Rechtswörterbuch

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach Themen im Rechtswörtebuch zu suchen!

Barunterhaltspflicht

 Normen 

§ 1612 BGB

 Information 

1. Grundsatz

Eine der Unterhaltsarten des Familienrechts.

Als Barunterhalt wird die Erfüllung der Kindesunterhaltspflicht durch Zahlung von Geld bezeichnet. Dies kann eine laufende Geldrente sein oder ein einmaliger Betrag (Sonderbedarf). Der Barunterhalt ist von dem Naturalunterhalt zu unterscheiden, d.h. der Unterhaltsgewährung durch Pflege, Ernährung, Betreuung des Unterhaltsberechtigten.

Gemäß § 1612 Abs. 1 BGB ist der Unterhalt grundsätzlich durch die Entrichtung einer Geldrente zu gewähren.

Davon besteht gemäß § 1612 Abs. 2 BGB insofern eine Ausnahme, als dass Eltern bei einem unverheirateten (volljährigen) Kind bestimmen können, in welcher Art und für welche Zeit im Voraus der Unterhalt gewährt werden soll. Auf Antrag des Kindes konnte zuvor das Familiengericht die Bestimmung der Eltern ändern.

Bei minderjährigen Kindern entfällt die Barunterhaltspflicht für den das Kind betreuenden Elternteil. Diese Beurteilung ist solange nicht infrage zu stellen, wie das deutliche Schwergewicht der Betreuung bei einem Elternteil liegt.

2. Ausnahmen bei der gemeinsamen Betreuung eines Kindes

An der aus dem Schwergewicht der Betreuung durch einen Elternteil folgenden Aufteilung zwischen Bar- und Betreuungsunterhalt ändert sich nichts, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil seinerseits Betreuungs- und Versorgungsleistungen erbringt, selbst wenn dies im Rahmen eines über das übliche Maß hinaus wahrgenommenen Umgangsrechts erfolgt, dessen Ausgestaltung sich bereits einer Mitbetreuung annähert.

Anders ist es jedoch, wenn die Eltern sich in der Betreuung eines Kindes abwechseln, so dass jeder von ihnen etwa die Hälfte der Versorgungs- und Erziehungsaufgaben wahrnimmt (sog. Wechselmodell). In solchen Fällen wird eine anteilige Barunterhaltspflicht der Eltern in Betracht kommen, weil sie auch für den Betreuungsunterhalt nur anteilig aufkommen. Im diesem Fall des Wechselmodells haben beide Elternteile für den Barunterhalt einzustehen. Der Unterhaltsbedarf bemisst sich nach dem beiderseitigen Einkommen der Eltern und umfasst außerdem die infolge des Wechselmodells entstehenden Mehrkosten, vor allem Wohn- und Fahrtkosten (BGH 05.11.2014 - XII ZB 599/13). Verfügen beide Elternteile über Einkünfte, ist der Elementarbedarf des Kindes an den beiderseitigen - zusammengerechneten - Einkünften auszurichten. Hinzuzurechnen sind Mehrkosten, die durch die Aufteilung der Betreuung entstehen und deren Ansatz und Erstattung unter den jeweiligen Umständen angemessen ist (BGH 28.02.2007 - XII ZR 161/04).

Bei dem Wechselmodell ist die auf den Barunterhalt entfallende Hälfte des Kindergelds nach dem Maßstab der elterlichen Einkommensverhältnisse zu verteilen (BGH 20.04.2016 - XII ZB 45/15).

Der dem Kind von einem Elternteil während dessen Betreuungszeiten im Wechselmodell geleistete Naturalunterhalt führt nicht dazu, dass ein Barunterhaltsanspruch nicht geltend gemacht werden kann. Der geleistete Naturalunterhalt ist vielmehr nur als (teilweise) Erfüllung des Unterhaltsanspruchs zu berücksichtigen. Der Unterhaltsbedarf umfasst auch die infolge des Wechselmodells entstehenden Mehrkosten (BGH 11.01.2017 - XII ZB 565/15).

Ob ein Elternteil die Hauptverantwortung für ein Kind trägt und damit seine Unterhaltspflicht bereits durch Erziehung und Pflege erfüllt, ist eine Frage tatrichterlicher Würdigung. Dabei kommt der zeitlichen Komponente der von ihm übernommenen Betreuung zwar eine Indizwirkung zu, ohne dass sich allerdings die Beurteilung allein hierauf zu beschränken braucht. Weitere Kriterien sind die Übernahme bedeutsamer organisatorische Aufgaben der Kindesbetreuung, namentlich die Beschaffung von Kleidung und Schulutensilien sowie die Regelung der Teilnahme an außerschulischen Aktivitäten wie Sport- oder Musikunterricht (BGH 12.03.2014 - XII ZB 234/13).

Verfahren: Wenn die gemeinsam sorgeberechtigten Kindeseltern ein echtes Wechselmodell praktizieren und der eine Elternteil Ansprüche des Kindes auf Barunterhalt gegen den anderen Elternteil gerichtlich geltend zu machen beabsichtigt, hat er die Wahl, ob er entweder die Bestellung eines Pflegers für das Kind herbeiführt oder ob er bei dem Familiengericht beantragt, die Entscheidung über die Geltendmachung von Kindesunterhalt auf ihn allein zu übertragen. Das Wahlrecht zwischen diesen beiden Möglichkeiten ist nicht durch besondere Kautelen eingeschränkt (OLG Hamburg 27.10.2014 - 7 UF 124/14).

 Siehe auch 

Kindergeld - Anrechnung

Kindergeld - Zählkindvorteil

Kindesunterhalt

Kindesunterhalt - Volljährige Kinder

Mindestunterhalt

Born: Umfangreicher Aufenthalt beim anderen Elternteil - keine Auswirkungen auf den Barunterhalt?; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2007, 1859

Gerhardt/von Heintschell-Heinegg/Klein: Handbuch des Fachanwalts Familienrecht; 11. Auflage 2018

Jüdt/Kleffmann/Weinreich: Formularbuch des Fachanwalts Familienrecht; 5. Auflage 2017

Kleffmann/Soyka: Praxishandbuch Unterhaltsrecht; 3. Auflage 2017

Strohmeier: Kindergeldverrechnung und Unterhaltsbestimmung bei zwei Barunterhaltspflichtigen, von denen einer nicht leistungsfähig ist; Familie und Recht - FuR 2003, 153

Viefhues: Unterhalt beim Wechselmodell; Zeitschrift für die NotarPraxis - ZNotP 2018, 121