Wenn die Wahl des Gerichtsstandes rechtsmissbräuchlich ist, Antrag auf einstweilige Verfügung, Unterlassungsansprüche eBay

Wenn die Wahl des Gerichtsstandes rechtsmissbräuchlich ist, Antrag auf einstweilige Verfügung, Unterlassungsansprüche eBay
05.03.2013501 Mal gelesen
Das Landgericht Aurich hat entschieden, dass die Wahl des abgelegenen und schwer zu erreichenden Gerichtsstandes Aurich rechtsmissbräuchlich war. Aurich habe keinen Bahnhof für Personenbeförderung. Einen Bezug der Angelegenheit zu Aurich sah das Gericht nicht. Aurich sei als Gerichtsstand gewählt worden, um den Antragsgegner zu benachteiligen.

Die Antragstellerin hatte die ihrer Ansicht nach rechtswidrigen Angebotsbedingungen und Widerrufsbelehrungen gerügt, die der Antragsgegner auf eBay eingestellt hatte.

Weil der Internetauftritt bundesweit erfolgte, hatte die Antragstellerin die Zuständigkeit des Landgerichts Aurich geltend gemacht.

In dem Beschluss vom 22. Januar 2013, 6 O 38/13 (5), hat das Landgericht Aurich entschieden, dass der Antrag unzulässig war, weil Wahl des Gerichtsstandes Aurich im konkreten Falle  rechtsmissbräuchlich sei.

Zwar sei für Unterlassungsansprüche nach UWG wegen Handelsaktivitäten im Internet gemäß §§ 2, 8 UWG iVm. § 32 ZPO die Zuständigkeit jeden deutschen Gerichtes als Gericht des Begehungsortes eröffnet.

Die klagende Partei könne nach § 35 ZPO unter mehreren zulässigen Gerichtsständen wählen.

Das LG Aurich weist jedoch darauf hin, dass diese Wahlfreiheit unter dem Vorbehalt der unzulässigen Rechtsausübung, also des Rechtsmißbrauchs, steht. Ein solcher Fall des Rechtsmißbrauchs sei hier offenkundig gegeben.

In dem Beschluss heißt es:

"Es ist nämlich aus keinem anderen Gesichtspunkt als dem der Schadenszufügung und der arglistigen Erschwerung der Rechtsverteidigung des Antragsgegners zu erklären, dass die Antragstellerin die einstweilige Verfügung ausgerechnet in Aurich beantragt. Es wäre nachvollziehbar und legitim, wenn die Antragstellerin - außer im Gerichtsstand des Antragsgegners - entweder an ihrem eigenen Sitz oder am Sitz ihres Prozessbevollmächtigten in Berlin den Antrag stellen würde, denn es kämen dann jeweils eigene Ersparnisse, sei es für eine Informationsreise oder für die Terminswahrnehmung des Prozessbevollmächtigten in Betracht.  Die Auswahl des Gerichtsstandes Aurich lässt hingegen überhaupt keinen Bezug zur Antragstellerin, zum Antragsgegner, zur Sache oder zum Sitz ihres Prozessbevollmächtigten erkennen. Daraus erschließt sich die Absicht, den Antragsgegner durch die Wahl eines im Bundesgebiet abgelegenen und von seinem Geschäftssitz verkehrsmäßig nur schwer (Aurich hat keinen Bahnhof für Personenbeförderung) zu erreichenden Gerichtsortes zu benachteiligen. Er müsste nämlich für den Widerspruch gegen eine etwaige einstweilige Verfügung entweder einen ihm unbekannten Rechtsanwalt am Gerichtsort beauftragen oder einen am Wohnort ansässigen Anwalt für die Tagesreise nach Aurich und zurück honorieren.

Für die erörterte arglistige Benachteiligungsabsicht spricht schließlich ferner, wenngleich nicht entscheidend, der Umstand, dass ausweislich der Im Internet (Suchmaschine Yahoo) öffentlich zugänglichen Informationen über den Prozessbevollmächtigten G. S. dieser für eine Vielzahl von Unterlassungsklagen und Abmahnverfahren, unter anderem auch für die Antragstellerin dieses Verfahrens, bekannt ist, was die Vermutung schikanöser taktischer Vorgehensweise stützt."

Der Beschluss des Landgerichts Aurich ist zu begrüßen. Auch die Wahlfreiheit des "fliegenden Gerichtsstandes" hat Grenzen und darf nicht rechtsmißbräuchlich sein.

Rechtsanwältin Amrei Viola Wienen
Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht
Wirtschaftsmediatorin (IHK)

Anwaltskanzlei Wienen, Kanzlei für Medien & Wirtschaft
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