Rechte des Mieters bei einem Mietmangel

Miete und Wohnungseigentum
23.06.20101291 Mal gelesen

Weist eine Mietwohnung Mängel auf, dann stehen dem Mieter zahlreiche Ansprüche gegen den Vermieter zu. Diese Ansprüche und deren Voraussetzungen werden nachfolgend im Überblick dargestellt.

 
1. Wann liegt ein Mietmangel vor?
 
Eine Mietwohnung ist mangelhaft, wenn ihr tatsächlicher Zustand nachteilig von dem Zustand abweicht, den Vermieter und Mieter bei Abschluss des Mietvertrages als vertragsgemäß vereinbart haben. In erster Linie kommt es also auf ausdrückliche Regelungen im Mietvertrag an. Hieran wird es aber häufig fehlen. Dann sind objektive Kriterien maßgeblich, zum Beispiel der übliche oder gewöhnliche Standard vergleichbarer Wohnungen. So ist eine Wohnung mangelhaft, wenn sie an einer stark befahrenen Straße liegt und im Mietvertrag eine besonders ruhige Wohnlage vereinbart worden ist. Die identische Nachbarwohnung hingegen ist vertragsgemäß, wenn dort im Mietvertrag ein Hinweis auf die besonders ruhige Wohnlage fehlt.
 
Ein bestimmter Zustand kann auch dann vereinbart worden sein, wenn eine ausdrückliche Regelung im Mietvertrag fehlt. So kann die Vereinbarung einer besonders niedrigen Miete bedeuten, dass die Parteien den schlechten oder renovierungsbedürftigen Zustand der Wohnung stillschweigend als vertragsgemäß vereinbart haben. Wenn die Parteien die Wohnung vor Vertragsabschluss besichtigen, dann gilt der hierbei offen zu Tage tretende Zustand der Wohnung als vertragsgemäß, es sei denn, der Vermieter sagt zu, bis zum Einzug des Mieters noch Renovierungsarbeiten vorzunehmen.
 
Werden im Mietvertrag besondere Standards weder ausdrücklich noch stillschweigend vereinbart, dann kommt es auf den üblichen Standard vergleichbarer Wohnungen an. Der übliche Standard hängt wiederum von der Verkehrsauffassung ab: Wer eine unsanierte Altbauwohnung anmietet, kann lediglich erwarten, dass die Wohnung den Standard aufweist, der zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes galt. Er muss deshalb auch mit knarrendem Parkett rechnen, sodass insoweit keine Mängelrechte in Betracht kommen. Wer dagegen eine Neubauwohnung anmietet, kann davon ausgehen, dass der Schallschutz den aktuellen technischen Regeln entspricht, weshalb Mängel wegen knarrenden Parketts nicht von Anfang an ausgeschlossen sind.
 
Anerkannt ist, dass auch Einflüsse, die von außen unmittelbar auf die Mietwohnung einwirken, Mängel darstellen können, zum Beispiel Lärm von einer Baustelle in der Nachbarschaft. Aber auch hier gilt, dass kein Mangel vorliegt, wenn bereits bei Abschluss des Mietvertrages mit solchen Bauarbeiten zu rechnen war. So hat das Amtsgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 23.09.2004, Az. 33 C 1747/04) entschieden, dass ein Mieter, der in der Frankfurter Innenstadt eine Wohnung anmiete, damit rechnen müsse, dass es zu Beeinträchtigungen der Wohnnutzung durch Bautätigkeit komme; denn dort seien schon seit vielen Jahren Großprojekte verwirklicht worden, sodass Baulärm in der weiteren Umgebung der Mietwohnung bereits ortsüblich sei. Das Risiko derartiger Maßnahmen habe daher dem Vertragsschluss der Parteien mit zugrunde gelegen.
 
Ob ein Mangel vorliegt oder nicht, kann somit nicht allgemein verbindlich, sondern nur einzelfallbezogen beurteilt werden. Entscheidend ist, was die Parteien vereinbart haben oder welchen Zustand der Wohnung der Mieter bei Abschluss des Mietvertrages nach der Verkehrsauffassung ? also üblicherweise - erwarten durfte; und hierfür sind wiederum Art, Ausstattung, Lage und Alter des Gebäudes sowie die Miethöhe maßgeblich.
 
2. Gewährleistungsrechte des Mieters
 
a) Mängelbeseitigungsanspruch
 
Der Vermieter ist verpflichtet, die Mietwohnung in vertragsgemäßem Zustand zu übergeben und sie während der gesamten Dauer des Mietvertrages in diesem Zustand zu erhalten (§ 535 Abs. 1 S. 2 BGB: Instandsetzungspflicht des Vermieters). Demgemäß kann der Mieter vom Vermieter verlangen, etwaige Mängel zu beseitigen. Der Anspruch des Mieters auf Mängelbeseitigung besteht unabhängig davon, wann der Mangel entstanden ist und ob er erheblich ist oder nicht. Der Vermieter ist auch dann zur Instandsetzung verpflichtet, wenn der Mangel durch vertragsgemäße Abnutzung durch den Mieter entstanden ist. Dagegen besteht keine Pflicht zur Instandsetzung des Vermieters, wenn es sich um solche Mängel handelt, die der Mieter durch übermäßigen Gebrauch selbst verschuldet (dann hat der Vermieter sogar Schadensersatzansprüche gegen den Mieter) oder die er aufgrund einer wirksamen Vereinbarung im Mietvertrag selbst zu beseitigen hat (sog. Kleinreparaturen).
 
Liegen Mängel vor, dann muss der Mieter den Vermieter hiervon in Kenntnis setzen, aus Beweisgründen am Besten schriftlich oder per E-Mail. Hierbei ist jeder einzelne Mangel so konkret wie möglich zu bezeichnen. Zugleich sollte der Vermieter ausdrücklich aufgefordert werden, die im Einzelnen dargestellten Mängel innerhalb einer bestimmten Frist (i. d. R. zwei Wochen) zu beheben.
 
b) Selbstbeseitigungsrecht und Aufwendungsersatz
 
Beseitigt der Vermieter die Mängel nicht innerhalb der gesetzten Frist und zwar aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, dann kann der Mieter die Mängel gemäß § 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB auf Kosten des Vermieters selbst beseitigen (lassen). Lässt der Mieter den Mangel allerdings beseitigen, ohne zuvor den Vermieter hierzu aufgefordert und ihm eine Frist gesetzt zu haben, dann kann er keinen Aufwendungsersatz vom Vermieter verlangen.
 
Nur in Eilfällen kann der Mieter den Mangel auch ohne vorherige Mängelanzeige und Aufforderung zur Mängelbeseitigung selbst beseitigen (lassen) und die Kosten vom Vermieter ersetzt verlangen (§ 536a Abs. 2 Nr. 2 BGB). Dies gilt aber nur in echten Notfällen, z. B. bei einem Wasserrohrbruch oder bei einem Stromausfall oder einer nicht mehr schließenden Wohnungstür. Immer dann, wenn noch die Zeit und die Möglichkeit besteht, den Mangel gegenüber dem Vermieter anzuzeigen und diesen zur Mangelbeseitigung aufzufordern, besteht kein Selbstvornahmerecht und keine Kostenerstattungspflicht des Vermieters.
 
 
§ 536 BGB bestimmt, dass die Miete für die Zeit automatisch gemindert ist, in der die Tauglichkeit der Mietwohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch wegen eines Mangels nicht unerheblich beeinträchtigt ist. Die Miete ist also ab dem Zeitpunkt, in dem der Mangel erstmals auftritt, bis zu dessen endgültiger Beseitigung reduziert, ohne dass sich der Mieter hierauf berufen muss: Der Mieter muss den Mangel lediglich anzeigen, dem Vermieter aber nicht mitteilen, die Miete mindern zu wollen. Zahlt er trotz des Mangels den vollen Mietzins, kann er den überzahlten Mietzins zurückverlangen (Ausnahme: Der Mieter hat das Minderungsrecht verwirkt, weil er trotz Kenntnis des Mangels den Mietzins über einen längeren Zeitraum ? mindestens 6 Monate ? in voller Höhe und vorbehaltlos entrichtet hat) oder gegen die Mietforderung des Folgemonats aufrechnen (Achtung: In Mietverträgen kann wirksam vereinbart werden, dass der Mieter gegen Mietforderungen nur dann aufrechnen kann, wenn er dies dem Vermieter mindestens einen Monat vorher schriftlich angekündigt hat).
 
(1) Ausschluss des Minderungsrechts
 
Die Miete ist trotz eines Mangels nicht gemindert, wenn
 
  • der Mieter den Mangel bei Vertragsschluss kannte, § 536 b S. 1 BGB: In diesen Fällen liegt zumeist schon begrifflich kein Mangel vor, da der mangelhafte Zustand der Mietwohnung als vertragsgemäß vereinbart worden ist;
 
  • der Mieter den Mangel bei Vertragsschluss zwar nicht kannte, ihn aber hätte kennen müssen und der Vermieter den Mangel nicht arglistig verschwiegen hat, § 536 b S. 2 BGB: Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn der Mieter die Wohnung vor Vertragsabschluss nicht besichtigt hat. Den Mieter treffen aber keine Untersuchungspflichten, sodass er nicht sichtbare Mängel auch nicht hätte kennen müssen;
 
  • der Mangel zwar nach Vertragsschluss, aber noch vor Einzug auftritt und der Mieter die Wohnung in Kenntnis des Mangels vorbehaltlos annimmt, § 536 b S. 3 BGB: Werden z. B. in einem Übergabeprotokoll bestimmte Mängel dokumentiert, dann muss der Mieter hierin bei jedem einzelnen Mangel vermerken, dass er sich Gewährleistungsrechte vorbehält und diesen Zustand gerade nicht als vertragsgemäß akzeptiert; andernfalls verliert er seine Gewährleistungsrechte;
 
  • der Mangel unerheblich ist, § 536 Abs. 1 S. 3 BGB: Unerhebliche Mängel, die den Mieter nicht spürbar in dem Gebrauch seiner Mietwohnung beeinträchtigen, berechtigen nicht zur Mietminderung. Dies ist in der Regel der Fall, wenn der Mangel leicht erkennbar ist und mit geringem Kostenaufwand beseitigt werden kann oder nur von kurzer Dauer ist. Beispiele für unerhebliche Mängel sind abgetretene Türschwellen in der Wohnung, Unbenutzbarkeit des Balkons im Herbst oder Winter, zeitweiser Ausfall der Heizung im Sommer, Haarrisse in der Zimmerdecke, nicht schließendes Garagentor, geringfügiger Luftzug an den Fenstern eines Altbaus, defekte Steckdose oder einmalige Lärmbelästigung durch Nachbarn;
 
  • der Mieter den Mietzins über einen längeren Zeitraum vorbehaltlos und ungemindert weitergezahlt hat und der Vermieter deshalb davon ausgehen darf, der Mieter werde auch in Zukunft nicht von dem Minderungsrecht Gebrauch machen. Dieser Ausschlussgrund ist auf Extremfälle beschränkt und betrifft regelmäßig nur das Minderungsrecht für die Vergangenheit: Der Mieter kann sich dann zwar nicht rückwirkend, dafür aber noch zukünftig auf Mängel berufen und Minderung verlangen. Tritt ein Mangel auf und ist sich der Mieter nicht sicher, ob deshalb die Miete gemindert ist oder ob der Vermieter seine Zusage einhält, den Mangel zu beheben, sollte er die Miete stets nur unter Vorbehalt zahlen. Hierzu sollte er dem Vermieter schriftlich mitteilen, dass er zwar den vollen Mietzins zahlt, sich aber Gewährleistungsrechte ? insbesondere eine Mietminderung ? vorbehält;
 
  • der Mieter den Mangel nicht angezeigt hat und der Vermieter den Mangel deshalb nicht beseitigen konnte, § 536 c BGB: Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter jeden Mangel unverzüglich anzuzeigen. Die Anzeige muss nicht, sollte aber schriftlich oder per E-Mail erfolgen. Sie ist an den Vermieter oder dessen Bevollmächtigten, z. B. Hausverwaltung, zu richten. Aus ihr muss der Vermieter Art und Umfang des Mangels erkennen können. Die Anzeigepflicht besteht nicht, wenn der Vermieter den Mangel bereits kennt oder kennen muss oder ihm die Mängelbeseitigung unmöglich ist. War eine Reparatur erfolgreich und tritt derselbe Mangel kurze Zeit später wieder auf, so muss der Mieter den Mangel erneut anzeigen, es sei denn, der Vermieter weiß, dass seine Mängelbeseitigung keinen Erfolg hatte. Der Mieter verliert seine Minderungsbefugnis trotz unterlassener Mängelanzeige nicht, wenn der Vermieter den Mangel auch bei rechtzeitiger Mängelanzeige nicht hätte beseitigen können. Wenn der Mieter den Mangel nicht rechtzeitig anzeigt, hat er dem Vermieter den Schaden zu ersetzen, der durch die unterlassene Anzeige entstanden ist (§ 536 c Abs. 2 S. 1 BGB). Das Recht, Beseitigung des Mangels zu verlangen, bleibt aber auch bei unterlassener Mängelanzeige bestehen (allerdings kann der Vermieter keinen Mangel beseitigen, den er nicht kennt). Holt der Mieter die Mängelanzeige nach, dann kann er zumindest für die Zukunft Mietminderung geltend machen;
 
  • der Mieter den Mangel selbst verschuldet hat: Ein Verschulden des Mieters liegt allerdings nicht vor, wenn der Mangel lediglich Folge des vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietwohnung durch den Mieter ist (§ 538 BGB);
 
  • der Mieter die Beseitigung des Mangels durch den Vermieter verhindert, z. B. Handwerker nicht in seine Wohnung lässt;
 
  • der Mieter gemäß Mietvertrag selbst wirksam verpflichtet ist, den Mangel zu beheben (insbesondere bei Kleinreparaturen).
 
(2) Höhe der Minderung
 
Bei Vorliegen eines erheblichen Mangels ist die Bruttomiete (inklusive Betriebskostenvorauszahlungen) gemindert, und zwar in angemessener Höhe. Was angemessen ist, bestimmt sich immer nach den Umständen des Einzelfalls. Ein Vergleich mit allgemeinen Mietminderungstabellen bietet deshalb allenfalls eine grobe Orientierung. Ihr Fall liegt in der Regel anders, sodass die Minderung höher, aber auch niedriger oder ganz ausgeschlossen sein kann. Viele Mieter neigen dazu, die Minderung zu hoch anzusetzen, und laufen deshalb Gefahr, dass ihnen wegen rückständiger Miete fristlos gekündigt wird. Eine Mietminderungstabelle können Sie auf unserer Homepage unter http://www.rp-anwaelte.de/index.php?page=recht_interessant einsehen.
 
d) Schadensersatzanspruch
 
Bei einem Mangel der Mietwohnung kann der Mieter von seinem Vermieter zusätzlich Schadensersatz verlangen. Gemäß § 536 a Abs. 1 BGB ist hierfür Voraussetzung, dass
 
  • der Mangel von Anfang an vorhanden war, § 536 a BGB: Dann haftet der Vermieter auch ohne Verschulden;
 
  • der Mangel sich erst nach Einzug in die Mietwohnung zeigt und der Vermieter ihn zu vertreten hat: Der Vermieter hat einen Mangel zu vertreten, wenn er seine Pflicht, die Mietwohnung in einem vertragsgemäßen Zustand zu erhalten, nicht erfüllt hat;
 
  • nach Einzug in die Mietwohnung ein Mangel auftritt, den der Vermieter zwar nicht zu vertreten hat, mit dessen Beseitigung er aber in Verzug ist.
 
Verlangt der Mieter Schadensersatz, dann hat ihn der Vermieter finanziell so zu stellen, wie er stehen würde, wenn die Mietwohnung nicht mangelhaft gewesen wäre. Der Mieter hat Anspruch auf Beseitigung der Mangelursache und der unmittelbaren Mangelfolgen, z. B. die Kosten für die Anmietung eines Hotelzimmers, wenn der Mieter die Wohnung nicht mehr nutzen konnte. Bei verschuldeten Mängeln kann der Mieter unter Umständen sogar Schmerzensgeld verlangen.
 
 
Nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB kann der Mieter schließlich fristlos kündigen, wenn ein erheblicher Mangel aufgetreten ist, den er nicht zu vertreten hat, und er dem Vermieter erfolglos eine Frist zur Beseitigung des Mangels gesetzt hat.
 
 
Rechtsanwalt Marco Pape
 

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