Tarifliche Ausschlussfristen beeinflussen das Anfechtungsrecht des Insolvenzverwalters nicht

Tarifliche Ausschlussfristen beeinflussen das Anfechtungsrecht des Insolvenzverwalters nicht
28.10.2013223 Mal gelesen
Die insolvenzrechtlichen Anfechtungsregelungen sind nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts zwingendes Recht, in welches die Tarifvertragsparteien nicht eingreifen dürfen. Der Insolvenzverwalter darf daher unbeschadet tariflicher Ausschlussfristen die Anfechtung erklären.

Eine Arbeitnehmerin war seit 1983 bei einem bayerischen Unternehmen beschäftigt. Das Unternehmen geriet in Zahlungsschwierigkeiten und kam mit den Lohnzahlungen in Verzug. Die Arbeitnehmerin holte sich mittels Zwangsvollstreckung ihren offenen Lohn von 1.991 Euro. Weniger als drei Monate später, am 10. Mai 2007, stellte das Unternehmen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen.

Der Insolvenzverwalter erklärte kurze später die Anfechtung und forderte die Arbeitnehmerin auf, bis zum 5. Mai 2010 die Summe, 1.991,68 €, zuzüglich Zinsen zu zahlen. Die Arbeitnehmerin erhob daraufhin Feststellungklage, dass der Anspruch des Insolvenzverwalters nicht begründet sei, der Insolvenzverwalter erhob Widerklage auf Zahlung. Während das Arbeitsgericht die Feststellungsklage der Arbeitnehmerin abwies und der Zahlungsklage des Insolvenzverwalters stattgab, entschied das Landesarbeitsgericht umgekehrt: Ohne auf die Begründetheit des Anspruches des Insolvenzverwalters überhaupt einzugehen, entschied es, dass Aufgrund der Ausschlussfrist im Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der bayerischen Elektro- und Metallindustrie der Anspruch des Insolvenzverwalters, wenn er als solcher überhaupt bestünde, jedenfalls verfallen sei. Hiergegen legte der Insolvenzverwalter Revision ein.

 

Das Bundesarbeitsgericht gab der Revision statt.

Der Rückforderungsanspruch unterliege keinen tariflichen Ausschlussfristen. Die insolvenzrechtlichen Anfechtungsregelungen seien zwingendes Recht, in welches die Tarifvertragsparteien nicht eingreifen dürfen. Die Insolvenzordnung bestimmt, dass der Anfechtungsanspruch des Insolvenzverwalters der regelmäßigen Verjährungsfrist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch unterliege. Damit sei die Verjährung abschließend geregelt.

Das Bundesarbeitsgericht hat das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung dorthin zurückverwiesen. Dort muss geklärt werden, ob die Voraussetzungen für eine Insolvenzanfechtung überhaupt vorgelegen haben.

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Fazit: Die Arbeitnehmerin kann sich zur Abwehr des insolvenzrechtlichen Anfechtungsanspruchs mithin nicht auf den Tarifvertrag berufen. Damit ist aber noch nicht geklärt, ob dem Insolvenzverwalter ein Anfechtungsrecht zusteht oder nicht. Ein Anwalt wird in einem solchen Fall diese Frage sorgfältig zu untersuchen haben.

(Quelle: Pressemitteilung 66/13 Bundesarbeitsgericht, Urt. vom 24.10.2013 ; 6 AZR 466/12

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 30.04.2012; 7 Sa 557/12)

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