Scheidung türkischer Staatsangehöriger - Höhe des Kindesunterhalts wenn Kinder in die Türkei verziehen - Familienrecht Bonn

Scheidung türkischer Staatsangehöriger - Höhe des Kindesunterhalts wenn Kinder in die Türkei verziehen  - Familienrecht Bonn
05.01.20151178 Mal gelesen
Zum Zeitpunkt der Verpflichtung des Kindesvaters den Kindesunterhalt zu zahlen, wohnten die Kinder noch in Deutschland. 2012 sind die Kinder mit der Mutter jedoch für immer in die Türkei gezogen.

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Der Antragsteller verlangt nun die Abänderung der Unterhaltsverpflichtung um 50%. Er begründet dies damit, dass der Unterhaltsbedarf der Kinder sich entsprechend der Ländergruppeneinteilung des Bundesfinanzministeriums auf die Hälfte des inländischen Unterhaltsbedarfs verringern werde.

Das Amtsgericht hat den Antrag des Antragsgegners abgewiesen. Dagegen legten der Antragsgegner Beschwerde ein. Das Oberlandesgericht  Stuttgart gab der Beschwerde der Antragsgegner statt. Zunächst betonte das Oberlandesgericht, dass es für das Verfahren grundsätzlich unzuständig gewesen sei. Gemäß Art 5 Eu UntVO werde ein international unzuständiges Gericht eines Mitgliedstaates in einem Verfahren zuständig, wenn sich der Antragsgegner auf das Verfahren einlasse. Dies haben die Antragsgegner getan und daher sei das deutsche Gericht international zuständig und örtlich zuständig.

Das Gericht stellte fest, dass auf das Verfahren türkisches Recht anzuwenden sei.  Der Unterhaltsbedarf wird nach Art. 330 türkisches Zivilgesetzbuch (ZGB) unter Berücksichtigung der Bedürfnisse des Kindes sowie der Lebensbedingungen und Leistungsfähigkeit der Eltern bestimmt. Danach sei aber die Düsseldorfer Tabelle aber nicht anwendbar. In der Türkei bestünden selbst keine Unterhaltstabellen und der Unterhalt wird von den Gerichten nach freiem Ermessen festgesetzt.Zwar könne im Rahmen der Ermessensausübung für die Bestimmung des Bedarfs eines Kindes keine Orientierung anhand der Sätze der Düsseldorfer Tabelle vorgenommen werden. Denn diese Sätze entsprechen den Lebensverhältnissen in Deutschland und nicht in der Türkei. Daher müssten zuerst die Lebensverhältnisse in der Türkei und in Deutschland in Relation gesetzt werden. Ob man aber hier allein auf die Ländergruppeneinteilung des Bundesfinanzministeriums abstellen und der Bedarf daher nach der Düsseldorfer Tabelle halbieren könne begegnet nach Auffassung des Oberlandesgerichts erheblichen Bedenken. Die sogenannten Verbauchergeldparitäten seien seit 2009 nicht mehr anwendbar. Die Ländergruppeneinteilung des Bundesfinanzministeriums behandele im Rahmen eigentlich nicht die Regelung der Unterhaltshöhe, sondern die steuerliche Behandlung von Auslandssachverhalten nach §§ 32,33a ESTG. Die Ländergruppenverteilung des Bundesfinanzministeriums sei aber hier nicht heranzuziehen, da die Türkei insbesondere in Großstädten im Laufe der letzten Jahre sich erheblich weiter entwickelt habe, die in die Richtung einer Angleichung der Lebensverhältnisse gehe. Daher könne auch bei einer konkreten Bemessung des Bedarfs hier nicht von hälftigenLebenserhaltungskosten im Vergleich zu den Verhältnissen in Deutschland ausgegangen werden. Dies müsse das Amtsgericht klären. Es wird eine neue Ermessensentscheidung des Amtsgerichts notwendig sei.

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OLG Stuttgart v. 17.01.2014 17 WF 229/13