Unzuverlässigkeit - Gewerberecht
1 Allgemein
Die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden ist sowohl bei der Beantragung eines Gewerbes als auch im weiteren Verlauf der Gewerbetätigkeit eine laufende Voraussetzung. Erfüllt der Gewerbetreibende die Vorgaben der Zuverlässigkeit nicht mehr, so kann die Gewerbezulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden widerrufen werden.
2 Anforderungen an die Zuverlässigkeit
Da dem Gewerberecht ein absoluter Zuverlässigkeitsbegriff fremd ist, kommt es für die Prüfung der Unzuverlässigkeit auf das jeweilige Gewerbe und den Schutzzweck der entsprechenden gewerberechtlichen Bestimmungen an (VGH Bayern 20.02.2014 - 22 BV 13.1909).
Unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreibt. Grundsätzlich ist für die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden zwar auf sein Verhalten bei der Ausübung seines Gewerbes abzustellen, sodass Pflichtverletzungen gegenüber Beschäftigten, Gläubigern und Kunden die Annahme der Unzuverlässigkeit tragen können.
Ein Verhalten außerhalb der Gewerbeausübung kann nur herangezogen werden, soweit sich daraus Rückschlüsse auf Charakter oder Verhaltensweisen des Gewerbetreibenden ziehen lassen, die ihrerseits auch für sein Gewerbe relevant werden können. So können z.B. Eigentums- oder Vermögensdelikte eines Gewerbetreibenden darauf schließen lassen, dass er dazu neigt, sich fremdes Eigentum oder Vermögen in strafbarer Weise zu verschaffen, und die betroffenen Rechtsgüter nicht respektiert.
3 Die Untersagung eines Gewerbes
3.1 Einführung
Bei der Untersagung eines Gewerbes wegen Unzuverlässigkeit sind zu unterscheiden:
die Untersagung eines erlaubnisfreien Gewerbes
der Widerruf eines erlaubnispflichtigen Gewerbes
Beide Maßnahmen werden im Gewerbezentralregister eingetragen und sind so für andere Behörden zugänglich.
3.2 Die Untersagung eines erlaubnisfreien Gewerbes
Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde gemäß § 35 GewO ganz oder teilweise zu untersagen (Gewerbeuntersagung ), wenn
Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person begründen
und
die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist.
Der Begriff der Unzuverlässigkeit ist gesetzlich nicht definiert. Eine Orientierung ergibt sich insofern aus der Vorgabe für die Versagung eines erlaubnispflichtigen Gewerbes wegen Unzuverlässigkeit (z.B. § 34d Abs. 2 Nr. 1 GewO). Diese liegt u.a. dann vor, wenn
der Antragsteller wegen eines Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist
oder
der Antragsteller wegen Diebstahl, Unterschlagung, Erpressung, Betrug, Untreue, Urkundenfälschung, Hehlerei, Wucher oder einer Insolvenzstraftat (betrügerischer Bankrott, Verletzung der Buchführungspflicht, Gläubigerbegünstigung, Schuldnerbegünstigung) rechtskräftig verurteilt worden ist.
Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden dann anzunehmen, wenn der Betreffende keine Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß ausüben wird. Dies ist u.a. der Fall bei:
Nichtentrichtung öffentlicher Abgaben, wie Lohnsteuern, Umsatzsteuern, Sozialversicherungsbeiträgen
Steuerrückständen
illegaler Beschäftigung von Arbeitnehmern
einschlägiger Verurteilung (etwa wegen Untreue, Unterschlagung, Misshandlung von Schutzbefohlenen - wie Auszubildenden)
Daneben sind für bestimmte erlaubnisfreie Gewerbe in den speziellen Vorschriften gesonderte Unzuverlässigkeitsgründe als Regelbeispiele genannt, so z.B. für die Gaststättenerlaubnis in § 4 Abs. 1 GaststättenG.
3.3 Die Untersagung eines erlaubnispflichtigen Gewerbes
Die Erlaubnis zur Führung eines erlaubnispflichtigen Gewerbes ist im Falle der Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zu widerrufen. Wie auch bei den erlaubnisfreien Gewerben ist eine Unzuverlässigkeit insbesondere bei Steuerausständen oder der Nichtzahlung von Arbeitgeberbeiträgen gegeben.
Die die Erlaubnis der einzelnen Gewerbebereiche regelnden Rechtsvorschriften enthalten zudem Regelbeispiele, nach denen die Erlaubnis wegen Unzuverlässigkeit insbesondere nicht zu erteilen ist, so z.B. bei der Versicherungsvermittlung gemäß § 34d Abs. 2 Nr. 1 GewO:
Der Antragsteller ist wegen eines Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden
oder
der Antragsteller ist wegen Diebstahl, Unterschlagung, Erpressung, Betrug, Untreue, Urkundenfälschung, Hehlerei, Wucher oder einer Insolvenzstraftat (betrügerischer Bankrott, Verletzung der Buchführungspflicht, Gläubigerbegünstigung, Schuldnerbegünstigung) rechtskräftig verurteilt worden ist.
Die spezifische Zuverlässigkeit fehlt einem Bewachungsunternehmer, der außergewerblich als Mitglied eines Rockerclubs bewusst an Provokationen teilnimmt, potenzielle Konflikte nicht vermeidet und die Gefahr von Gewalttätigkeiten ignoriert sowie an der nachträglichen Aufarbeitung und Prävention von durch Mitglieder begangenen Gewaltdelikten nicht mitwirkt (VGH Bayern 20.02.2014 - 22 BV 13.1909).
4 Anerkennung ausländischer Unterlagen und Bescheinigungen
Mit dem im Rahmen der Umsetzung der Dienstleistungs-Richtlinie eingefügten § 13b GewO wird sichergestellt, dass als Nachweis für die Zuverlässigkeit und die geordneten Vermögensverhältnisse des Dienstleistungserbringers Dokumente eines EU/EWR-Staats als ausreichend anerkannt werden, aus denen hervorgeht, dass die Anforderungen an die Zuverlässigkeit und die geordneten Vermögensverhältnisse erfüllt werden.
Grundsätzlich darf zwar nach Art. 5 RL 2006/123 nicht verlangt werden, dass Dokumente eines anderen Mitgliedstaats im Original, in beglaubigter Übersetzung oder in beglaubigter Kopie vorgelegt werden. Ausnahmen gelten aber für Fälle, in denen zwingende Gründe des Allgemeininteresses eine Vorlage im Original bzw. beglaubigter Kopie / Übersetzung erfordern. Dies ist im deutschen Gewerberecht insbesondere dann der Fall, wenn die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden aus Gründen des Verbraucherschutzes nachgewiesen werden muss.
Daher wird die Möglichkeit geregelt, dass die Vorlage von Dokumenten in beglaubigter Kopie und beglaubigter Übersetzung verlangt werden kann, wenn es um den Nachweis der Zuverlässigkeit oder der geordneten Vermögensverhältnisse geht. Originale können nicht verlangt werden, sind aber, wenn sie vorgelegt werden, ebenfalls anzuerkennen.