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Dienstleistungs-Richtlinie

Normen

RL 2006/123

Information

1 Allgemein

Die Dienstleistungs-Richtlinie ist am 28. Dezember 2006 als Richtlinie 2006/123 über Dienstleistungen im Binnenmarkt in Kraft getreten und war von den EU-Ländern bis zum 28.12.2009 in das nationale Recht umzusetzen.

Mit der RL 2006/123 soll die Ausübung der Dienstleistungsfreiheit und der damit verbundenen Niederlassungsfreiheit als Grundfreiheiten in der EU weiter erleichtert werden.

2 Inhalt der Richtlinie

2.1 Aufbau

Die RL 2006/123 ist wie folgt aufgebaut:

  • Allgemeine Bestimmungen

  • Vorschriften zur Verwaltungsvereinfachung bei der Durchführung der Dienstleistungsfreiheit

  • Vorschriften über die Niederlassungsfreiheit der Dienstleistungserbringer

  • Vorschriften über den Inhalt des freien Dienstleistungsverkehrs

  • Vorgaben bezüglich der Qualität der Dienstleistungen

  • Vorschriften über die Verwaltungszusammenarbeit

  • Geplante Konvergenzen (z.B. Ausarbeitung von Verhaltenskodizes der Berufsverbände)

2.2 Anwendungsbereich

Der Anwendungsbereich der Richtlinie erstreckt sich gemäß Art. 2 RL 2006/123 auf alle Dienstleistungen, die von einem in einem Mitgliedsstaat niedergelassenen Dienstleistungserbringer angeboten werden und nicht ausdrücklich vom Anwendungsbereich ausgenommen sind.

Dienstleistung im Sinne der Richtlinie ist jede selbstständige Tätigkeit, die in der Regel gegen Entgelt erbracht wird (Art. 4 Nr. 1 RL 2006/123). Diese Begriffsbestimmung übernimmt die in Art. 57 AEUV enthaltene Definition.

Der in der Dienstleistungsrichtlinie RL 2006/123 verwendete Begriff der Dienstleistung ist nicht auf die der Dienstleistungsfreiheit unterliegenden Dienstleistungen beschränkt.

2.3 Genehmigungserfordernis der Dienstleistungserbringung

Sofern der Dienstleistungserbringer sich in dem anderen EU-Mitgliedstaat auch niederlassen will, sei es durch Gründung eines neuen Unternehmens oder durch eine Niederlassung seines bestehenden Unternehmens, so unterliegen die Anforderungen, die an diese Niederlassung gestellt werden, den Beschränkungen der Art. 9 - 13 RL 2006/123.

Unter den in Art. 9 - 13 RL 2006/123 aufgeführten Voraussetzungen darf die Niederlassung zur Ausübung der Dienstleistung von einer Genehmigung abhängig gemacht werden:

  • Die Art. 9 und 10 RL 2006/123 bestimmen die Anforderungen an eine Genehmigungsregelung.

  • Art. 11  RL 2006/123 enthält Vorgaben für die Befristung einer Genehmigung.

  • In Art. 12  RL 2006/123 wird die Auswahl zwischen mehreren Bewerbern festgelegt.

  • Art. 13  RL 2006/123 regelt das Genehmigungsverfahren.

Die von dem Mitgliedstaat aufgestellten Kriterien zur Genehmigung müssen gemäß Art. 10 RL 2006/123 gewährleisten, dass eine willkürliche Ausübung des Ermessens durch die zuständige Behörde verhindert wird. Dazu müssen die Kriterien u.a. im Voraus bekannt gemacht werden, verhältnismäßig und objektiv sein.

2.4 Unzulässige Anforderungen

Art. 14 RL 2006/123 enthält eine Auflistung von unzulässigen Anforderungen, die die Mitgliedstaaten bei der Aufnahme oder Ausübung einer Dienstleistung im Rahmen einer Niederlassung erheben.

Hinweis:

Art. 9 bis 15 RL 2006/123 und somit auch die in Art. 14 RL 2006/123 geregelten unzulässigen Anforderungen gelten ausschließlich für Dienstleistungen im Rahmen einer Niederlassung!

2.5 Zuständige Behörde

Die Dienstleistungsrichtlinie RL 2006/123 verwendet an verschiedenen Stellen den Begriff der "zuständigen Behörde", z.B. zur Zuweisung von Entscheidungskompetenzen oder Aufgaben. Dabei wird in der jeweiligen Vorschrift nicht konkretisiert, welche Behörden als zuständig anzusehen sind. Dies geschieht in den allgemeinen Begriffsbestimmungen des Art. 4 Nr. 9 RL 2006/123:

Zuständige Behörde ist danach jede Stelle oder Behörde, die in einem Mitgliedstaat Kontroll- oder Regulierungsfunktion für Dienstleistungstätigkeiten innehat, insbesondere Verwaltungsbehörden, einschließlich der als Verwaltungsbehörden fungierenden Gerichte, Berufsverbände und der Berufsvereinigungen oder sonstiger Berufsorganisationen, die im Rahmen ihrer Rechtsautonomie die Aufnahme oder Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit kollektiv regeln.

2.6 Einheitlicher Ansprechpartner

Zur Vereinfachung der Dienstleistungsaufnahme haben die Mitgliedstaaten gemäß Art. 6 RL 2006/123 eine Servicestelle / Kontaktstelle als sog. Einheitlichen Ansprechpartner einzurichten, bei der die ausländischen Dienstleistungserbringer Informationen und Unterstützung bekommen. Die jeweiligen Behörden sollen als Mittler zwischen den Dienstleistungserbringern und den zuständigen Behörden fungieren.

Immer muss der jeweilige Einheitliche Ansprechpartner aber sämtliche Aufgaben abwickeln. Eine Aufteilung der verschiedenen Aufgabenbereiche auf verschiedene Einheitliche Ansprechpartner ist unzulässig.

2.7 Qualitätssicherung der Dienstleistung

Zur Gewährleistung einer Qualitätssicherung der Dienstleistung bestehen gemäß Art. 22 - 27 RL 2006/123 folgende Vorgaben:

  • Information des Dienstleistungsempfängers durch den Dienstleistungserbringer über die in Art. 22 RL 2006/123 aufgeführten Informationen

  • Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung

  • Aufhebung des absoluten Verbots der kommerziellen Kommunikation für reglementierte Berufe

  • Verbot von multidisziplinärer Tätigkeit für bestimmte Berufsgruppen

  • Motivation der Dienstleistungserbringer für freiwillige Qualitätssicherungsmaßnahmen wie z.B. eine Zertifizierung

3 Umsetzung in Deutschland

3.1 Verwaltungsverfahrensrecht

Mit dem "Vierten Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften" wurden allgemeine verwaltungsverfahrensrechtliche Anforderungen der Dienstleistungsrichtlinie im Verwaltungsverfahrensgesetz umgesetzt. Dabei sind die Neuerungen auch für inländische Dienstleistungserbringer anwendbar.

So wurde das Verfahren über eine einheitliche Stelle eingeführt sowie die Genehmigungsfiktion.

3.2 Gewerberecht

3.2.1 Anforderungen zur Aufnahme und Ausübung von Dienstleistungstätigkeiten

Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die freie Aufnahme und Ausübung von Dienstleistungstätigkeiten innerhalb ihres Hoheitsgebietes durch einen Dienstleistungstätigen aus einem anderen EU-Mitgliedstaat zu gewährleisten. Siehe hierzu den Beitrag "Gewerberechtliche Erlaubnisse".

3.2.2 Entscheidungsfrist / Genehmigungsfiktion

Die Aufnahme und Ausübung einer Dienstleistung im Rahmen einer Niederlassung kann bei Vorliegen der Voraussetzungen von einer Genehmigung abhängig gemacht werden.

Das Genehmigungsverfahren muss gemäß Art. 13 Abs. 3 RL 2006/123 innerhalb einer von dem betreffenden Mitgliedstaat zuvor festgelegten Frist durchgeführt werden, wobei die Frist einmal verlängert werden kann.

Eine nicht fristgemäße Erledigung führt gemäß Art. 13 Abs. 4 RL 2006/123 zu einer Genehmigungsfiktion.

Der neu geschaffene § 6a GewO übernimmt dabei die Bearbeitungsfrist von drei Monaten.

3.2.3 Informationspflichten

Die von dem Dienstleistungserbringer dem Dienstleistungsempfänger zur Verfügung zu stellenden Informationen sind gemäß § 6c GewO in einer Rechtsverordnung zu regeln. Diese wurde als Verordnung über Informationspflichten für Dienstleistungserbringer (Dienstleistungs-Informationspflichten-Verordnung - DL-InfoV) erlassen.

Zum Inhalt siehe den Beitrag "Dienstleistungserbringer - Informationspflichten".

3.2.4 Anerkennung ausländischer Unterlagen und Bescheinigungen

Siehe insofern den Beitrag "Unzuverlässigkeit - Gewerberecht".

3.2.5 Öffentliche Bestellung von Sachverständigen

Der Anwendungsbereich des neu eingefügten § 36a GewO erstreckt sich auf im Inland niedergelassene Sachverständige, die gemäß § 36 GewO öffentlich bestellt werden möchten, und die ihre Qualifikationen in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder des EWR erworben haben.

Zu den Anforderungen der öffentlichen Bestellung siehe den Beitrag "Sachverständige - öffentlich bestellt".

3.3 Einheitlicher Ansprechpartner / Einheitliche Stelle

Hinweis:

Der deutsche Bundes-Gesetzgeber hat sich für den Ausdruck "Einheitliche Stelle" anstatt des in der Richtlinie verwendeten Ausdrucks "Einheitlicher Ansprechpartner" entschieden. Damit soll deutlich gemacht werden, dass es sich um ein nicht auf den Regelungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie begrenztes allgemeines Verfahren handelt.

Die Länder hingegen haben größtenteils die Bezeichnung "Einheitlicher Ansprechpartner" beibehalten.

Die Bestimmung bzw. die Einrichtung der Einheitlichen Ansprechpartner / der Einheitlichen Stelle war in Deutschland Ländersache.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 RL 2006/123 mussten die EU-Mitgliedstaaten sicherstellen, dass alle Verfahren und Formalitäten zur Aufnahme oder Ausübung einer Dienstleistung bei dem einheitlichen Ansprechpartner bzw. der zuständigen Behörde auch aus der Ferne und auch elektronisch abgewickelt werden können.

Daher wurden von den als Einheitlicher Ansprechpartner / Einheitliche Stelle eingerichteten Behörden die folgenden Internetportale bereitgestellt, die auch als Informationsplattformen dienen:

metis