Steuerfreies Familienheim erben — aber schnell!

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04.09.201999 Mal gelesen
Der Bundesfinanzhof bestätigt: Steuerfreiheit des Familienheims beim Erbfall nur bei Einzug binnen 6 Monaten.

Nach dem Erbschaftssteuergesetz kann eine Immobilie dann steuerfrei geerbt werden, wenn eine Nutzung als Eigenheim unverzüglich erfolgt. Die Richter des Bundesfinanzhofes (BFH) haben jüngst die Voraussetzungen hierfür konkretisiert.

 

Steuerbefreiung für das Eigenheim

Seit der Erbschaftsteuerreform im Jahre 2009 besteht die erweiterte Möglichkeit, das Familienheim der verstorbenen Erblasser frei von der Erbschaftssteuer zu erwerben, wenn dieses von den Erben als Wohnung genutzt wird. Die genauen Voraussetzungen und ihre Auslegung sind allerdings streitig. Wie so oft in den vergangenen Jahren hat der Gesetzgeber es den Gerichten überlassen, den genauen Anwendungsbereich der Regelung festzusetzen, anstatt selbst Klarheit zu schaffen.

In der Rechtsprechung der Finanzgerichte haben sich die Tatbestandsmerkmale der Ausnahmeregelung in den letzten Jahren beständig konkretisiert. In seiner jüngsten Entscheidung bestätigte der BFH nun die in der juristischen Literatur bisher überwiegende Auffassung, dass ein unverzüglicher Einzug binnen 6 Monaten nötig ist.

 

Welche Immobilien sind erfasst?

Ein Familienheim ist eine Wohnung oder ein Haus, das von Mitgliedern der Familie zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Unter die Familie fallen die Ehegatten oder Lebenspartner sowie die Kinder des Verstorbenen. Die Wohnung muss sich im Inland oder einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes befinden. Bei Kindern gilt die Steuerbefreiung nur bis zu einer Wohnfläche von 200 qm.

Erforderlich ist darüber hinaus, dass die Wohnung der Mittelpunkt des familiären Lebens ist. Es genügt also nicht, wenn sie lediglich als Ferien- oder Wochenendhaus genutzt wird. Auch Zweitwohnungen von Berufspendlern sind nicht erfasst.

Dass andere die Wohnung mitbenutzen ist unschädlich. Der BFH hat bereits zur alten Fassung der Regelung entschieden, dass die Steuerbefreiung auch dann zu gewähren ist, wenn die Wohnung als Teil einer wirtschaftlichen Einheit bewohnt wird. Dann ist allerdings nur der Anteil, der auf die eigengenutzte Wohnung entfällt, steuerbefreit.

 

Nutzung zu Wohnzwecken durch den Erblasser

Der Erblasser muss die Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt haben bzw. aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung gehindert gewesen sein. Was ein "zwingender Grund" im Sinne des Gesetzes ist, ist unklar und muss im Einzelfall entschieden werden.

Gehindert ist der Erblasser nach der Rechtsprechung etwa dann, wenn er aufgrund seiner Pflegebedürftigkeit ins Pflegeheim zieht. Die berufliche Versetzung, so die Richter, genügt aber nicht.

 

Unverzüglicher Einzug der Erben

Gleichzeitig muss auch der Erbe die Wohnung unverzüglich nach dem Erwerb zu eigenen Wohnzwecken nutzen. "Unverzüglich" ist ein im Zivilrecht häufig vorkommender, sogenannter unbestimmter Rechtsbegriff. Er bedeutet grundsätzlich: ohne schuldhaftes Zögern. Eine Konkretisierung im Einzelfall ist aber nötig.

Bereits 2015 entschied der Bundesfinanzhof: Der Erwerber muss innerhalb einer angemessenen Zeit nach dem Erbfall die Selbstnutzung der Wohnung beabsichtigen und durch den Einzug in die Wohnung tatsächlich umsetzen.

 

Was ist noch "unverzüglich"?

In ihrem neuen Urteil konkretisieren die Richter diese Vorgaben nun weiter. In dem zugrundeliegenden Sachverhalt verstarb der Vater zweier Brüder Anfang 2014. Sie einigten sich Anfang 2015 auf die Eintragung nur eines Bruders als neuer Eigentümer. Ein weiteres Jahr später holte dieser Renovierungsangebote für das Haus ein. Die Bauarbeiten begannen Mitte 2016. Das Finanzamt setzte eine Erbschaftssteuer für das Haus fest, ohne eine Steuerbefreiung für das Familienheim zu berücksichtigen.

Der neue Eigentümer erhob Klage und verlangte die Steuerfreiheit aufgrund seiner Absicht, in das Haus selbst einzuziehen. Die Richter lehnten sein Gesuch aber ab. Erst im April, mehr als zwei Jahre nach dem Todesfall und mehr als sechs Monate nach der Eintragung im Grundbuch, habe der Kläger Renovierungsangebote eingeholt. Auf welchen Zeitpunkt abgestellt werden muss, lässt das Gericht damit offen. Der Kläger sei darlegungspflichtig, wenn er eine derart lange Verzögerung ausnahmsweise nicht zu vertreten habe. Dies habe der Kläger aber nicht getan.