Wann liegt eine Einwilligung des Abgebildeten vor?
§ 22 KUG schreibt vor, dass eine Verbreitung und öffentliche Zurschaustellung eines Bildnisses nur mit der Einwilligung des Abgebildeten zulässig ist. Unter einer Einwilligung in diesem Sinne ist eine vorherige Zustimmung des Betroffenen zu verstehen, mit der dieser sich mit der Veröffentlichung und Zurschaustellung seines Bildnisses einverstanden erklärt. Für die Veröffentlichung von Bildnissen eines Minderjährigen ist grundsätzlich neben dessen Einwilligung auch die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters erforderlich.
Die Einwilligung kann entweder ausdrücklich oder stillschweigend erteilt werden. Probleme ergeben sich häufig im Zusammenhang mit einer stillschweigenden Einwilligung. Für die Annahme einer stillschweigenden Einwilligung ist es notwendig, dass sich aus dem Verhalten des Betroffenen eindeutig ergibt, dass dieser mit der Verbreitung und öffentlichen Zurschaustellung seines Bildnisses einverstanden ist. Eine solche stillschweigende Einwilligung zur Veröffentlichung kann z.B. angenommen werden, wenn ein Betroffener ein Interview gibt, das für einen Fernsehbeitrag aufgenommen wird. In diesem Fall geht man davon aus, dass dem Betroffenen der Zweck der Aufnahme klar ist.
Das LG Bielefeld hat in einem Urteil vom 18.09.2007 (Az. 6 O 320/07) entscheiden, dass eine stillschweigende Einwilligung zur Veröffentlichung und Verbreitung von Filmaufnahmen vorliegt, da die Betroffene aktiv an den Dreharbeiten mitgewirkt hatte und zuvor über deren Zweck und die geplante Verbreitung der Filmaufnahmen informiert wurde. In dem zugrunde liegenden Sachverhalt ging es um Filmaufnahmen für das Fernsehformat "Die Super Nanny". Die Mutter hatte sich schriftlich mit den Dreharbeiten und der anschließenden Verwendung des Filmmaterials zur Veröffentlichung einverstanden erklärt. Diese sog. Mitwirkungsvereinbarung schloss die Mutter ausdrücklich für sich und ihre zum damaligen Zeitpunkt 15-jährige Tochter. Zusätzlich erklärte sich auch die minderjährige Tochter zur Mitwirkung und mit der anschließenden Verwendung des Fernsehmaterials einverstanden. Kurz vor dem Ausstrahlungstermin versuchte die Tochter die Einwilligung zurück zu ziehen. Das LG Bielefeld verneinte einen Unterlassungsanspruch der Tochter, da diese bis zum Ende an den Filmaufnahmen mitgewirkt habe und sich daraus eine stillschweigende Einwilligung ergebe. Weiter führte das Gericht aus:
"(.) Gemäß § 22 S. 1 KUG dürfen Bildnisse grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Eine derartige Einwilligung liegt hier vor. (.)
Darüber hinaus hat auch die Verfügungskl. selbst in die Herstellung und Verbreitung der filmischen Aufnahmen eingewilligt. Die mündlich erteilte Einwilligung bestand auch bis zum Ende der Filmaufnahmen. Bis zu diesem Zeitpunkt hätte die Verfügungskl. ihre Mitwirkung an den Filmaufnahmen im Hinblick auf ihr Persönlichkeits- und Selbstbestimmungsrecht jederzeit beenden und damit zum Ausdruck bringen können, dass sie mit den Filmaufnahmen sowie der anschließenden Sendung nicht einverstanden sei. (.) Tatsächlich hat die Verfügungskl. aber bis zum Ende der Filmaufnahmen mitgewirkt. Daraus ergibt sich eine zumindest stillschweigende Einwilligung. Eine derartige Einwilligung kann angenommen werden, wenn der Betroffene ein Verhalten an den Tag gelegt hat, das für den objektiven Erklärungsempfänger als Einwilligung verstanden werden konnte. Vorliegend konnte die Verfügungsbekl. die Mitwirkung der Verfügungskl. an den Dreharbeiten aus objektivierter Sicht nach Treu und Glauben nur als Einwilligung verstehen. Die Verfügungskl. hat aktiv an den Dreharbeiten mitgewirkt, wie die Kammer durch Einsicht in die im Termin vom 18. 9. 2007 vorgespielte DVD-Kopie festgestellt hat. (.)"
Auch wenn eine stillschweigende Einwilligung vorliegt, kann das Bildnis nicht für jegliche Art der Verbreitung und öffentlichen Zurschaustellung verwendet werden. Nimmt jemand z.B. an einer Fernsehumfrage teil, dann gilt die stillschweigende Einwilligung nicht für eine spätere Verwendung des Bildbeitrags zu Werbezwecken. Die stillschweigende Einwilligung bezieht sich also immer nur auf die Art der Veröffentlichung, zu deren Zweck die Aufnahmen erstellt wurden. Dieser Grundsatz gilt auch für ausdrücklich erteilte Einwilligungen, die keine inhaltliche Begrenzung aufweisen.
Zwar kann die Einwilligung auch mündlich erteilt werden, jedoch ist eine schriftliche Fixierung aus Gründen der Beweissicherheit immer zu empfehlen. Insbesondere ist es sinnvoll den Umfang der Verwendung des Bildnisses detailliert zu regeln. So kann die Einwilligung sachliche oder zeitliche Beschränkungen enthalten.
Das Gesetz sieht in § 22 S. 2 KUG eine Vermutung der Einwilligung vor, wenn der Abgebildete eine Entlohnung für die Abbildung seiner Person erhalten hat.
"Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, daß er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt."
Doch auch in Fällen in denen die Vermutung nach § 22 S. 2 KUG greift und eine stillschweigende Einwilligung angenommen wird, sind die Grenzen der Einwilligung zu beachten und eine Verwertung darüber hinaus unzulässig. So hat das LG München I in einem Urteil vom 19.05.2005 (Az. 7 O 22025/04) zur Vermutung der Einwilligung bei Entlohnung ausgeführt:
"(.) Auch die Auslegungsregel des § 22 Satz 2 KUG, wonach die Einwilligung im Zweifel als erteilt gilt, wenn der Abgebildete dafür, dass er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhalten hat, entbindet nicht von der Prüfung, in welchem Umfang von einer Einwilligung in die Verbreitung und Zurschaustellung der Abbildungen ausgegangen werden kann. (.) Denn eine Vermutung, dass mit der Zahlung eines Modell-Honorars, unabhängig von dessen Höhe, jedwede Nutzung der Fotografien in zeitlicher, räumlicher und gegenständlicher Hinsicht abgegolten ist, ist nicht anzuerkennen. Vielmehr ist, wenn der Umfang der Einwilligung in sachlicher, räumlicher und/oder zeitlicher Hinsicht umstritten ist, unter Heranziehung des Zweckübertragungsgedankens zu ermitteln, welche Nutzung von der Einwilligung gedeckt ist, wobei die erteilte Einwilligung im Zweifel nur diejenige Verwendung der Abbildungen abdeckt, die der Einwilligungsempfänger zur Erfüllung des mit dem zu Grunde liegenden Vertrag verfolgten Zwecks unbedingt benötigt. (.)"
Ist die Verbreitung und öffentliche Zurschaustellung des Bildnisses eines Verstorbenen beabsichtigt, so sieht § 22 S. 3 KUG vor, dass es hierzu der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten bedarf. Das Erfordernis einer Einwilligung gilt bis zum Ablauf von 10 Jahren nach dem Tod des Abgebildeten.
Ist ein Widerruf der Einwilligung möglich?
Bedeutend ist in der Praxis vor allem die Frage, ob eine einmal erteilte Einwilligung widerrufen werden kann. So können sich die Lebensumstände wesentlich verändert haben und eine Veröffentlichung von Bildern nicht mehr erwünscht sein. Allerdings ist der Verwerter von Aufnahmen bei erteilter Einwilligung an einer gewissen Rechtssicherheit interessiert. Daher kann eine Einwilligung grundsätzlich nicht widerrufen werden.
Nur unter besonderen Umständen ist ein Widerruf der Einwilligung möglich. Allerdings sind sich Rechtsprechung und Literatur nicht einig, wann ein wichtiger Grund vorliegt, der den Widerruf einer Einwilligung rechtfertigt. So wird als wichtiger Grund teilweise ein Wandel der persönlichen Einstellung oder Lebensumstände angesehen, in deren Folge z.B. die erneute Veröffentlichung von Nacktaufnahmen unverhältnismäßig in das Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten eingreifen würde.
Ist der Abgebildete mit den Aufnahmen nicht zufrieden, obwohl diese im Rahmen des Herstellungszwecks liegen, ist ein wichtiger Grund zum Widerruf der Einwilligung nicht gegeben. Ebenso liegt kein wichtiger Grund vor, wenn ein gegebenes Interview nach Ansicht des Interviewten misslungen ist. Insofern ist eine Interessenabwägung vorzunehmen, bei der das Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten vor dem Hintergrund der gewandelten Umstände und das Verwertungsinteresse des Verwerters berücksichtigt werden.
Liegt ein wichtiger Grund für den Widerruf der Einwilligung vor, kann der Betroffene zur Zahlung eines Aufwendungs- oder Schadensersatzes herangezogen werden.
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