Abmahnung (Abmahnwelle) wegen Urheberrechtsverletzung bei illegalem Download und öffentliche Zugänglichmachung von Erotikfilmen im Peer-to-Peer (p2p) Netzwerk (Internet-Tauschbörse)

Abmahnung Filesharing
08.10.200719480 Mal gelesen

Massenabmahnung: Erotikfilmhersteller gehen  gegen Teilnehmer von Internet-Tauschbörsen wegen Urheberrechtsverletzung vor und fordern eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung sowie Schadensersatz:

Das nicht nur der Musikindustrie Tauschbörsen (Filesharing) im Internet ein Dorn im Auge sind, dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben. Relativ neu ist allerdings, dass nun auch Erotikfilmhersteller  massiv gegen Teilnehmer von Internettauschbörsen vorgehen und diese wegen Urheberrechtsverletzung abmahnen lassen.

Seit geraumer Zeit erhalten Teilnehmer von so genannten Peer-to-Peer Netzwerken (P2P-Netzwerk) wie z.B. Bittorent, Emule, edonkey, die Filme mit einfach pornografischen Inhalten (Erotikfilme) über Torrent, Emule oder edonkey heruntergeladen und gleichzeitig der Öffentlichkeit zum upload (meist unbewußt) angeboten haben, von einer Anwaltskanzlei aus Regensburg Abmahnungen wegen behaupteter Urheberrechtsverletzung. Die Betroffenen werden mit der Begründung abgemahnt, als Nutzer des P2P-Netzwerkes durch das Herunterladen und gleichzeitige Anbieten von Filmen mit meist pornografischen Inhalten Urheberrechte der von den Rechtsanwälten vertretenen Erotikfilmhersteller verletzt zu haben. Zur Begründung führen die Rechtsanwälte aus, dass seitens deren Mandantschaft beauftragte Antipiracy Firma festgestellt und beweissicher dokumentiert habe, dass zu einer bestimmten Zeit von der ermittelten IP-Adresse des Internetanschlussinhabers det beanstandete Film bzw. Filme  heruntergeladen und gleichzeitig durch Freigabe auf der Festplatte zum Download für andere Nutzer eine unerlaubte begangene Verwertung von Urheberrechten begangen zu haben. Durch Strafanzeigen habe die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen den jeweils Betroffenen eingeleitet und im Wege der Auskunft von dem Internetprovider Name und Anschrift des Internetanschlussinhabers erhalten und diese an die Anwaltskanzlei weitergegeben.

Von den Betroffenen wird deshalb Schadensersatz und Erstattung von Anwaltskosten in der Größenordnung von von 250,- € bis 300,- € je Abmahnung verlangt.

Des weiteren wird die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung gefordert, die unter anderem eine Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung von  25.000,- € vorsieht (Vertragsstrafeversprechen).

Die Abmahnungen sind, soweit ersichtlich,  inhaltlich bis auf die Adressen und Gegenstand der Unterlassungsaufforderung identisch. Es steht zu vermuten, dass gegen eine Vielzahl von Teilnehmer der Internet-Tauschbörsen, wie edonkey, emule oder Torrent vorgegangen wird.

Wie sollten sich Betroffene aus zivilrechtlicher Sicht verhalten?
Auch wenn es zunächst als das kleinere Übel klingen mag, einfach den relativ geringen Betrag von 250,- € bis 300,- € zu bezahlen und die strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, um der Familie wegen des brisanten Vorwurfs, einen Erotikfilm heruntergeladen zu haben, Peinlichkeiten und Ärger zu ersparen, gilt es doch rechtlich folgendes zu bedenken:

 Der Urheberrechtsinhaber hat selbstverständlich zu beweisen, dass er ein Urheberrecht an dem beanstandeten Film besitzt und das von der IP-Adresse des Anschlussinhabers tatsächlich der Filmtitel samt Inhalt heruntergeladen bzw. zum upload der Öffentlichkeit angeboten zu haben.

Dabei ist natürlich klar zu stellen, dass auch Filme mit einfach pornografischen Inhalten den Schutz des Urheberrechtsgesetzes genießen und die Filmhersteller, auch wenn es Erotikfilme betrifft, ein wirtschaftliches und berechtigtes Interesse daran haben, dass ihre Filme nicht unerlaubt verwertet werden und im Internet illegal im Wege der Tauschbörse verbreitet werden.

Da aber der Filmtitel als solcher nicht ohne weiteres den Beweis dafür erbringt, dass auch der Inhalt mit dem Filmtitel übereinstimmt (Stichwort: FAKE: Nicht selten verbirgt sich unter einem bestimmten Filmtitel oder Audiotitel ein anderer Inhalt), ist der Urheberrechtsbeweis meines Erachtens nicht mit der bloßen Behauptung erbracht, ein bestimmter Filmtitel sei heruntergeladen und der Öffentlichkeit angeboten worden. Betroffene verteidigen sich bisweilen gerade mit dem Einwand, sie hätten zwar einen Film herunterladen wollen, diesen jedoch nur teilweise (z.B. 10 %) als ZIP oder RAR Datei erhalten und nicht einmal angesehen und auch gleich wieder von der Downloadliste gelöscht.

· Wenn ein Film nicht vollständig, sondern nur teilweise (z.B. 1 oder 3 % des Films) heruntergeladen wurde, stellt sich durchaus die Frage, ob hierin bereits eine unzulässige öffentliche Zugänglichmachung nach § 19a UrhG zu sehen ist. Dies lässt sich meiner Auffassung nach nicht generell, sondern nur im Einzelfall beurteilen.

· Der Anschlussinhaber ist nicht ohne weiteres als Störer für Urheberrechtsverletzungen verantwortlich, die über seinen Internetanschluss begangen werden. Auch wenn die noch herrschende Instanzrechtsprechung die Störerhaftung des Anschlussinhabers sehr weit zieht, gibt es doch aktuelle Rechtsprechung, die die Störerhaftung restriktiv handhabt, insbesondere wenn volljährige Familienmitglieder ohne Kenntnis des Internetanschlussinhabers als Teilnehmer von Tauschbörsen wie Emule, edonkey oder Torrent Urheberrechtsverletzungen begehen. Das LG Mannheim (Urteil v. 30.01.2007, Az. 2 O 71/06) hat eine dauerhafte Überprüfung des Handelns der eigenen Kinder oder des Ehepartners ohne konkreten Anlass für die Annahme, dass Familienmitglieder in rechtswidriger Weise Urheberrechte im Rahmen der Nutzung des Internets verletzen, für nicht zumutbar gehalten und eine ständige Überwachung oder gar eine Sperrung des Anschlusses kommt für diese Familienmitglieder nach Auffassung der Mannheimer Richter nicht in Betracht.

· Da die Unterlassungserklärung rechtlich weitreichende Folgen -auch noch Jahre nach Abgabe der Unterlassungserklärung-  für den Betroffenen haben kann, ist sehr genau zu prüfen, ob die verlangte Unterlassungserklärung im konkreten Einzelfall überhaupt abgegeben werden muss, falls ja, ob diese nicht zu weitgehend ist und ob die geltend gemachte Vertragsstrafe nicht unangemessen hoch ist . Bei den mir aus meiner Anwaltspraxis bekannten Fälle waren die von den  Rechtsanwälten aus Regensburg geforderte Unterlassungserklärung  zum einen zu weitgehend, zum anderen war die Vertragsstrafe von 25.000,- € auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Urheberrechtsinhaber (Filmhersteller) unangemessen hoch.

Rechtlich sollte nur eine Unterlassungserklärung abgegeben werden, die für den Betroffenen das rechtlich notwendige Mindestmaß enthält. Hierbei ist in der Gestaltung der Unterlassungserklärung (Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung) aus Sicht des Betroffenen das Prinzip des geringsten Risikos zu beherzigen. Bei der Formulierung der Unterlassungserklärung gibt es Gestaltungsspielräume, die rechtlich ausgeschöpft werden sollten.

Wie sollten sich Betroffene aus strafrechtlicher Sicht verhalten?
 Meist wird die Staatsanwaltschaft zwar das Ermittlungsverfahren einstellen, soweit nicht im konkreten Fall aufgrund der Vielzahl der heruntergeladenen und angebotenen Filmtitel ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung bejaht wird.  Eine verlässliche Prognose lässt sich hierbei aber nicht abgeben. Das Bemühen des Betroffenen, den Schaden zivilrechtlich wieder gutzumachen, kann hierbei dienlich sein. Da der Anschlussinhaber oft als Störer im urheberrechtlichen Sinne zwar zivilrechtlich verantwortlich ist, aber nicht ohne weiteres strafrechtlich, ist zu beachten, dass die Staatsanwaltschaft den Tat und Täternachweis führen muss. Es reicht strafrechtlich nicht aus, dass von dem Anschluss des Anschlussinhabers Urheberrechtsverletzungen begangen worden sind. Vielmehr muss die Staatsanwaltschaft beweisen, dass ein bestimmter Täter die Tat begangen hat, und zwar vorsätzlich. Meist geschieht ja die unzulässige öffentliche Zugänglichmachung gemäß § 19a UrhG (Anbieten) durch die Teilnehmer unbewusst, da durch das Herunterladen bei vielen Programmen wie Emule, oder Edonkey gleichzeitig  für andere Teilnemer des P2P Netzwerkes ein upload ermöglicht wird.

Sollte ein Betroffener ein Schreiben von der Polizei oder Staatsanwaltschaft erhalten oder gar die Polizei mit einem Durchsuchungsbeschluss vor der Tür stehen, ist aus anwaltlicher Sicht dringend zu empfehlen, zunächst keine Angaben zu machen und von dem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen und anwaltlichen Rat eingeholen. Eine vorschnell gemachte Aussage ist im Nachhinein nur schwer wieder zu korrigieren. Oft ist es aber gerade die vorschnell gemachte Aussage, auf die sich dann eine etwaige Verurteilung stützt. Es gilt hier das Motto: "Schweigen ist Gold". Selbstverständlich sollte sich der Rechtsanwalt auch im Internetrecht und Medienrecht (inbesondere im Medienstrafrecht) auskennen, da die strafrechtliche Seite eng mit der urheberrechtlichen Seite zusammen hängt.

Ferner ist noch zu beachten, dass bei dem Herunterladen und Anbieten von pornografischen Filmen nicht nur eine Strafbarkeit wegen vorsätzlicher Urheberrechtsverletzung im Raum steht, sondern auch eine Strafbarkeit wegen vorsätzlichen Verbreitens pornografischer Schriften gegeben sein kann. Filme  mit (einfach) pornografischen Inhalten dürfen nämlich bereits aus Gründen des Jugendschutzes nicht über das Internet verbreitet werden.

 Rechtsanwalt Christian Weiner, LL.M. (Medienrecht)