Reform des familiengerichtlichen Verfahrens

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30.06.20081085 Mal gelesen
Am Freitag ist die Reform des familiengerichtlichen Verfahrens beschlossen worden. Sie wird zum 01.09.2009 in Kraft treten; vorgesehen sind u.a. Änderungen bei der sachlichen Zuständigkeit, bei Kindschaftssachen und Kindeswohlgefährdung sowie bei der Vollstreckung von Sorge- und Umgangsrechtsentscheidungen.
 
Die sachliche Zuständigkeit des Familiengerichts soll künftig in sämtlichen Angelegenheiten gegeben sein, die den Bereich von Ehe und Familie betreffen. Zuvor mussten etwa Streitigkeiten über ein gemeinsames Darlehen der Eheleute oder Fragen der Nutzungsentschädigung bei Auszug eines Ehegatten aus dem gemeinsamen Eigenheim u.U. vor dem Amts- und Landgericht verhandelt werden. Auch Angelegenheiten des Vormundschafts- und Betreuungsrechts fallen künftig in den Zuständigkeitsbereich des Familiengerichts.
 
Inhaltlich wird es in erster Linie Änderungen bei Verfahren geben, von denen Kinder betroffen sind. Streitigkeiten über das Umgangsrecht müssen künftig vorrangig und beschleunigt behandelt werden: Spätestens einen Monat ab Eingang eines Antrags soll die erste Erörterung vor Gericht stattfinden (die gerichtliche Verfahrensdauer in Umgangsrechtssachen beträgt derzeit durchschnittlich 6,8 Monate). Erstes Ziel wird es sein, eine einvernehmliche Lösung des Konflikts herbei zu führen.
 
Das Kind wird künftig keinen Verfahrenspfleger zur Vertretung seiner Rechte erhalten, sondern einen sog. Verfahrensbeistand. Der Unterschied ist im wesentlichen, dass der Beistand eine aktive Rolle in dem Konflikt übernehmen und u.a. durch Gespräche mit den Eltern zu einer einvernehmlichen Regelung beitragen kann. 
 
Von besonderem Interesse wird für viele Betroffene die Regelung zur besseren Durchsetzbarkeit von Sorge- und Umgangsrechtsentscheidungen sein: Bei Verstößen werden nicht mehr Zwangsmittel, sondern Ordnungsmittel verhängt. Diese können auch noch nach Ablauf der Verpflichtung wegen Zeitablaufs festgesetzt und vollstreckt werden, so dass die Durchsetzungsmöglichkeiten gegenüber Elternteilen, die das Umgangsrecht des anderen Elternteils zu boykottieren versuchen, gestärkt werden.
 
Eine weitere Neuerung ist die häufigere Einsetzung eines Umgangspflegers: Derzeit ist die Anordnung einer solchen Pflegschaft bereits möglich, um bei schwierigen Konflikten zwischen den Eltern oder langen Kontaktpausen zwischen Elternteil und Kind die Durchführung des Umgangsrechts zu erleichtern bzw. sicherzustellen. Der Umgangspfleger kann etwa die Einzelheiten der Übergabe des Kindes festlegen und das Kind abholen und zurück bringen.
 
Auswirkungen auf die Praxis:
 
Die Reform wird viele Erleichterungen und - in Angelegenheiten, von denen Kinder betroffen sind - Beschleunigungen in das familienrechtliche Verfahren bringen. Insbesondere die erste Priorität, eine einvernehmliche Konfliktlösung der Eltern zu erreichen, wird zu beständigeren Regelungen im Bereich des Sorge- und Umgangsrechts führen. Es ist zu erwarten, dass infolgedessen die Mediation eine noch größere Bedeutung erlangen wird; in vielen Fällen werden die Parteien diese alternative Möglichkeit, ihren Konflikt zu lösen, in Betracht ziehen, bevor sie den Schritt in das gerichtliche Verfahren gehen.