OLG Oldenburg zur irreführenden Werbung mit der Werbeaussage „110-jährigen Möbeltradition"

Internet, IT und Telekommunikation
26.07.2010618 Mal gelesen
1. Im Rahmen der Werbung gegenüber dem Endkunden können verschiedenste Aussagen getroffen werden, um sich diesem zu präsentieren.
 
2. Eine Art der Werbung ist die sogenannte Alterswerbung, bekannter allerdings unter dem Namen Jubiläum. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass ein bestimmtes Unternehmen eine bestimmte Anzahl von Jahren auf dem Markt besteht. Anlässlich dieses Ereignisses werden dann beispielsweise Sonderaktionen veranstaltet.
 
3. Zumeist wird im Rahmen dessen ein Rabatt auf die angebotenen Waren gewährt. Vor Änderung des UWG im Jahre 2008 durfte ein solcher Verkauf nur alle 25 Jahre veranstaltet werden, also zum 25., 50., 75., 100.-jähigen und so weiter.
 
4. Nach Wegfall dieser Beschränkung kann man beispielsweise auch das einjährige Bestehen feiern. Dabei ist allerdings zu beachten, dass das angegebene Alter des Unternehmens auch tatsächlich vorliegt. Es muss lückenlos bestanden haben oder aber aus einem anderen Unternehmen hervorgegangen sein.
 
5. Mit dem nachfolgenden Fall soll dies näher erläutert werden.
 
a) Das Oberlandesgericht Oldenburg hatte jetzt einen Fall zu entscheiden, bei dem ein Möbelunternehmen mit "110 Jahre Familientradition" und "110 Jahre Möbeltradition" geworben hatte und aus diesem Anlass entsprechende Sonderangebote gewährte. Tatsächlich wurde allerdings das werbende Unternehmen erst 1992 gegründet. Begründet wurde die Werbung damit, dass dieses Unternehmen auf eine Tradition in der Familie der Gesellschafter zurückzuführen sei, wobei die alte Schreinerei im Jahr 1900 ihre Tätigkeit aufgenommen hatte. Dieser Sachverhalt kam einen Wettbewerbsverein zur Kenntnis, der daraufhin die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung hinsichtlich dieser Werbung mit der Begründung der Irreführung forderte. Als die entsprechende Erklärung nicht abgegeben wurde, machte dieser Wettbewerbsverein den Anspruch gerichtlich geltend. Das angerufene Landgericht hatte den begehrten Unterlassungsanspruch zurückgewiesen. Hiergegen wendete sich die Klägerin mit der sofortigen Beschwerde, um den Unterlassungsanspruch durchzusetzen.
 
b) Das Oberlandesgericht Oldenburg hat mit Urteil vom 22.04.2010 unter dem Aktenzeichen 1 W 12/10 den zurückweisenden Beschluss des Ausgangsgerichts aufgehoben und die begehrte Verfügung erlassen. Damit wurde dem Beklagten diese Werbung untersagt. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass es grundsätzlich möglich sei, eine Werbung mit zutreffenden Hinweisen auf einen langen Bestand und Erfolg des Unternehmens zu schalten. Allerdings muss diese Werbung hinsichtlich der zeitlichen Anknüpfung richtig sein und die Unternehmenskontinuität tatsächlich bestehen. Nach der Rechtsprechung seien dieser Anforderungen auch geboten, da die sogenannte Alterswerbung versteckte Qualitätsmerkmale enthalte, die geeignet sei, die Kaufentscheidung des Verbrauchers zugunsten des Werdenden zu beeinflussen. Im vorliegenden Fall sei diese Kontinuität jedoch nicht gegeben, da unstrittig sei, dass das aktuell werbende Unternehmen im Jahr 1992 gegründet wurde. Als Anknüpfungspunkt könne auch nicht die alte Schreinerei, die ihre Tätigkeit 1900 aufgenommen habe, herangezogen werden. Dies deshalb nicht, weil diese Schreinerei durch mehrere Umwandlungen fortgesetzt wurde und nicht als Teil des jetzt bestehenden Unternehmens. Daraus könne aber keine Tradition des heute aktuellen Betriebs hergeleitet werden.
 
6. Fest steht somit, dass die Alterswerbung grundsätzlich zulässig ist. Bei dieser Werbung muss daher darauf geachtet werden, dass als Anknüpfungspunkt das Datum herangezogen wird, welches auch den Beginn des Unternehmens und dessen Tätigkeit tatsächlich markiert. Zu beachten ist zudem, das der Werbende die nahtlose Fortführung des Unternehmens darzulegen und beweisen kann.
__________________________________________________
© 26. Juli 2010, Wisuschil & Partner - Rechtsanwälte
 
 
Vervielfältigung und Verbreitung unter Angabe
von Urheberrechtsinhaberin, Urheber und Quellenangabe
honorarfrei gestattet.
 
Rechtsanwalt Thomas R. M. Sachse
Partnerschaftsgründer & geschäftsführender Partner
Äußere Oberaustraße 20, D-83026 Rosenheim
Tel.: 08031 23 56 237
Fax: 08031 23 56 772