Auxilia-Rechtsschutz muss Diesel-Klage gegen VW decken

Kaufrecht
16.05.202373 Mal gelesen
Der ADAC und die Auxilia, Rechtsschutzversicherer, waren der Überzeugung, dass der Diesel-Abgasskandal bereits vorbei sei. Dem ist jedoch nicht so.

Die neue Rechtsprechung im Diesel-Abgasskandal durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) wirkt sich auch indirekt auf Verfahren gegen Rechtsschutzversicherer aus. Die Auxilia-Versicherung muss die außergerichtlichen und erstinstanzlichen Kosten für eine Diesel-Klage gegen VW übernehmen. Das Landgericht Rottweil verurteilte Auxilia am 27. April 2023 in einer Deckungsklage zur Übernahme der Kosten. Anders als Auxilia sah das Gericht für die Klage im Diesel-Abgasskandal hinreichende Erfolgsaussichten (Az.: 3 O 63/23). Die Kammer bezog sich zwar in ihrem Urteil nicht auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Am 21. März 2023 urteilte der EuGH, dass bereits fahrlässiges Handeln der Hersteller für Schadensersatz im Diesel-Abgasskandal genügt. Darüber hinaus gelten am EuGH sogenannte Thermofenster zur Manipulation der Abgasreinigung als illegal. Und genau um eine solche Abschalteinrichtung geht es in dem VW-Verfahren. Das Landgericht Rottweil wertete die Rechtslage zum Thermofenster als uneinheitlich, da der BGH sich noch nicht abschließend geäußert hat, und gab daher der Deckungsklage eines Verbrauchers im Kern statt.

Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer empfiehlt Personen, die Probleme mit Deckungszusagen ihrer Rechtsschutzversicherung haben, einen kostenlosen Online-Check in Anspruch zu nehmen. Aufgrund der aktuellen Entwicklungen im Abgasskandal sind die Erfolgsaussichten der Verbraucher auf Schadensersatz erheblich gestiegen. Infolgedessen sollten die Rechtsschutzversicherer die Kosten für Diesel-Klagen übernehmen. Als eine der führenden Kanzleien im Abgasskandal bietet Dr. Stoll & Sauer umfassende Unterstützung an. Mehr Infos zu den Entwicklungen im Abgasskandal am EuGH und BGH gibt es auf unserer Spezial-Website.

Abgasskandal: LG Rottweil sieht uneinheitliche Rechtsprechung

Der ADAC und die Auxilia, Rechtsschutzversicherer, waren der Überzeugung, dass der Diesel-Abgasskandal bereits vorbei sei. Daher verweigerte auch Auxilia die Deckungszusage für eine Diesel-Klage, da die Rechtsabteilungen der Ansicht waren, dass die Klagen keine Erfolgsaussichten mehr hätten. Die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs trugen zu dieser verbraucherunfreundlichen Rechtsprechung bei. Jedoch hat sich aufgrund von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nun der Wind gedreht. Das Landgericht Rottweil entschied zugunsten einer Deckungsklage gegen die Auxilia-Versicherung. Das Gericht erkannte "hinreichende Erfolgsaussichten" für die Klage gegen den Autohersteller VW. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer gibt eine kurze Zusammenfassung des Verfahrens und des Urteils.

  • Ein Verbraucher kaufte im Juli 2017 einen VW Touran 2.0 für 30.700 Euro. Der Motor EA288 hat die Abgasnorm Euro 6. Ein amtlicher Rückruf liegt für das Fahrzeug nicht vor.  Er beabsichtigte Schadensersatzansprüche gegen die VW AG mit der Begründung geltend zu machen, dass die dort Verantwortlichen den PKW mit unzulässigen Abschalteinrichtungen unter anderem mit einem sogenannten "Thermofenster" versehen und ihn dadurch vorsätzlich und sittenwidrig geschädigt hätten.
  • Die Rechtsschutzversicherung der Auxilia verweigerte im November 2021 für die Klage die Deckungszusage mit der Begründung, es gebe keine hinreichenden Erfolgsaussichten. Im sogenannten Stichentscheid - eine Art Gutachten - zu den Erfolgsaussichten, verwiesen die Anwälte des Verbrauchers darauf, dass in dem EA288 auch ein Thermofenster verbaut sei, das die gesetzlichen Abgasgrenzwerte nur in einem bestimmten Temperaturfenster einhält. Darüber hinaus seien weitere illegale Abschalteinrichtungen verbaut worden. Auxilia weigerte sich weiter eine Deckungszusage zu geben. Der Verbraucher war seit 2000 bei Auxilia rechtsschutzversichert. 
  • Das LG Rottweil wertete jedoch die Sachlage anders. Zum einen besteht für den Rechtsschutzfall Versicherungsschutz. Zum anderen sieht das Gericht Erfolgsaussichten für die Klage. Zu einem hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Diesel-Klage in unterschiedliche Entscheidung präzisiert. Zum anderen war zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Deckungszusage die Rechtslage zum EA288 und dem Thermofenster uneinheitlich. Das Oberlandesgericht Naumburg hatte Ansprüche gegen Volkswagen bei einem Fahrzeug des streitgegenständlichen Typs bejaht (Urteil vom 9. April 2021 - 8 U 68/20). Danach ist die Auffassung, es läge in der vorliegenden Sachverhaltskonstellation eine unzulässige Abschalteinrichtung, bezogen auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife jedenfalls nicht von vornherein offenbar unvertretbar
  • Nach der Rechtslage, wie die Kammer diese jetzt beurteilt, kann nicht mit hinreichender Gewissheit ausgeschlossen werden, dass dem Kläger gegen die VW AG ein Schadensersatzanspruch zusteht.
  • Gegen das Urteil kann noch Berufung eingelegt werden.

 

Fazit: Das LG Rottweil weist jetzt nicht explizit auf die jüngste Rechtsprechung am EuGH hin. Die im Abgasskandal entscheidende Verordnung (EG) Nr. 715/2007 schütze auch die individuellen Rechte der Verbraucher. Vor diesem Hintergrund und die ausstehenden Entscheidungen am BGH stehen die Chancen für eine erfolgreiche Diesel-Klage gegen VW sehr gut.

 

 

Verbraucherfreundliche Entwicklung im Diesel-Abgasskandal

Es sind immer noch etwa 2.100 Verfahren beim Bundesgerichtshof (BGH) und schätzungsweise fast 100.000 anhängige Klagen bei unteren Instanzen, die sich knapp acht Jahre nach Beginn des Diesel-Abgasskandals mit Schadensersatzklagen gegen Autohersteller beschäftigen. In den vergangenen Monaten sind die Erfolgsaussichten der Verbraucher enorm gestiegen. Die Rechtsschutzversicherer müssen dies anerkennen und die Deckung für die Dieselverfahren übernehmen. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer gibt einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen.

  • Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit seinem Urteil vom 21. März 2023 dem Diesel-Abgasskandal neuen Schwung verliehen und die Klagemöglichkeiten für Verbraucher deutlich erleichtert. Damit hat der EuGH der bisherigen Rechtsprechung des BGH deutlich widersprochen (Az.: C-100/21). Während der BGH stets den Nachweis von Sittenwidrigkeit und Vorsatz für Schadensersatz forderte, genügt dem EuGH bereits fahrlässiges Handeln. Da der Nachweis der Fahrlässigkeit einfacher ist als der des vorsätzlichen Handelns, wird es für Verbraucher einfacher, ihre Rechte geltend zu machen. Immerhin können Verbraucher nicht in die internen Unternehmensabläufe einsehen. 
  • Aus diesem Grund hat der Bundesgerichtshof (BGH) am 8. Mai 2023 versucht, seine Position neu zu definieren. Der Diesel-Senat des BGH neigt nach ausgiebigen Verhandlungen zu einer neuen, verbraucherfreundlichen Rechtsprechung. Verbraucher könnten den durch Abgasmanipulation verursachten Wertverlust erstattet bekommen und ihr Fahrzeug behalten. Obwohl noch viele Fragen offen sind, ist die Richtung klar: Es wird eine neue Art von Schadensersatz geben, die Verbrauchern den Zugang zu ihrem Recht erleichtert. Eine neue Klagewelle ist möglich, und aufgrund der stark gestiegenen Erfolgsaussichten müssen die Versicherer die Klagen decken. Die endgültige Entscheidung des BGH wird am 26. Juni 2023 verkündet.
  • Spätestens als das Verwaltungsgericht Schleswig am 20. Februar 2023 das Software-Update für den VW-Skandalmotor EA189 aufhob und als illegal erklärte, war klar, dass der Diesel-Abgasskandal erneut aufgerollt werden muss (Az.: 3 A 113/18). Das Update enthielt ein Thermofenster, das die Abgasreinigung je nach Außentemperatur regelt und somit deaktiviert. Der EuGH hatte mit verschiedenen Urteilen zum Thermofenster den Weg für diese Entscheidung geebnet.
  • Das Verwaltungsgericht Schleswig machte auch deutlich, dass die Zulassungsbehörde sicherstellen muss, dass die Fahrzeuge wieder in einen gesetzeskonformen Zustand gebracht werden. Das bedeutet, dass Stilllegungen oder der Entzug der Typgenehmigung möglich sind. Verbraucher sollten daher schnell handeln und Klage gegen den Fahrzeughersteller ihres Diesel-Fahrzeugs einreichen, da in nahezu allen Modellen Thermofenster verbaut sind.
  • Zusätzlich zu diesen verbraucherfreundlichen Entwicklungen vor Gericht gibt es noch die von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) veröffentlichten Bosch-Papiere. Aus diesen Dokumenten geht eindeutig hervor, dass alle Hersteller beim Automobilzulieferer Abschalteinrichtungen bestellt haben, um die gesetzlichen Abgasnormen zu umgehen. Bosch hat die Hersteller darauf hingewiesen, dass diese Abschalteinrichtungen nicht den Vorschriften entsprechen. Mehr zu den Bosch-Papers gibt es auf unserer Spezial-Website.

Fazit: Verbraucher, die vom Diesel-Abgasskandal betroffen sind, sehen sich mit erheblichen finanziellen Einbußen konfrontiert. Sie riskieren Fahrverbote, Stilllegungen und Wertverluste. Es wird empfohlen, eine individuelle Klage einzureichen, da die Erfolgsaussichten laut aktueller Rechtsprechung sehr gut sind. Durch den kostenfreien Online-Check kann der richtige Weg aus dem Dieselskandal ermittelt werden. Die konkreten Fälle der Verbraucher werden geprüft, um eine Ersteinschätzung zu geben, bevor gemeinsame Schritte gegen den Autohersteller unternommen werden. Falls die Rechtsschutzversicherungen die Deckung verweigern, wird die Kanzlei Deckungsklagen einreichen.