mehrere Verkehrsverstöße begangen wurden, die jeweils für sich genommen mit einem Fahrverbot zu ahnden sind ? Werden dann die einzelnen Fahrverbote nacheinander in ihrer jeweiligen vollen Dauer vollstreckt oder gibt es andere Möglichkeiten ? 

Inzwischen ist anerkannt, dass die Verbotsfristen mehrerer Fahrverbote nebeneinander laufen können. Eine Addition der Verbotsfristen kann also verhindert werden. 

Die Verbotsfrist (nicht das Fahrverbot !)  beginnt immer an dem Tag, an dem ein von einer deutschen Behörde erteilter Führerschein vom Betroffenen in amtliche Verwahrung abgeliefert wird (§ 25 Abs.5 S.1 StVG). 

Wenn aber der Betroffene mehrere mit einem Fahrverbot zu ahndende Verstöße begangen hat und sich der Führerschein wegen des ersten Verstoßes bereits in amtlicher Verwahrung befindet, beginnt die Erledigung der Verbotsfristen wegen der weiteren Verstöße schon mit der Rechtskraft der ihnen zugrunde liegenden Bußgeldentscheidung. Es kommt zum Nebeneinanderlaufen der Verbotsfristen ab diesem Zeitpunkt. Die amtliche Verwahrung  der Fahrerlaubnis in einem dieser Verfahren muss also parallel auf die Erledigung der anderen Fahrverbote angerechnet werden. 

Der Betroffene hat daher die Möglichkeit bei gleichzeitig laufenden Fahrverbotsverfahren  durch die Rücknahme seines Einspruchs oder seiner Rechtsbeschwerde so zu steuern, dass deren Rechtskraft gleichzeitig eintritt. Als Folge davon werden die Fahrverbote gleichzeitig erledigt.

Pech haben allerdings "Ersttäter", denen nach § 25 Abs.2a StVG das Privileg eingeräumt wurde, den Beginn des Fahrverbotes innerhalb von vier Monaten seit Rechtskraft der Entscheidung selbst zu bestimmen. Für den entsprechend privilegierten Ersttäter ist nach § 25 Abs. 2a StVG ausdrücklich bestimmt, dass mehrere Fahrverbote bei denen dieses sog. Ersttäterprivileg eingeräumt wurde, nacheinander zu vollstrecken sind. Es kommt also zur Addition der Verbotsfristen. 

Das mag man nun für eine ungerechtfertigte Benachteilung des nicht belasteten Betroffenen bzw. einen Wertungswiderspruch halten. Doch der Gesetzgeber hatte die Intention zu verhindern, dass der von der Vier-Monats-Frist Begünstigte diesen Zeitraum zum "Sammeln" und anschließendem zeitlichen Zusammenlegen mehrerer Fahrverbote ausnutzen kann.

Nicht so eindeutig ist die Rechtsmeinung bei der Konstellation eines "gemischten Fahrverbotes". D.h., wenn mehrere Fahrverbotsverfahren laufen, wobei einmal das Ersttäterprivileg gemäß § 25 Abs.2a StVG eingeräumt wurde und in einem anderen, späteren Verfahren die herkömmliche Vollstreckung nach § 25 Abs.2 S.1 StVG vorgesehen ist. 

Es lässt sich jedoch mit plausiblen Argumenten erklären, dass auch in diesen Fällen nichts anderes gelten kann als in den Fällen der gleichzeitigen Erledigung mehrerer Fahrverbote nach § 25 Abs. 2 StVG.

Wenn nämlich der Betroffene in beiden "gemischten" Verfahren die Einsprüche gleichzeitig zurücknimmt, wird das Fahrverbot nach § 25 Abs.2  StVG an diesem Tag wirksam. Es beginnt die Verbotsfrist zu laufen, wenn der Betroffene den Führerschein sogleich in amtliche Verwahrung gibt. Eine Addition der Fahrverbote ist damit verhindert, obwohl  dem Betroffenen zunächst ein Fahrverbot nach § 25 Abs.2a auferlegt wurde. Hier - wie es teilweise vertreten wird -  nur wegen der Einräumung des Ersttäterprivilegs bei einem der Fahrverbotsverfahren eine Addition der Fristen für geboten zu erachten, erschiene willkürlich. Auch der Verweis in Abs. 2a S.2 führt m.E. zu keinem anderen Ergebnis, da andernfalls die erhebliche Folge einer Addition der Fahrverbote allein in dem Unterschied läge, ob der Einspruch wegen des Fahrverbotes nach Abs. 2 eventuell um wenige Minuten früherer zurückgenommen wird. Denn im Hinblick auf das Fahrverbot nach Abs. 2a würde dann kein weiteres Fahrverbot mehr verhängt.    

Bei Zweifeln muss der Verteidiger ggf. eine gerichtliche Entscheidung nach § 62 OWiG herbeiführen.  

Der Verfasser, Rechtsanwalt Christian Demuth, Düsseldorf ist hauptsächlich als Verteidiger auf dem Gebiet des Verkehrsstraf- und Bußgeldrechts tätig.