Bundestag beschließt neues Widerrufsrecht im Fernabsatz

Internet, IT und Telekommunikation
08.06.20111588 Mal gelesen
Der Bundestag hat am 26.05.2011 das Gesetz zum neuen Widerrusfrecht beschlossen. Wirksam wird das Gesetz mit der - noch nicht erfolgten, jedoch kurzfristig zu erwartenden - Veröffentlichung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt.

Der Bundestag hat am 26.05.2011 das Gesetz zum neuen Widerrusfrecht beschlossen. Wirksam wird das Gesetz mit der - noch nicht erfolgten, jedoch kurzfristig zu erwartenden - Veröffentlichung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt.

Umstellungsfrist 3 Monate

Nach dem Gesetz müssen Online-Händler spätestens 3 Monate nach Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt die neuen Vorgaben, insbesondere die neuen Widerrufsbelehrungen auf ihren Internetseiten vorhalten. Werden nach Ablauf der 3 Monate noch die alten Widerrufsbelehrungen genutzt, kann dies - da wettbewerbswidrig - kostspielig abgemahnt werden.

Änderungen

1. Neue Mustertexte für Widerrufsbelehrung

Die alten Mustertexte müssen auf Grund der teilweisen Neuformulierung der Widerrufsbelehrung durch die ab Verkündung geltenden neuen Mustertexte ersetzt werden.

2. Neue Regeln für den Wertersatz bei Rückgabe benutzter Ware

Das Gesetz sieht in § 312 e BGB nunmehr Regelungen für den Wertersatz bei Fernabsatzverträgen vor. § 312e BGB lautet nunmehr wie folgt:

(1) Bei Fernabsatzverträgen über die Lieferung von Waren hat der Verbraucher abweichend von § 357 Absatz 1 Wertersatz für Nutzungen nach den Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt nur zu leisten,

1. soweit er die Ware in einer Art und Weise genutzt hat, die über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinausgeht, und

2. wenn er zuvor vom Unternehmer auf diese Rechtsfolge hingewiesen und entsprechend § 360 Absatz 1 oder 2 über sein Widerrufs- oder Rückgaberecht belehrt worden ist oder von beidem anderweitig Kenntnis erlangt hat.

§ 347 Absatz 1 Satz 1 ist nicht anzuwenden.

(2) Bei Fernabsatzverträgen über Dienstleistungen hat der Verbraucher abweichend von § 357 Absatz 1 Wertersatz

für die erbrachte Dienstleistung nach den Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt nur zu leisten,

1. wenn er vor Abgabe seiner Vertragserklärung auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist und

2. wenn er ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer vor Ende der Widerrufsfrist mit der Ausführung der Dienstleistung beginnt.

Der Onlinehändler erhält zukünftig also bei Nutzung der Ware nur noch Wertersatz , wenn die Nutzung über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinausgeht und der Verbraucher vorher über den Wertersatz belehrt wurde.

In der amtlichen Begründung heißt es zur neuen Rechtslage wie folgt:

"Die Rechtslage stellt sich im Fall des fristgemäßen Widerrufs eines Fernabsatzvertrags über die Lieferung von Waren künftig wie folgt dar: Der Verbraucher muss zunächst die Ware zurückgewähren. Dasselbe gilt für gezogene Nutzungen, die ihrer Natur nach herausgegeben werden können und daher beim Verbraucher noch vorhanden sein müssen. Hierunter fallen jedoch Gebrauchsvorteile, die ihrer Natur nach nicht herausgegeben werden können, gerade nicht.

Nutzungswertersatz für Gebrauchsvorteile ist nur zu leisten, soweit der Verbraucher die Ware in Kenntnis seines Widerrufsrechts in einer Weise genutzt hat, die über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinausgeht.

An den Ansprüchen des Verbrauchers gegen den Unternehmer ändert sich nichts: Der Unternehmer hat dem Verbraucher den empfangenen Kaufpreis sowie gegebenenfalls geleistete Hinsendekosten zurückzuerstatten und gezogene Nutzungen (Zinsen) herauszugeben. Zinsen sind auch dann herauszugeben, wenn der Unternehmer tatsächlich keine Zinsen erhalten hat. 

Die Beweislast dafür, dass eine Nutzung im Einzelfall über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise der Ware hinausgeht, trägt der Unternehmer.

Bei der Beurteilung, was im Einzelfall vom Tatbestandsmerkmal der Prüfung der Funktionsweise und der Eigenschaften der Ware umfasst ist, wird man sich in der Praxis daran orientieren können, was ein Verbraucher beim Testen und Ausprobieren der gleichen Ware in einem Ladengeschäft typischerweise hätte tun können. Dem Verbraucher muss dabei die Möglichkeit eingeräumt werden, die Ware eingehend auf ihre Eigenschaften und ihre Funktionsweise zu untersuchen.

Je nach Art der Ware kann hierfür eine Ingebrauchnahme er forderlich sein. Dies kann im Einzelfall dazu führen, dass der Verbraucher für eine Prüfung durch Ingebrauchnahme auch dann keinen Wertersatz leisten muss, wenn die Ware einen nahezu vollständigen Wertverlust erfahren hat - z. B. durch das Befüllen und Probeliegen eines Wasserbetts.

Dem Verbraucher muss es zumindest gestattet sein, dieselben Ergebnisse wie bei einer Prüfung im Ladengeschäft zu erzielen. Der Umstand, dass bei einer Prüfung der Ware zu Hause die im stationären Handel vielfach üblichen Beratungs-, Vergleichs- und Vorführmöglichkeiten fehlen, ist durch angemessene Prüfungsmöglichkeiten zu Hause auszugleichen.

Der Verbraucher darf also mit der Ware grundsätzlich so umgehen und sie so ausprobieren, wie er das in einem Geschäft hätte tun dürfen. Nicht umfasst ist jedoch die intensive, nicht zur Prüfung notwendige Nutzung. So darf etwa eine Fotokamera nicht in den Urlaub mitgenommen werden. Ein Kleidungsstück sollte der Verbraucher nur anprobieren, jedoch nicht über eine längere Zeit tragen dürfen. Regelmäßig zulässig dürfte es jedoch sein, wenn der Verbraucher das Kleidungsstück innerhalb der Widerrufsfrist zu Hause mehrfach anprobiert.

Gegenstände, bei denen eine Prüfung durch bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme oder ein Öffnen der Verpackung nach der Verkehrssitte nicht üblich ist (z. B. Hygieneartikel, verschweißte Medikamente), sollen weder im Ladengeschäft noch zu Hause auf diese Art und Weise geprüft werden dürfen. Der reine Besitz der Ware kann keine Pflicht zum Wertersatz begründen, da er notwendige Bedingung für die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise der Ware ist."