Abmahnung z.B d. RAe Rasch / Waldorf / Negele Zimmel pp / KUW / SBR / Schutt Waetke / Kornmeier / Simon u Partner: LG Frankenthal verweigert in Filesharing-Fällen Verwertung der Providerauskunft

Abmahnung Filesharing
15.06.20082061 Mal gelesen

Etappensieg für viele Betroffene, die eine Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzung in Filesharing Fällen erhalten haben: 

Für die im Auftrag der Rechteinhaber ausgesprochenen Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzung in sog. Tauschbörsen (Filesharing) wie z.B. durch Rechtsanwälte Rasch, Waldorf, Negele Zimmel Kremer Greuter, KUW, SBR Schindler Boltze, Schutt Waetke, Kern Cherkeh, Simon und Partner oder Cramer von Clausbruch wird es von nun an noch schwieriger, die über Strafanzeigen und Akteneinsicht von der Staatsanwaltschaft erlangten Ermittlungsdaten zivilrechtlich zu verwerten. Bekanntlich können die Anschlussinhaber erst über Strafanzeigen und Akteneinsicht von den Rechteinhabern identifiziert werden. Diese erhalten dann z. B. von oben genannten Anwaltskanzleien eine Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzung verbunden mit der Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung nebst Kostenerstattung und Schadensersatzzahlung. 

Das Landgericht Frankenthal hat mit Beschluss v. 21.05.2008 - Az.: 6 O 156/08).in einem Filesharing-Fall den Antrag eines Klägers, dem Beklaten im Wege der einstweiligen Verfügung, urheberrechtlich geschützte Dateien im Wege des Filesharings zu verbreiten bzw. der Öffentlichkeit Zugänglich zu machen, abgewiesen. 

Die Richter des LG Frankenthal haben die im Wege der Providerauskunft zu einer dynamischen IP-Adresse über die Staatsaanwaltschaft im Wege der Akteneinsicht erlangten Anschlussinhaberdaten als Beweis nicht anerkannt

Die Antragstellerin, ein Hersteller von Computerspielen, hatte wie in diesen Fällen üblich, Strafanzeige gegen einen Tauschbörsenteilnehmer gestellt. Daraufhin hatte die Staatsanwaltschaft Ravensburg Anfang 2008 bei der Dt. Telekom anhand der ermittelten dynamischen IP-Adresse die persönlichen Daten des Filesharingteilnehmers ermittelt und diese im Rahmen der Akteneinsicht an den Rechteinhaber bzw dessen vertretene Rechtsanwälte vorgelegt. Darauf hin erhielt der Anschlussinhaber von den Rechtsanwälten, die den Rechteinhaber vertraten, eine Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzung an Computerspielen.

Den darauffolgenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wies das LG Frankenthal nun wegen verfassungsrechtlicher Bedenken ab. Die von dem Antragsteller zum Beweis vorgebrachten Daten seien unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur gerichtlichen Verwertbarkeit von Beweismittel, die unter Verstoß gegen Grundrechte des Betroffenen erlangt worden sind, nicht verwertbar.

In seiner Begründung nimmt das Gericht insbesondere Bezug auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11.03.2008 (1 BvR 256/08) zur Vorratsdatenspeicherung, die eine Übermittlung von erhobenen Telekommunikationsdaten vom Anbieter der Telekommunikationsdienstleistung an staatliche Behörden nur dann für zulässig erachtet, wenn Gegenstand des Ermittlungsverfahrens eine schwere Straftat ist." Andernfalls unterfallen "diese sehr sensiblen Daten dem Schutz des grundrechtliche geschützten Fernmeldegeheimnisses".

Damit erteilten die Richter des LG Frankenthal den oft vorgetragenen Argumenten der Medienindustrie eine Absage, nach denen es sich zwar bei den dynamisch vergebenen IP-Adressen um sensible Verkehrsdaten handelt, die beim Provider abzufragenden Daten wie Name und Adresse des Beschuldigten aber erheblich geringer geschützte Bestandsdaten seien. "Dynamische Adressen haben einen relativen Personenbezug", so die Begründung des LG Frankenthal. Ohne die Auskunft des Providers seien die vom Antragsteller ausgespähten IP-Daten "ein technisches und rechtliches Nullum, mit dem niemand etwas anfangen kann". Erst die begehrte Auskunft führe zur Individualisierung und damit zum Eingriff in das grundrechtlich geschützte Fernmeldegeheimnis.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die Beschwerde zum OLG ist zulässig.

Es bleibt abzuwarten, ob sich die Auffassung des LG Frankenthal durchsetzt. Bliebe es bei dieser Auffassung, könnten Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzung in sog. Filesharingfällen fortan nur noch unter erheblichen Schwierigkeiten gerichtlich durchgesetzt werden. Schon werden daher Stimmen der Rechteinhaber laut, die der Argumentation des LG Frankenthal natürlich nicht folgen. Die Argumentation greife schon deshalb nicht, weil das Bundesverfassungsgericht in seinem Eilentscheid nur auf die im Wege der Vorratsdatenspeicherung erhobenen Daten abziele. Im vorliegenden Fall handele sich aber nicht um Daten, die im Wege der Vorratsdatenspeicherung gewonnen worden seien, sondern um IP-Daten, die rechtmäßig ohnehin für 7 Tage gespeichert werden.

Durch die Entscheidung des LG Frankenthal wird die Tendenz deutlich, die Verwertbarkeit von Anschlussinhaberdaten, die über die Staatsanwaltschaft durch Strafanzeigen gewonnen worden sind, bei der Durchsetzung zivilrechtlicher Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzung zu erschweren.  

Das Landgericht München I hat erst im März (Beschluss v. 12.03.2008 - Az.: 5 Qs 19/08).in einem Filesharing-Fall der Klägerin die Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft verweigert, weil dies einen schwerwiegenden Eingriff in das Fernmeldegeheimis darstellen würde. Ähnlich sahen das auch die Richter beim LG Saarbrücken. (Beschluss vom 28.01.2008 - Az 5 (3) Qs 349/07 - 2(6) Js  682/07).
 
Die vorliegende Entscheidung des LG Frankenthal kann für die Verteidigung gegen Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen verwertet werden, was die Erfolgsaussichten vieler Betroffener zu verbessern hilft, die sich gegen solche Abmahnungen zur Wehr setzen wollen.

 
Christian Weiner, LL.M. (Medienrecht)
Rechtsanwalt