Gutscheinfehler bei OTTO – wie ist die Rechtslage?

Internet, IT und Telekommunikation
27.11.2012489 Mal gelesen
In der Nacht von letztem Sonntag auf Montag kam es bei dem Versandhändler OTTO zu einer regelrechten Flut an Online-Bestellungen. Grund dafür waren Tausende Gutscheincodes, die aufgrund einer technischen Panne ins Internet geraten waren. Die Gutscheine hatten einen Wert von bis zu 400 € konnten sogar ohne Mindestbestellwert eingelöst werden. Klingt zu schön, um wahr zu sein. Nachdem OTTO die Panne im Laufe des Montags bemerkte, wurden alle 50.000 Bestellungen storniert. Doch geht das so einfach? Haben die Käufer nicht einen Anspruch auf Lieferung ihrer Bestellung? Und wie sieht es aus, wenn der Käufer eine E-Mail bekommen hat, in der die Bestellung bestätigt wurde?

Zunächst muss man prüfen, ob überhaupt ein Kaufvertrag zustande gekommen ist: Ein Vertrag kommt nämlich grundsätzlich nur durch die Abgabe zweier übereinstimmender Willenserklärungen, nämlich Angebot und Annahme, zustande. Nichts anderes gilt auch bei Kaufverträgen im Internet. Interessant ist aber, wer das Angebot abgibt und wer es annimmt.

Viele denken, dass der Onlineshop, also z.B. Otto, durch das Anbieten der Ware ein Angebot abgibt, dass der Kunde nur annehmen muss. Dann wäre die Sache klar: Der Onlineshop hat die Ware zu einem bestimmten Preis angeboten, der Kunde hat das Angebot unter Verwendung eines Gutscheincodes angenommen und hätte somit also einen Anspruch auf Lieferung zum vereinbarten Preis.

Doch so einfach ist es in der Onlinewelt leider nicht. In der Regel stellen die "Angebote" in den Onlineshops nur eine "Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes" dar. Also nicht der Onlinehändler gibt das Angebot ab, sondern bittet den Kunden darum, das zu tun. Diese rechtliche Konstruktion wird "invitatio ad offerendum" genannt.

Bei Bestellungen im Internet gibt also der Kunde das Angebot ab, der Händler nimmt es an - oder eben auch nicht. Die Annahme durch den Händler erfolgt in der Regel erst durch den Versand der Ware. Zwar bekommt man oft sofort nach der Bestellung eine (meist automatisch versandte) Bestätigungsmail, in der steht, dass die Bestellung eingegangen ist. Allerdings stellt diese Mail noch keine Annahme des Angebots dar. Der Händler ist zur Versendung einer solchen Bestätigungsmail vielmehr gesetzlich verpflichtet. Bei Nutzung eines nicht autorisierten Gutscheins wird der Onlinehändler die Bestellung daher vermutlich stornieren. Damit hat er das Angebot des Kunden nicht angenommen und ein Kaufvertrag kommt nicht zustande. Der Kunde hat in diesem Fall keinen Anspruch darauf, dass die Ware unter Anrechnung des Gutscheinwertes geliefert wird.

Eine Ausnahme gilt nur, wenn die "Annahme des Angebotes" ausdrücklich bestätigt wird, also nicht nur eine "Bestätigung des Eingangs der Bestellung" verschickt wird. Man sollte also genau auf die Formulierung der Bestätigungsmail achten.

Der Onlinehändler hat allerdings unter bestimmten Voraussetzungen selbst dann noch die Möglichkeit, den geschlossenen Kaufvertrag anzufechten. Hat sich der Händler zum Beispiel verschrieben, vertippt oder der ist falsche Preis durch einen nicht autorisierten Gutschein entstanden, kann er den geschlossenen Vertrag wegen eines "Erklärungsirrtums" nach § 119 BGB anfechten.

Eine Anfechtung muss jedoch "unverzüglich" und ohne "schuldhaftes Zögern" erfolgen. Was nämlich unter "unverzüglich" zu verstehen ist, kommt auf den Einzelfall an und kann nicht generell gesagt werden. Ein Anfechtung drei Wochen nach Vertragsschluss dürfte aber nicht mehr unverzüglich sein.

Fazit: so ärgerlich es auch sein mag - wenn der Kunde einen nicht autorisierten Gutschein verwendet, hat er keinen Anspruch auf Lieferung der Bestellung unter Anrechnung des Gutscheinwertes. Bevor man sich also zu früh freut, sollte man die Quelle des Gutscheincodes auf ihre Seriösität überprüfen. Bei sehr hohen Gutscheinwerten ohne Mindestbestellwert sollte man misstrauisch werden.