LG Köln: Plattformbetreiber haftet bei rechtswidriger Angebotseinstellung von Fotos durch Abgebildete

Internet, IT und Telekommunikation
02.02.2009 1248 Mal gelesen

Das LG hat mit Beschluss vom 09.04.2008 (Az: 28 O 690/07) festgestellt, dass das Model nicht berechtigt war, die Fotos dergestalt zu verwenden und der Plattformbetreiber als Störer gegenüber dem Fotografen haftet. Begründet wurde dies damit, dass der Plattformbetreiber sich die Fotos ?zu eigen gemacht habe?, da er sich vor Veröffentlichung der Anzeige von dem Model - wie von allen Nutzern - ein uneingeschränktes und unwiderrufliches Nutzungsrecht einräumen ließ, er daher nicht als bloßes Anzeigenportal agiere. 

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Kläger ist Akt-Fotograf. Im Rahmen eines Modelvertrages fertigte er Aktaufnahmen eines Models an (der Streithelferin der Beklagten) an. Nach den Modelverträgen standen sowohl Model als auch Fotograf uneingeschränkte Nutzungsrechte für bestimmte nichtkommerzielle Verwertungen der Fotos zu; sämtliche kommerzielle Nutzung sowie andere nichtkommerzielle Nutzung bedurfte der schriftlichen Genehmigung des jeweils anderen. Eigenwerbung, inklusive Printwerbung war ebenfalls zulässig.

 

Die Beklagte betreibt die Webseite www.XXX. Bei einer Recherche entdeckte der Fotograf zufällig, dass auf desen Seiten von ihm gefertigte Fotos des Models zur Bewerbung eines "Begleitservice" und weiteren Dienstleistungen sexueller Art genutzt wurden; das Profil hatte das Model eingestellt.

 

Der Anmeldeprozess bei der Beklagten war so gestaltet, dass der Anzeigenkunde sich zuvor als Mitglied anmelden und die AGB der Beklagten akzeptieren muss. Darin heißt es unter Ziffer 3.2 und 4.1, dass die Kunden der Beklagten dieser ein uneingeschränktes Nutzungsrecht u.a. am eingestellten Bildmaterial einräumen und diese von Ansprüchen Dritter wegen der Inhalte der Kundenbeiträge freistellen, insbesondere im Hinblick auf Urheberrechtsverletzungen.

 

Der Fotograf mahnte den Plattformbetreiber ab. Da er die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht abgab, beantragte der Fotograf daraufhin den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen diesen, die antragsgemäß erlassen wurde. Gegen diese legte der Plattformbetreiber Widerspruch ein. Er war der Ansicht, er habe nicht gegen Prüfungspflichten verstoßen, insbesondere sei ihm eine Prüfung
auf mögliche Rechtsverletzungen kaum möglich. Zudem sei das Model nach dem vorgelegten Modelvertrag zu dieser Nutzung berechtigt gewesen, weil es sich um Eigenwerbung handele. Selbst wenn es sich bei der Einstellung der Bilder auf ihre Webseite um nach dem Modelvertrag "kommerzielle Nutzung" handele, sei diese Bestimmung im Vertrag unwirksam, weil widersprüchlich. Denn die Werbung sei dort erlaubt, dabei handele es sich jedoch eindeutig um eine kommerzielle Nutzungsart.

 

Das LG Köln gab dem Fotografen recht und legte dem Plattformbetreiber die Kosten des Rechtsstreits auf, nachdem die Parteien die Sache in der Hauptsache für erledigt und der Betreiber eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hatte.

 

Das Gericht nahm an, dass es sich bei der Anzeige des Models auf der Webeite nicht um fremde Informationen nach dem TMG handelt, für die der Plattformbetreiber nur bei Verletzung ihm obliegender Prüfungspflichten hafte, sondern um eigene Informationen des Plattformbetreibers, da er sich die Anzeige des Models zu eigen gemacht habe. Hierzu führte das Gericht aus:


"[...]  Bei den von der Verfügungsbeklagten eingestellten Informationen handelte es sich indes, auch im Sinne des § 7 Abs. 1 TMG, um eigene Informationen, da sie - wie sie selbst vorträgt - gerade als "Online Rotlichtführer" auftritt. Hierfür war sie darauf angewiesen, die Inhalte der angemeldeten Nutzer zu ihren eigenen zu machen. Im Falle eigener Inhalte aber gelten die von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gemachten Einschränkungen der Störerhaftung nicht.

Für ein entsprechendes Zu-Eigen-Machen der Inhalte durch die Verfügungsbeklagte spricht insbesondere, dass sie sich ein uneingeschränktes und unwiderrufliches Nutzungsrecht an allen von Kunden ingestellten Beiträgen einräumen lässt (...). Wenn es sich (...) bei ihr um ein bloßes Anzeigenportal handelte, wäre eine solche Rechtseinräumung überflüssig. Angesichts dessen kann sich die Verfügungsbeklagte auch nicht mit Erfolg auf Ziffer 4.1 ihrer AGB berufen, wonach sie keine Haftung für die Inhalte der Teilnehmerbeiträge übernimmt; denn eine solche pauschale Haftungsfreizeichnung ist angesichts der aufgezeigten Übernahme der fremden Beiträge als eigener Inhalt gemäß § 242 BGB unbeachtlich (... )."

 

Zudem befand das Gericht die Verwendung der Fotos für die Anzeige für rechtswidrig, da das Model nicht über die erforderlichen Nutzungsrechte verfügte, diese somit auch nicht dem Plattformbetreiber einräumen konnte:

"[...] Nach dem Modelvertrag war die kommerzielle Nutzung untersagt. Eine solche
kommerzielle Nutzung lag hier auch vor, denn die Streithelferin wollte ganz offensichtlich ihre gegen Entgelt angebotenen Dienstleistungen sexueller Natur in Form eines "Escort-Service" anpreisen. Soweit die Verfügungsbeklagte vorträgt, dass nach dem Modelvertrag die Werbung gerade erlaubt gewesen sei, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Denn der Modelvertrag spricht von Eigenwerbung des Models bzw. des Fotografen. Dieser Passus ist bei Auslegung nach dem Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) und unter Berücksichtigung der für die Übertragung urheberrechtlicher Nutzungsrechte maßgeblichen Zweckübertragungsregel, § 31 Abs. 5 UrhG, so zu verstehen, dass der jeweilige Vertragspartner für sich in der Eigenschaft als Fotograf bzw. Model Werbung machen durfte. Darunter würden für die Streithelferin etwa Aktivitäten wie die Anfertigung von Bewerbungsunterlagen (Sedcard) fallen, mit denen sie sich gegenüber Modelagenturen präsentieren könnte. Die Nutzung für die Anpreisung einer Tätigkeit als Prostituierte gehört aber nicht zu solchen typischen Modelwerbungen, sondern stellt eine separate Art der Nutzung dar, die nicht mehr vom Vertrag gedeckt war.[...]"

Ob die Behauptung des Models, der Fotograf habe ihr mündlich gestattet, die Fotos auf Escort-Seiten zu nutzen, richtig war, ließ das Gericht dahinstehen, da das Model auch bei einer solchen Gestattung nicht berechtigt war, Dritten Unterlizenzen an den Fotos einzuräumen.


"[...] Nach § 31 Abs. 3 iVm § 35 Abs. 1 S. 1 UrhG bedarf es für die Einräumung weiterer Nutzungsrechte durch den Inhaber eines ausschließlichen Nutzungsrechts der Zustimmung des Urhebers. Die Streithelferin war aber nach ihrem eigenen Vortrag nicht Inhaberin eines ausschließlichen Nutzungsrechts. Kennzeichnend für ein ausschließliches Nutzungsrecht ist es, dass es nur noch dem Nutzer gestattet ist, das Werk in der vereinbarten Form zu nutzen; auch dem Urheber ist dann die Nutzung des Werks in dieser Weise nicht gestattet (...). Dass ihr ein solches Recht hinsichtlich der streitgegenständlichen Aufnahmen eingeräumt wurde, behauptet auch die Streithelferin nicht. Die von ihr behauptete mündliche Abweichung von den schriftlichen Verträgen beschränkt sich auf die Art der Nutzung der Lichtbilder durch sie. Sie erstreckte sich aber gerade nicht auf die Einräumung eines ausschließlichen Nutzungsrechts zu ihren Gunsten. Vielmehr ist davon auszugehen, dass selbst bei Zulässigkeit der Nutzung der Lichtbilder durch die Streithelferin auf Escort-Seiten es dem Verfügungskläger daneben - wie auch in beiden Model-Verträgen vorgesehen - erlaubt war, die Bilder für seine Zwecke zu nutzen. War sie demnach Inhaberin eines einfachen Nutzungsrechts, war eine Rechtseinräumung an die Verfügungsbeklagte benfalls nicht möglich. Der Inhaber eines einfachen Nutzungsrechts kann weitere Rechte nicht einräumen, sondern allenfalls sein eigenes Recht übertragen (... ). Dies wollte die Streithelferin gerade nicht; ihr Interesse war es vielmehr, Unterlizenzen an die Verfügungsbeklagte zu erteilen, wie sie selbst vorgetragen hat.[...]"