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Rechtsschutzfall

Normen

Abschnitt 4 ARB 2012

§ 4 ARB 2008/2000/94

§ 14 ARB 75

Information

1 Allgemein

Eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Rechtsschutz ist, dass gemäß des Rechtsschutzversicherungsvertrags bzw. der Rechtsschutzbedingungen ein Rechtsschutzfall i.S. des Abschnitt 4 ARB 2012 / § 4 ARB 2008/2000/94 vorliegt. Zu den weiteren Voraussetzungen siehe den Beitrag "Rechtsschutzversicherung - Übernahme der Rechtsschutzkosten".

Hinweis:

Der Begriff Rechtsschutzfall, der in den ARB 2012/2008/2000/94 verwendet wird, ist gleichbedeutend mit dem Begriff Versicherungsfall, der in den neueren ARB sowie § 14 ARB 75 verwendet wird.

2 Drei-Säulen-Theorie des BGH

Nach der Drei-Säulen-Theorie des BGH (u.a. BGH 31.03.2021 - IV ZR 221/19) ist ein Rechtsschutzfall dann anzunehmen, wenn das Vorbringen des Versicherungsnehmers

  1. 1.

    einen objektiven Tatsachenkern - im Gegensatz zu einem bloßen Werturteil - enthält, mit dem er

  2. 2.

    den Vorwurf eines Rechtsverstoßes verbindet und worauf er

  3. 3.

    seine Interessenverfolgung stützt.

3 Zeitlicher Deckungsschutz

Zeitlich besteht grundsätzlich Deckungsschutz für Versicherungsfälle, die nach dem Beginn des Versicherungsschutzes und vor der Beendigung des Versicherungsschutzes eingetreten sind. Bei bestimmten Leistungsarten hat der Versicherungsnehmer nach dem Abschluss des Rechtsschutzversicherungsvertrages zudem eine Wartezeit von drei Monaten zu erfüllen, bevor der Versicherungsschutz beginnt, d.h. für während der Wartezeit eintretende Versicherungsfälle besteht kein Versicherungsschutz.

Der BGH hat in den letzten Jahren seine Rechtsprechung zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Vorliegen eines Rechtsschutzfalls geändert:

Bei dem Deckungsschutz für eigene Ansprüche richtet sich die Festlegung des verstoßabhängigen Rechtsschutzfalles allein nach der von dem Versicherungsnehmer behaupteten Pflichtverletzung seines Anspruchsgegners, auf die er seinen Anspruch stützt (BGH 24.04.2013 - IV ZR 23/12).

D.h. ob die Interessenwahrnehmung dem Leistungsversprechen des Rechtsschutzversicherers unterfällt ist vom Versicherungsfall her zu bestimmen. "... dazu "ist allein der Tatsachenvortrag entscheidend, mit dem der Versicherungsnehmer den Verstoß seines Anspruchsgegners begründet. Als frühestmöglicher Zeitpunkt kommt dabei das dem Anspruchsgegner vorgeworfene pflichtwidrige Verhalten in Betracht, aus dem der Versicherungsnehmer seinen Anspruch herleitet" (BGH 25.02.2015 - IV ZR 214/14).

"Anderenfalls hätte dieser es - als mit Blick auf den Rechtsschutzversicherungsvertrag Außenstehender - selbst bei Verfolgung grundsätzlich versicherter vertraglicher Ansprüche in der Hand, allein schon durch die Wahl seiner Verteidigung (hier: Aufrechnung mit Schadensersatzanspruch) dem Versicherungsnehmer den Rechtsschutz zu entziehen." (BGH 25.02.2015 - IV ZR 214/14).

Beispiel:

Der Versicherungsnehmer begehrt Rechtsschutzdeckung für einen Prozess gegen seine private Krankenversicherung. Diese verweigert die Leistung u.a. mit Hinweis auf eine von der Ehefrau des Klägers begangene Rezeptmanipulation, die vor dem Abschluss des Rechtsschutzversicherungsvertrages begonnen habe, insoweit liege ein vorvertraglicher Dauerverstoß vor.

Nach der jetzigen Rechtslage kann der Rechtsschutzversicherer die Rechtsschutzdeckung nicht aufgrund der so genannten Vorvertraglichkeit ablehnen, denn dafür ist nicht entscheidend, wann die Rezeptmanipulationen des Klägers oder seiner Ehefrau begonnen haben, sondern nur, wann sich der Krankenversicherer des Klägers geweigert hat, Krankheitskosten des Klägers zu erstatten.

Damit dürfte eine Ablehnung der Rechtsschutzdeckung aufgrund eines vorvertraglichen Dauerverstoßes nunmehr ausgeschlossen sein.

Hinweis:

Als Dauerverstoß wird ein Rechtsschutzfall bezeichnet, der nicht durch den Eintritt eines einmaligen Ereignisses ausgelöst wird, sondern durch einen eine gewisse Dauer aufweisenden Zustand begründet wird.

Der BGH hat die obige Rechtsprechung auch auf einen Passivprozess des Versicherungsnehmers erweitert (BGH 03.07.2019 - IV ZR 111/18).

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