Trunkenheitsfahrt - Verkehrstherapie kann Fahrerlaubnis retten

Autounfall Verkehrsunfall
15.10.2008 2473 Mal gelesen

Wer direkt nach einer strafbaren Promillefahrt freiwillig an einer anerkannten Verkehrstherapie teilnimmt und zudem glaubhaft Alkoholabstinenz einhält, kann auf den Erhalt seiner Fahrerlaubnis hoffen.

Das Landgericht Düsseldorf hatte den Fall eines Studenten zu entscheiden, der nach einer fahrlässigen Trunkenheitsfahrt mit 2,12 Promille schon während des Strafverfahrens freiwillig eine verkehrstherapeutische Rehabilitationsmaßnahme begonnen hatte. Zudem hatte er zur Dokumentation seines alkoholabstinenten Lebenswandels regelmäßig seine Leberwerte analysieren lassen. Dies konnte das Amtsgericht davon überzeugen, ihm den Führerschein im Gerichtsermin, 5 Monate und 1 Woche nach der Tat, zurück zu geben. Das Gericht konnte im Zeitpunkt der Entscheidung wegen der bis dahin ernsthaft und erfolgreich durchgeführten verkehrstherapeutischen Maßnahme und der dokumentierten Alkoholabstinenz davon ausgehen, dass der Angeklagte nicht mehr ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen war. Durch die nachgewiesen erfolgreiche Teilnahme an der verkehrstherapeutischen Rehabilitationsmaßnahme war hier die gesetzliche Regelvermutung der Ungeeignetheit des Täters einer Trunkenheit im Verkehr  (§ 69 II StGB) widerlegt worden. Die Begehung weiterer Trunkenheitsfahrten war vom Betroffenen dank der Verkehrstherapie nicht mehr zu erwarten. Auf Grund dieser Feststellung verzichtete das Amtsgericht folgerichtig auf die endgültige Fahrerlaubnisentziehung (eine vorläufige Vorenthaltung der Fahrerlaubnis seit der Tat hatte es freilich gegeben) und verhängte stattdessen ein Fahrverbot von 2 Monaten, was aber wegen der Anrechnung auf die Zeit der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis nur noch deklaratorische Wirkung hatte. Das Landgericht Düsseldorf bestätigte die Richtigkeit dieses Vorgehens. Die von der Staatsanwaltschaft gegen das Strafmaß eingelegte Berufung hatte keinen Erfolg.

Die Entscheidung ist höchst begrüßenswert, denn sie bekräftigt noch einmal die Wirksamkeit einer zurecht anerkannten und seit Jahrzehnten durchgeführten seriösen verkehrstherapeutischen Maßnahme und betont zudem, dass die vom Gericht zu treffende, für die Entziehung der Fahrerlaubnis allein maßgebliche Gefahrprognose, vom Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung und nicht etwa vom Zeitpunkt der Tat zu treffen ist.   
Für Betroffene kann die frühzeitige Absolvierung einer anerkannten Therapiemaßnahme in doppelter Hinsicht ein Gewinn sein. So ist nämlich aufgrund der Bindungswirkung, die eine positive Eignungsbeurteilung des Angeklagten durch das Strafgericht im Verwaltungsverfahren ausübt, die Fahrerlaubnisbehörde gehindert, im Anschluss an das Strafverfahren eine Begutachtung der Kraftfahrt-Eignung des Betroffenen anzuordnen - jedenfalls wenn es um denselben Sachverhalt geht, der schon dem gerichtlichen Urteil zugrunde lag. Ohne die positive Feststellung der bestehenden Fahreignung in einem Strafbefehl oder im Strafurteil wäre die Fahrerlaubnisbehörde ab festgestellten 1,6 Promille oder nach wiederholter Zuwiderhandlung unter Alkoholeinfluss sogar gezwungen, eine MPU anzuordnen.    
Natürlich ist in Fällen der Teilnahme an einer verkehrstherapeutischen Aufbaumaßnahme auch denkbar, dass das Gericht die wiederlangte Fahreignung des Angeklagten berücksichtigt, in dem es zwar die Maßregel der endgültigen Entziehung der Fahrerlaubnis ausspricht, sich jedoch mit der Anordnung der Mindestsperrfrist von (noch) 3 Monaten begnügt. Dies ist vorzuziehen, wenn der Angeklagte bereits stark mit Punkten im Verkehrszentralregister vorbelastet ist.  Der "Nachteil" eines Absehens von der Entziehung der Fahrerlaubnis und der Verhängung eines (deklaratorischen) Fahrverbotes besteht vor allem für punktemäßig vorbelastete Betroffen. Sie werden in einem solchen  Fall mit weiteren  7 Punkten belastet, während bei einer (endgültigen) Entziehung mit Neuerteilung einer Fahrerlaubnis das Punktekonto wieder sauber ist.      
Für Betroffene eines Strafverfahrens nach § 316 StGB ist es wichtig, sich alsbald nach der Tat mit dem Rechtsanwalt ihres Vertrauens für eine geeignete verkehrstherapeutische Maßnahme zu entscheiden und die Strategie Hinblick auf eine frühzeitige und dauerhafte Rückgewinnung der Mobilität einzuschlagen. Nur wer richtig beraten ist, wird das für ihn günstigste Ergebnis erzielen können.  
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Der Beitrag nimmt Bezug auf LG Düsseldorf, Urteil vom 11.4.2008 (24a Ns 26/07).
Der Verfasser, Christian Demuth, ist auf die Verteidigung von Betroffenen in Verkehrsstraf- und Ordnungswidrigkeiten spezialisiert. Nähere Infos unter www.cd-recht.de