Unterhaltsrechtsreform: Auswirkungen für die Praxis:

Familie und Ehescheidung
19.11.20071163 Mal gelesen


Die Reform wird sich in erster Linie auf die sog. Mangelfälle auswirken, bei denen sich minderjährige Kindern derzeit nach einer Quotenberechnung das zur Verfügung stehende Einkommen des Pflichtigen mit früheren und aktuellen Ehegatten teilen müssen. Hier wird eine deutliche Besserstellung minderjähriger Kinder erfolgen.



Eine weitere - möglicherweise erhebliche - Änderung wird bei der Dauer und der Höhe des nachehelichen Unterhalts eintreten. Der Unterhalt für die Elternteile, die Kinder betreuen, wird jedoch weniger drastisch geändert, als es derzeit scheint: In der Vielzahl der Fälle hat der die Kinder betreuende Elternteil für diese "Familienarbeit" seine Erwerbstätigkeit aufgegeben oder eingeschränkt und dadurch sog. ehebedingte Nachteile in Kauf genommen, die nach wie vor durch Unterhaltszahlungen ausgeglichen werden. Die Befristung des Betreuungsunterhalts auf drei Jahre wird also in der Praxis - entgegen dem Gesetzestext der Reform - voraussichtlich nicht der Regelfall werden. Etwas anderes gilt allerdings für die Mangelfälle, in denen der Ehegatte künftig nur noch dann einen Anspruch hat, wenn nach Erfüllung des Kindesunterhalts in Höhe von 100 % des Regelbetrags noch etwas vom Einkommen des Pflichtigen zur Verfügung steht.



Auch auf Altfälle werden die Änderungen u.U. angewandt werden können: Ist über den Unterhalt bereits durch rechtskräftiges Urteil entschieden, ein vollstreckbarer Titel errichtet oder eine Vereinbarung getroffen, kann die bestehende Regelung für die Zeit ab Januar 2008 geändert werden, sofern dies dem Unterhaltsberechtigten unter Vertrauensgesichtspunkten zumutbar ist. Auch hier wird sich erst zeigen müssen, wie die Rechtsprechung die Frage einer solchen "Zumutbarkeit" konkretisieren wird. Titel über den Kindesunterhalt, die einen Prozentsatz des jeweiligen Regelbetrages erhalten, gelten fort; an die Stelle des Regelbetrages tritt automatisch der Mindestunterhalt, das Kindergeld ist nun bedarfsdeckend anzurechnen. Das bedeutet, dass der Kindesunterhalt sich in den ersten 5 Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle leicht - auf 188,00 ? - verringern wird.



Die bestehenden Regelungen zum Unterhalt sollten überprüft werden, Vereinbarungen, die bis Inkrafttreten noch abgeschlossen werden, sollten in jedem Fall einen Änderungs- oder Anpassungsvorbehalt vorsehen.



Verfasserin: Rechtsanwältin und Mediatorin Dr. Annette Wittmütz