Rechtswörterbuch

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Mediation

 Normen 

MediationsG

§ 7a BORA

ZMediatAusbV

§ 34 RVG

RL 2008/52 über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen

 Information 

1. Allgemein

Mediation ist eine aus dem angloamerikanischen Rechtskreis kommende Form der Streitschlichtung durch die teure Prozesskosten vermieden werden sollen. Der Mediator vertritt nicht die Interessen einer Partei, sondern er ist Vermittler zwischen den Parteien und zur Neutralität verpflichtet.

Wesentlichste Voraussetzungen zur Durchführung einer Mediation sind u.a., dass bei beiden Parteien eine Akzeptanz des Mediationsverfahrens und eine Bereitschaft zur gemeinschaftlichen Lösung des Konflikts besteht. Fehlt diese, ist dringend von der Durchführung einer Mediation abzuraten. Andererseits ist aber auch zu bedenken, dass die Konfliktlösungsbereitschaft auch erst während der Mediation durch den Mediator "hervorgeholt" werden kann.

Die Durchführung der Mediation erfolgt in mehreren Phasen, wobei bestimmte Inhalte von dem ausgewählten Modell abhängen. Grundsätzlich kann eine Mediation z.B. folgende Abschnitte enthalten:

  • Der Vertragsschluss über die Durchführung der Mediation: Die Parteien stimmen organisatorische Fragen ab, wählen einen Mediator aus etc.

  • Die Bestandsaufnahme: Die Parteien erläutern den Konflikt.

  • Die Verhandlungsphase: Die Parteien erarbeiten ihre gegenseitigen Interessen.

  • Die Lösungsphase: Es wird eine Lösung erarbeitet.

  • Die Schlussphase: Die Parteien bereiten die Umsetzung der Ergebnisse in der Praxis vor.

2. Das Mediationsgesetz

2.1 Einführung

Nach der gesetzlichen Definition in § 1 MediationsG ist eine Mediation ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem Parteien mithilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben.

Inhalte des Mediationsgesetzes sind:

  • Festlegung des grundlegenden Bedingungen für ein außergerichtliches Mediationsverfahren.

  • Regelung der Mediation während eines Prozesses.

Das Mediationsgesetz bestimmt die Rechte und Pflichten der Parteien und ist das Berufsgesetz der Mediatoren. Sofern der Mediator gleichzeitig Rechtsanwalt ist, unterliegt er zudem gemäß § 18 BORA den Regeln dieses Berufsrechts.

2.2 Außergerichtliches Mediationsverfahren

2.2.1 Mediator

Ein Mediator ist eine unabhängige und neutrale Person ohne Entscheidungsbefugnis, die die Parteien durch die Mediation führt. Ein zertifizierter Mediator ist gemäß § 5 Abs. 2 MediationsG ein Mediator, der eine in einer Rechtsverordnung geregelte Ausbildung absolviert hat. Der "normale" Mediator soll gemäß § 5 Abs. 1 MediationsG eine geeignete Ausbildung absolviert haben und regelmäßig an Fortbildungen teilnehmen (zu den Anforderungen an die Aus- und Fortbildung von zertifizierten Mediatoren siehe die Ausführungen unten).

2.2.2 Tätigkeitsbeschränkungen

Gemäß § 3 Abs. 1 MediationsG hat der Mediator den Parteien alle Umstände offenzulegen, die seine Unabhängigkeit und Neutralität beeinträchtigen können. Umstände, die die Unabhängigkeit und Neutralität des Mediators beeinträchtigen können, sind nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/5335) insbesondere persönliche oder geschäftliche Verbindungen zu einer Partei oder ein finanzielles oder sonstiges eigenes Interesse am Ergebnis der Mediation. Der Mediator darf bei Vorliegen solcher Umstände jedoch dann tätig werden, wenn die Parteien dem ausdrücklich zustimmen.

Gemäß § 3 Abs. 2 MediationsG darf als Mediator nicht tätig werden (auch nicht mit Zustimmung der Parteien), wer vor der Mediation in derselben Sache für eine Partei tätig gewesen ist. Der Mediator darf auch nicht während oder nach der Mediation für eine Partei in derselben Sache tätig werden. Von "derselben Sache" ist auszugehen, wenn der Mediation und der parteilichen Beratung der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt. Überschneidet sich zum Beispiel der Sachverhalt, mit dem die anwaltliche Vertretung befasst war oder ist er auch nur teilweise mit dem Konfliktstoff, der Gegenstand der Verhandlungen in der Mediation sein soll, identisch, scheidet die Übernahme einer Mediatorentätigkeit in dieser Sache aus.

Unter die Beschränkung des § 3 Abs. 3 MediationsG fällt es, wenn ein in derselben Sozietät wie der in Aussicht genommene Mediator tätiger Rechtsanwalt eine der Parteien in derselben Sache vertritt oder vertreten hat (Interessenkollision). Auch kann nach einer gescheiterten Mediation der Sozius des anwaltlichen Mediators die anwaltliche Vertretung von einer der Mediationsparteien nicht übernehmen. Aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts werden in § 3 Abs. 4 MediationsG Ausnahmen zugelassen, wie sie auch § 3 Abs. 2 BORA vorsieht.

Die in psychologischen Beratungsstellen häufig anzutreffende Praxis, zunächst eine Kontakt suchende Partei zu beraten und anschließend eine Mediation anzubieten, begegnet nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/5335) keinen Bedenken. In diesem Fall hat die nach § 3 Abs. 4 MediationsG vorgesehene Information zu erfolgen. Die Parteien können sodann auf der Basis dieser Information einer Mediation zustimmen.

2.2.3 Verschwiegenheitspflicht

Der Mediator und die in die Durchführung des Mediationsverfahrens eingebundenen Personen sind gemäß § 4 MediationsG zur Verschwiegenheit verpflichtet. Der Kreis der "in die Durchführung des Mediationsverfahrens eingebundenen Personen" ist nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/5335) eng zu verstehen. Hierunter fallen nur die Hilfspersonen des Mediators (zum Beispiel Bürokräfte oder sonstige berufliche Gehilfen). Dagegen gilt die Verschwiegenheitspflicht nicht für die von den Parteien einbezogenen Dritten, wie etwa Sachverständige oder Familienangehörige.

Aufgrund dieser gesetzlichen Regelung über die Verschwiegenheitspflicht sind alle Mediatoren gemäß § 383 Abs. 1 Nummer 6 ZPO in Zivilverfahren und in allen auf diese Regelung Bezug nehmenden Verfahren zeugnisverweigerungsberechtigt.

§ 4 MediationsG verdrängt als Lex specialis andere Regelungen aus den Berufsrechten der Grundberufe der Mediatoren.

§ 4 S. 3 MediationsG normiert Ausnahmen von der Verschwiegenheitspflicht.

2.3 Mediation während eines Prozesses

2.3.1 Güterichter

Gemäß § 278 Abs. 5 ZPO kann das Gericht die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.

Der Güterichter unterscheidet sich von einem (nach vormaligem recht möglichen) richterlichen Mediator bei einer gerichtsinternen Mediation im Wesentlichen durch folgende Punkte:

  • Die Verweisung vor einen Güterichter steht allein im Ermessen des Gerichts, wohingegen die Durchführung einer gerichtsinternen Mediation nur mit Zustimmung der Parteien möglich war.

  • Im Gegensatz zu der gerichtsinternen Mediation ruht das Verfahren nicht, wenn das Gericht die Parteien für die Güteverhandlung an einen Güterichter verweist.

  • Der Güterichter ist gesetzlicher Richter im Sinne von § 16 Satz 2 GVG und gehört im Gegensatz zum richterlichen Mediator zwingend demselben Gericht an wie der verweisende Richter. Die Parteien können den Güterichter deshalb nicht wie einen richterlichen Mediator in der gerichtsinternen Mediation wählen.

  • Der Güterichter kann und hat den Termin zur Güteverhandlung zu bestimmen, während ein richterlicher Mediator nur dann Erfolg versprechend zur Mediation einladen konnte, wenn über den Termin Einvernehmen mit den Parteien bestand.

  • Im Verfahren vor dem Güterichter gilt die durch das Mediationsgesetz geschützte Vertraulichkeit nicht. Anders als der Güterichter durften der richterliche Mediator die Prozessakten auch nur mit Zustimmung der Parteien einsehen.

  • Der Güterichter kann darüber hinaus auch einen Vergleich protokollieren (Prozessvergleich) und den Streitwert festsetzen.

2.3.2 Außergerichtliche Konfliktbeilegung auf Vorschlag des Gerichts

Der neu eingefügte § 278a ZPO eröffnet dem Gericht die Möglichkeit, den Parteien eine gerichtsnahe Konfliktbeilegung, insbesondere eine Mediation, vorzuschlagen.

Ein solcher Vorschlag kann insbesondere dann angezeigt sein, wenn dem Rechtsstreit Konflikte zugrunde liegen, die im Prozess nicht oder nur unzureichend beigelegt werden können. Derartige Konstellationen können zum Beispiel in Verfahren auftreten, in denen hinter dem den Streitgegenstand bildenden Zahlungsanspruch eine dauerhafte persönliche oder geschäftliche Beziehung der Parteien besteht, die durch den Ablauf des Rechtsstreits oder dessen Ergebnis beeinträchtigt werden kann. Sind wie im Bau- oder im Arzthaftungsprozess gutachterlich zu klärende Tatsachenfragen streitentscheidend, kann es darüber hinaus sinnvoll sein, die Parteien auf ein verbindliches Schiedsgutachten zu verweisen.

Wird eine Mediation oder eine andere außergerichtliche Konfliktbeilegung durchgeführt, wird das Ruhen des Verfahrens angeordnet.

2.3.3 Klageschrift

Die Klageschrift soll gemäß dem geänderten § 253 Abs. 3 ZPO nunmehr auch die Angabe enthalten, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen.

2.4 Mediations-Richtlinie

Der Anwendungsbereich der neuen Richtlinie erstreckt sich auf grenzüberschreitende Streitigkeiten für Zivil- und Handelssachen, d.h. Mediationen, bei denen mindestens eine Partei ihren Wohn-/Geschäftssitz in einem anderen Mitgliedstaat hat. Dänemark ist von der Anwendung der Richtlinie ausgeschlossen.

Als grenzüberschreitende Streitigkeit wird angesehen, wenn mindestens eine Partei zu folgenden Zeitpunkten ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat als dem der anderen Partei hat:

  • zum Zeitpunkt der Vereinbarung der Mediation (nach dem Entstehen der Streitigkeit)

  • zum Zeitpunkt der Anordnung der Mediation durch ein Gericht

  • wenn durch ein nationales Recht eine Pflicht zur Nutzung der Mediation besteht

Es wird den Mitgliedstaaten aufgegeben, die Rechtsgrundlagen zu schaffen, dass die in einem Mediationsverfahren eines anderen Mitgliedslandes erzielte schriftliche Vereinbarung vollstreckbar gemacht werden kann.

Auch müssen die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die Verjährung während des Verfahrens gehemmt wird.

3. Der Rechtsanwalt als Mediator

Siehe insofern den Beitrag "Mediation - Rechtsanwalt als Mediator".

4. Aus- und Fortbildung von zertifizierten Mediatoren

Mediation ist ein komplexes Konfliktlösungsverfahren, für das der Mediator einer qualifizierten Ausbildung bedarf. Die Bezeichnung "zertifizierter Mediator" ist in § 5 Abs. 2 MediationsG gesetzlich verankert. Wesentliches Ziel ist es, aus Gründen der Qualitätssicherung und der Markttransparenz Mindeststandards für die Ausbildung von zertifizierten Mediatoren festzulegen, die für das Führen der Bezeichnung "zertifizierter Mediator" erfüllt sein müssen:

Die Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung (ZMediatAusbV) ist am 1. September 2017 in Kraft getreten. Die Verordnung regelt die Ausbildung und die Fortbildung des zertifizierten Mediators sowie Anforderungen an die Einrichtungen zur Aus- und Fortbildung.

Als zertifizierter Mediator darf sich nur bezeichnen, wer eine Ausbildung zum zertifizierten Mediator abgeschlossen hat. Die Ausbildung setzt sich zusammen aus einem Ausbildungslehrgang und einer Einzelsupervision im Anschluss an eine als Mediator oder Co-Mediator durchgeführte Mediation. Der Ausbildungslehrgang muss die in der Anlage aufgeführten Inhalte vermitteln und auch praktische Übungen und Rollenspiele umfassen. Der Umfang des Ausbildungslehrgangs beträgt insgesamt mindestens 120 Präsenzzeitstunden. Diese Mindeststundenzahl schließt die praktischen Übungen, Rollenspiele und Supervision mit ein.

Jeder, der eine Ausbildung zum Mediator erfolgreich abschließt, die die obigen Voraussetzung erfüllt, darf sich mit Inkrafttreten der Rechtsverordnung als zertifizierter Mediator bezeichnen. Dies gilt auch für Mediatoren, die bereits vor dem Inkrafttreten der Rechtsverordnung eine Ausbildung zum Mediator absolviert haben, die den zeitlichen und inhaltlichen Mindestvorgaben dieser Rechtsverordnung entspricht. Soweit die bereits absolvierte Ausbildung nicht alle nach der Rechtsverordnung erforderlichen Ausbildungsinhalte enthält oder weniger als 120 Stunden umfasst, ist eine Nachschulung erforderlich, sofern nicht die Übergangsbestimmung des § 7 ZMediatAusbV einschlägig ist.

§ 4 ZMediatAusbV regelt die Verpflichtung des zertifizierten Mediators, sich nach Abschluss der Ausbildung zum zertifizierten Mediator regelmäßig fortzubilden. Innerhalb der zwei auf den Abschluss seiner Ausbildung folgenden Jahre hat der zertifizierte Mediator mindestens viermal an einer Einzelsupervision, jeweils im Anschluss an eine als Mediator oder Co-Mediator durchgeführte Mediation, teilzunehmen. Die Zweijahresfrist beginnt mit Ausstellung der Bescheinigung zum zertifizierten Mediator zu laufen.

5. Rechtsschutzversicherung

Eine Klausel in den Versicherungsbedingungen einer Rechtsschutzversicherung, nach der die Kosten einer Mediation bei Leistungsarten übernommen werden, der Mediator aber von dem Rechtsschutzversicherer ausgesucht wird, ist unzulässig (LG Frankfurt am Main 07.05.2014 - 2-06 O 271/13).

 Siehe auch 

Parteiverrat

Täter-Opfer-Ausgleich

http://mediation.anwaltverein.de/ (Arbeitsgemeinschaft Mediation im Anwaltverein)

http://www.bmev.de (Bundesverband für Mediation)

Ahrens: Mediationsgesetz und Güterichter - Neue gesetzliche regelungen der gerichtlichen und außergerichtlichen Mediation; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2012, 2465

Eidenmüller/Prause: Die europäische Mediationsrichtlinie - Perspektiven für eine gesetzliche Regelung der Mediation in Deutschland; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2008, 2737

Friedrich: Regelungsgegenstände der Mediationsvereinbarung; Monatsschrift für Deutsches Recht - MDR 2004, 481

Fritz/Pielsticker: Kommentar zum Mediationsgesetz; 1. Auflage 2013

Fritz/Pielsticker: Verordnung über die Aus- und Fortbildung von zertifizierten Mediatoren. ZMediatAusbV; Kommentar; 1. Auflage 2018

Henssler/Deckenbrock: Das neue Mediationsgesetz: Mediation ist und bleibt Anwaltssache!; Der Betrieb - DB 2012, 159

Kaspar: Mediation und konsensuale Konfliktlösung im Strafrecht; Neue Juristische Wochenschrift - 2015, 1642

Lembcke: Handbuch Baukonfliktmanagement; 1. Auflage 2013

Mehrbrey: Handbuch Gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten; 2. Auflage 2015

Mehrbrey: Handbuch Streitigkeiten beim Unternehmenskauf - M&A Litigation; 1. Auflage 2018

Neuenhahn/Neuenhahn: Die Begleitung des Mandanten durch den Rechtsanwalt in der Mediation; NJW 2005, 1244

Ortloff: Mediation im Verwaltungsprozess: Bericht aus der Praxis; Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - NVwZ 2006, 148

Paul: Ausbildung und Kosten der Mediation; Familie - Partnerschaft - Recht - FPR 2004, 176

Rüssel: Mediation in der Praxis: Wirtschafts- und Familienmediation; Juristische Arbeitsblätter - JA 2005, 667

Unberath: Mediationsklauseln in der Vertragsgestaltung; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2011, 1320