BGH: Schadensersatz bei vorgetäuschter Eigenbedarfskündigung

BGH: Schadensersatz bei vorgetäuschter Eigenbedarfskündigung
04.04.20171121 Mal gelesen
Kündigt ein Vermieter ein Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs und nutzt die Wohnung nach Auszug des Mieters nicht, kann er sich schadensersatzpflichtig machen. Das hat der Bundesgerichthof mit Urteil vom 29. März 2017 entschieden (Az.: VIII ZR 44/16).

Hat ein Vermieter Eigenbedarf, z.B. weil die Kinder mehr Platz brauchen, kann er einen Mietvertrag kündigen und der Mieter muss ausziehen. "Dazu muss aber auch tatsächlich Eigenbedarf bestehen. Wird der Eigenbedarf vom Vermieter nur vorgetäuscht, kann er sich gegenüber seinem Mieter schadensersatzpflichtig machen, wenn er nicht plausibel darlegen kann, warum er erst wegen Eigenbedarfs kündigt und die Wohnung dann nicht dem Bedarf entsprechend nutzt", sagt Rechtsanwalt Jens Schulte-Bromby, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht und Partner der Kanzlei AJT in Neuss.

Auch der BGH hatte nun im Fall einer Eigenbedarfskündigung zu entscheiden. Der Vermieter hatte das Mietverhältnis gekündigt, da er die Wohnung für den neuen Hausmeister brauche. Nach längerem Hin und Her und einer Räumungsklage hatten die Parteien einen Vergleich geschlossen. Dabei verpflichtete sich der Mieter bis spätestens Ende 2011 auszuziehen. Nach seinem Auszug am 31. Oktober 2011 zog aber nicht der neue Hausmeister in die Wohnung ein, sondern eine andere Person.

Der Mieter hatte schon die ganze Zeit Zweifel am Eigenbedarf, der seiner Meinung nach nur vorgetäuscht war. Schließlich klagte er auf Erstattung der Umzugskosten und der Mehrkosten durch die höhere Miete, die er nun zu zahlen hat. In den Vorinstanzen hatte die Klage keinen Erfolg. Die Parteien hätten mit dem Vergleich einen Schlussstrich unter die Sache gezogen. Daher können der Mieter nun nicht mehr nachträglich Schadensersatzansprüche geltend machen. Außerdem habe der Vermieter überzeugend dargelegt, dass der Hausmeister ihn erst im November informiert habe, dass er aus Gesundheitsgründen nicht die Wohnung im dritten Stock beziehen wolle. Bis dahin habe er die Absicht gehabt, die Wohnung dem Hausmeister zur Verfügung zu stellen.

Der BGH verlangt jedoch eine differenziertere Sicht und verwies den Fall an das Landgericht zurück. Die Karlsruher Richter stellten klar, dass eine schuldhafte unberechtigte Kündigung, insbesondere durch die Vortäuschung von Eigenbedarf, zu Schadensersatzansprüchen des Mieters führen kann. Werde der Eigenbedarf nach dem Auszug des Mieters nicht realisiert, treffe den Vermieter eine besondere sekundäre Darlegungslast, d.h. er muss stimmig erklären, aus welchem Grund der Eigenbedarf entfallen ist.

Diese plausible Darlegung sei in dem konkreten Fall nicht erfolgt. Bei einer tatsächlichen Bedarfslage sei zu erwarten gewesen, dass der Mietvertrag mit dem Hausmeister schon bald nach dem Räumungsvergleich abgeschlossen worden wäre. Das Landgericht muss nun erneut prüfen, ob die Aussage des Vermieters glaubhaft ist oder ob der Eigenbedarf nur vorgetäuscht wurde.

"Besteht tatsächlich Eigenbedarf, kann der Vermieter kündigen. Er sollte aber keinen Eigenbedarf anzeigen, nur um einen Mieter aus der Wohnung zu bekommen. Eine vorgetäuschte Eigenbedarfskündigung kann am Ende teuer werden", so Rechtsanwalt Schulte-Bromby.


Mehr Informationen: https://www.ajt-neuss.de/mietrecht-wohnungseigentumsrecht