Ampelblitzer - Was im Urteil stehen muss

Autounfall Verkehrsunfall
13.06.20074739 Mal gelesen

Das Amtsgericht hatte einen Autofahrer wegen Missachtung einer roten Ampel nach länger als einer Sekunde dauernder Rotphase zu einer Geldbuße und 1 Monat Fahrverbot verurteilt. Er war von einer automatischen Überwachungsanlage geblitzt worden. Der Betroffene ficht das Urteil an und hatte damit Erfolg. Das Beschwerdegericht hob das Urteil auf, weil der Tatrichter in seinem Urteil bestimmte Angaben vermissen ließ, die zur Überprüfung, ob der Rotlichtverstoß fehlerfrei festgestellt wurde aber unerlässlich sind.


Der Senat erläutert in seinem Aufhebungsbeschluss, dass es bei einer automatischen Rotlichtüberwachung nicht - wie allgemein beim Einsatz standardisierter Messverfahren - genüge, wenn sich dem Urteil, der konkret verwendete Gerätetyps, das gewonnene Messergebnis und der zu beachtende Toleranzwert entnehmen lässt. Vielmehr müsse auch die Mitteilung enthalten sein, in welcher Entfernung von der Haltelinie die Induktionsschleife verlegt war und - soweit vorhanden - wie groß der Abstand einer zweiten Induktionsschleife von der ersten war. Außerdem müssen die auf den zwei Messfotos eingeblendeten Messzeiten angegeben sein.


Es komme nämlich entscheidend darauf an, dass sich aus den Angaben des Urteils nachvollziehbar berechnen lässt, wie lange die Ampel beim Überfahren der Haltelinie schon auf rot stand (OLG Hamm 06.02.2007, 4 Ss OWi 740/06).


Hierzu muss man wissen, dass das Gesetz die Härte der Sanktion an die Dauer der Rotlichtzeit beim Überqueren der Haltelinie mit den Vorderrädern knüpft. Es unterscheidet zwischen einem einfachen und einem qualifizierten Rotlichtverstoß. Letzterer liegt vor bei schon von länger als 1 Sekunde dauernder Rotlichtphase oder wenn andere durch den Verstoß gefährdet werden. Ein qualifizierter Verstoß hat 1 Monat Fahrverbot und 4 Punkte in Flensburg zur Folge, während der Fahrer bei einem einfachen Verstoß ohne Fahrverbot und mit "nur" 3 Punkten davon kommt.


Die automatische Ampelüberwachung basiert auf der Auswertung von in den Straßenbelag eingelassenen Sensoren, die beim Überfahren durch Fahrzeuge einen elektromagnetischen Impuls an den Rechner des Messgerätes abgeben. Daher wird in den Lichtbildern der Überwachungsanlage ein Sensor angezeigt, der das Lichtbild ("Blitzer") ausgelöst hat. Diese Sensoren befinden sich in aller Regel aber nicht in der Haltelinie, sondern sind mit Abstand nach der Haltelinie angebracht, die für die Feststellung des Rotlichtsverstoßes relevant ist.
Die auf dem ersten Foto angegebene Messzeit ist daher in der Regel nicht identisch mit der tatsächlichen Rotlichtdauer beim Überfahren der Haltelinie.
Daher muss die Fahrzeit des Fahrzeugs mit einer rekonstruierten Geschwindigkeit bis zum Erreichen der ersten Lichtbildposition detailliert berechnet werden und so die Passagezeit der Haltelinie korrigiert werden.


Man benötigt also zur Berechnung der tatsächlichen Rotlichtdauer beim Überfahren der Haltelinie unbedingt die Angaben, in welcher Entfernung sich die beiden Indukationsschleifen von der Haltlinie befinden, bzw., bei Anlagen ohne zweite Schleife, in welchem festen Zeitabstand das zweite Foto ausgelöst wird.
Fehlen diese Angaben in einem Urteil, so der 3. Senat des OLG Hamm in seinem oben erwähnten Beschluss folgerichtig, muss es aufgehoben werden. Es kann dann nämlich nicht zweifelsfrei nachvollzogen werden, ob dem Betroffenen tatsächlich ein qualifizierter Rotlichtverstoß zur Last gelegt werden darf.

 


Hinweis:
Der Verfasser, Christian Demuth, ist spezialisiert auf die Verteidigung im Bereich Verkehrsstraf- und Ordnungswidrigkeitenrecht.
Der Text dient der allgemeinen Information und kann eine Rechtsberatung nicht ersetzten.