Die deutsche Insolvenzantragspflicht gilt für den Director einer englischen Private Limited Company

Die deutsche Insolvenzantragspflicht gilt für den Director einer englischen Private Limited Company
16.10.2013724 Mal gelesen
Übt eine Private Limited Company ihre Geschäftstätigkeit nur in Deutschland aus, sind Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der Insolvenzantragspflicht nach Ansicht des Landgerichts Kiel nach deutschem Recht vor deutschen Gerichten zu erheben.

Die Niederlassungsfreiheit nach dem Recht der Europäischen Union erlaubt es deutschen Unternehmen für Betriebsstätten in Deutschland in England Kapitalgesellschaften mit einem Grundkapital von 2 £ zu gründen. Werden solche Kapitalgesellschaften insolvent, stellt sich für die (deutschen) Gläubiger die Frage, ob man nun zumindest aufgrund der deutschen Normen zur Geschäftsführerhaftung gegen solche Unternehmer Ansprüche stellen kann. ..

 

Am 19. November 2001 gründete ein deutscher Unternehmer in England eine Private Limited Company mit einem Gründungskapital von 2,00 £, deren Alleingesellschafter und Director er war. Die Limited meldete am 6. Januar 2002 eine Betriebsstätte in Deutschland an. Dabei handelte es sich um eine Schönheitsfarm. Eine Eintragung in das Handelsregister als Zweigniederlassung erfolgte nicht.

Am 30. September 2002 schloss die spätere Klägerin mit der Limited einen Vermittlungsvertrag, nach welchem die Klägerin für jede Buchungsvermittlung eine Provision in Höhe von 12 % der Buchungssumme erhalten sollte. Im Jahr 2003 vermittelte sie der Limited Gäste und stellte die vereinbarten Provisionen in Rechnung. Im August 2003 waren Provisionsforderungen in Höhe von insgesamt 5.588,39 € offen.

Die Limited ist zwischenzeitlich vermögenslos. Ende August 2003 stellte der Director für die Limited Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim Amtsgericht Eutin, nahm diesen aber zurück, nachdem das Insolvenzgericht ihn fälschlich darauf hingewiesen hatte, dass es international nicht zuständig sei.

Die Klägerin meint, der Director hafte ihr wegen Insolvenzverschleppung. Das Amtsgericht Bad Segeberg wies ihre Klage ab. Auf den Fall sei englisches Recht anzuwenden und hiernach bestünde kein Anspruch gegen den Director persönlich.

 

Die Berufung der Klägerin vor dem Landgericht hatte Erfolg.

Nach der Europäischen Insolvenzverordnung gelte für das Insolvenzverfahren und seine Wirkungen das Insolvenzrecht des Mitgliedsstaats, in dem das Verfahren eröffnet wird. Soweit im Falle der Limited das Insolvenzverfahren nicht in Deutschland eröffnet worden ist, steht dies der Anwendbarkeit deutschen Insolvenzrechts nicht entgegen. Denn das Amtsgericht Eutin habe sich zu Unrecht als international unzuständig für den Antrag des Beklagten auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens angesehen. Tatsächlich wären deutsche Insolvenzgerichte international zuständig gewesen, denn die Limited hatte nur in Deutschland eine Betriebsstätte.

Die Voraussetzungen für eine Durchgriffshaftung gegen den Geschäftsführer seien erfüllt. Der Director der zahlungsunfähigen Limited habe schuldhaft nicht unverzüglich, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt.

Den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens habe der Direktor beim Amtsgericht Eutin erst am 28. August 2003, also erst rund ein Jahr später gestellt, sodass auch die dreiwöchige Frist nach dem GmbHG nicht gewahrt sei.

Der mit der Teilklage geltend gemachte Betrag sei somit jedenfalls begründet.

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Fazit: Forderungen gegen insolvente britische Kapitalgesellschaften, die (nur) in Deutschland tätig sind, muss man nicht in jedem Fall abschreiben. Mit anwaltlicher Hilfe sind Wege auffindbar, wie man sie doch noch realisieren kann.

  

(Quelle: Landgericht Kiel, Urteil vom 20.04.2006; 10 S 44/05

Vorinstanz: Amtsgericht Bad Segeberg, Urteil vom 24.03.2006)

 

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