OLG Zweibrücken: Keine Haftung eines Forenbetreibers für rechtswidrige Veröffentlichung von Fotos durch Forennutzer

Internet, IT und Telekommunikation
28.06.20091240 Mal gelesen

Ebenso wie bereits im Februar 2009 das OLG Hamburg, entschied nunmehr auch das OLG Zweibrücken mit Urteil vom 14.05.2009 (Az. 4 U 139/08), dass der Betreiber eines Internetforums, auf dem Forennutzer Fotos hoch laden können, nicht für durch diese begangene Urheberrechtsverletzungen haftet, da der Forenbetreiber nicht verpflichtet ist, ohne Anlass die von ihm betriebene Internetplattform auf mögliche Rechtsverstöße von Nutzern zu durchsuchen, ihn insbesondere keine allgemeine Überwachungspflicht treffe.

 
 
Hintergrund der Entscheidung
 
Die dortige Beklagte betreibt ein ein Internetforum (sog. Community für Fotografierinteressierte), Interessierte können Fotos auf dem Server der Beklagten ins Internet stellen, die Fotografien werden dort gespeichert und Dritten öffentlich zugänglich gemacht. Die Basismitgliedschaft bei der Beklagten, die nur das Hochladen weniger Bilder erlaubt, ist kostenfrei; daneben gibt es weitere zu einer Nutzung im größeren Umfang berechtigende Mitgliedschaften, die kostenpflichtig sind.
 
In den AGB muss der Nutzer erklären, dass er berechtigt ist, die Fotos einzustellen, ferner lässt sich die Beklagte ein widerrufliches Recht zur weltweiten Nutzung i.S. einer Vervielfältigung, Verteilung, Übersendung, öffentlichen Wiedergabe, Veröffentlichung oder vergleichbarer Nutzungen "ausschließlich im Rahmen des Internetangebotes F.." kostenfrei übertragen.
 
Die dortige Klägerin entdeckte bei Internetrecherchen, dass in dem Forum ein Foto eingestellt war, an dem allein sie die ausschließlichen Nutzungsrechte besitzt; sie mahnte daraufhin den Forenbetreiber ab, der umgehend - vor Klageerhebung - nach Erhalt der Abmahnung das Foto von der Webseite entfernte; lehnte jedoch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ab. Hierauf hin erließ das Landgericht auf Antrag der Klägerin eine Einstweilige Verfügung, welche das OLG auf Widerspruch der Beklagten aufhob.
 
 
Begründung der Entscheidung
 
Das OLG führte aus, dass die Beklagte weder nicht auf Unterlassung hafte, da sie sich weder die Fotos zu eigen mache noch sie eine allgemeine Überwachungspflicht treffe.
 
Keine Haftung des Forumbetreibers nach Telemediengesetz (TMG) mangels Anbieten eigener Informationen
 
Eine Haftung nach dem TMG verneinte das Gericht, da es sich bei den von den Nutzern hoch geladenen Fotos sich nicht um Informationen des Forenbetreibers handelt, er sich die Fotos auch nicht zu Eigen macht.
 
Kein zu Eigen machen der Fotos wegen Vergütungspflicht der Dienste
 
Allein durch den Umstand - so das Gericht -, dass die Beklagte als Betreiberin des Internetforums über die z.T. kostenpflichtigen Mitgliedschaften finanziell an dem Einstellen der Fotos profitiert, macht sie sich die Fotos noch nicht zu Eigen, bietet daher nicht eigene Informationen i.S.d. § 7 Abs. 1 TMG an.
 
In diesem Zusammenhang verwies das Gericht darauf, dass anderenfalls jeder kommerziell tätige Betreiber nach § 7 TMG für jede auf seiner Plattform bereit gestellte Information nach § 7 Abs. 1 TMG verantwortlich wäre, unabhängig davon, wer diese Information einbringt. Damit wäre nahezu jedes auf das gegenständliche Medium bezogene Geschäftsmodell gefährdet. Auch der Bundesgerichtshof hat bereits hierauf hingewiesen.
 
Kein zu Eigen machen der Fotos wegen umfassender Nutzungsrechtseinräumung
 
Auch der Umstand, dass sich die Beklagte in den AGB umfassende Rechte zur Nutzung der Fotos einräumen lässt, hielt das Gericht für unschädlich, da die Beklagte darlegte, dass sie als Diensteanbieter diese Rechte für eine geordnete Organisation benötige, da schon allein aus Gründen der Datensicherung Vervielfältigungen durchgeführt werden müssten, die Fotos auch auf unterschiedlichen Datenbanken abgelegt werden und Wartungsarbeiten an den anspruchsvollen Rechnern erforderlich seien, und die Fotos daher auch auf anderen Servern zwischengespeichert werden müssten.
 
Eine außerhalb des Angebots liegende Verwertung trug weder die Klägerin vor noch nahm die Beklagte eine solche vor, insbesondere räumte die beklagte Dritten keine Nutzungsrechte an den Fotos ein, weder entgeltlich noch unentgeltlich, die Nutzungsrechtseinräumung erfolge vielmehr durch die Benutzer des Forums selbst.
 
Keine Haftung des Forenbetreibers als Störer
 
Hier schloss sich das Gericht der Ansicht an, dass die Haftung eines Forenbetreibers als Störer voraussetzt, dass er eigene Prüfpflichten verletzt hat, verneinte eine solche Verletzung im vorliegenden Fall mit folgender Begründung:
 
"Die Pflicht des Betreibers zur Überprüfung der eigenen Internetplattform darf nicht so weit gehen, dass der Diensteanbieter "pro-aktiv", d.h. anlassunabhängig, nach Rechtsverletzungen jedweder Art zu suchen hat. (...) Dies folgt auch aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der den Plattformbetreiber (...) nicht zu einer vorsorglichen Überprüfung sämtlicher Inhalte auf etwaige Rechtsverletzungen verpflichten will (...) Die Pflicht allgemein, auch bereits vor Eintritt einer Rechtsverletzung bzw. der konkreten Gefahr einer Rechtsverletzung nach Schutzrechtsverletzungen zu suchen, gefährdet rechtlich zulässige Geschäftsmodelle, bei denen die Tätigkeit des Betreibers nur auf den technischen Vorgang des Speicherns und der Zugänglichmachung von Inhalten, die Dritten zur Verfügung gestellt werden, bezogen ist.
 
Eine einschränkungslose Prüfpflicht kommt lediglich in solchen Fällen in Betracht, in denen das konkrete Geschäftsmodell des Plattformbetreibers von der Rechtsordnung nicht mehr zu billigen ist ( BGHZ 173, 188 - jugendgefährdende Medien bei ebay). Dies kann z.B. der Fall sein, wenn massenhaft eine völlig anonyme Nutzung der jeweiligen Internet-Plattform zu rechtswidrigen Zwecken vom Betreiber ermöglicht wird (...). Vorliegend stellt die Beklagte lediglich das Forum zum Hochladen von Fotografien zur Verfügung.(...)
 
Ein Anspruch gegen den Forenbetreiber, von vornherein durch entsprechende technische Vorkehrungen die Möglichkeit zu unterbinden, Bilder in das Forum einzustellen, durch deren Veröffentlichung die Rechte von Dritten verletzt werden, oder dies nach einer einmaligen Rechtsverletzung durch einen Nutzer zu tun, ist nicht anzuerkennen (...)"
 
Eine Pflicht, das Forum auf Rechtsverletzungen zu durchsuchen, obliegt dem Betreiber - so das Gericht - erst, wenn eine konkrete Gefahr einer Rechtsverletzung besteht. Das Vorliegen einer solchen Gefahr verneinte das Gericht ebenfalls:
 
"Im hier gegenständlichen Fall ist die Veröffentlichung des Lichtbildes (...) im Internet, durch welche die Klägerin in ihren Rechten objektiv verletzt wurde, auf entsprechende Initiative der Klägerin hin alsbald von der Beklagten rückgängig gemacht worden. Damit war die Beeinträchtigung der Klägerin in ihren Rechten beseitigt. In der Folgezeit ist es unstreitig zu keiner weiteren Rechtsverletzung zum Nachteil der Klägerin mehr gekommen. Eine konkrete Gefahrensituation hinsichtlich künftiger Rechtsverletzungen, die einer Erstverletzung nahezu gleich kommt, hat die Klägerin sonach nicht glaubhaft gemacht."