Viel Kritik für die neue EU-Urheberrechtsreform – aber auch begründet?

Urheberrecht Werk
15.01.2018 94 Mal gelesen
Der Verein Wikimedia, der hinter dem Lexikon Wikipedia steht, kritisierte jüngst die im Rahmen der neuen EU-Copyright-Novelle diskutierten „Upload-Filter“.

Sie sollen einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Meinungsfreiheit darstellen, insbesondere weil nach Vorstellung der EU-Kommission Inhalte in Zukunft vorab gefiltert und überprüft werden sollen. 

So sollen Plattformen, die mit nutzergenerierten Inhalten arbeiten in Zukunft verpflichtete sein, vorab sämtliche Uploads auf Copyright geschütztes Material zu prüfen.  Andere Stimmen dagegen begrüßen diese Reformbemühungen und hoffen auf einen besseren Schutz für Rechteiinhaber  durch Veränderungen im Urheberrecht.

Wikimedia befürchtet eine Vorzensur

Das bisherige Verfahren zu Copyright geschützten Inhalten verläuft wie ein "nachlaufender Rechtsschutz": Taucht ein unzulässiger Inhalt auf, sind Plattformbetreiber dazu verpflichtet, diese Inhalte nachträglich zu entfernen.
Nach den Vorstellungen der EU-Kommission soll dieses Verfahren verbessert werden. Beiträge sollen nicht nachträglich gelöscht, sondern gar nicht erst im Internet auftauchen. So weit so gut. Allerdings kritisiert Wikimedia die Umsetzung eines solchen umfassenden Schutzes. Denn dafür sollen Filter genutzt werden, die Inhalte schon vorab auf mögliche Urheberrechte überprüfen. Wikimedia sieht darin im Ergebnis die Gefahr einer "Vorzensur". Sie befürchten, dass "der Austauschprozess über das Wissen verlorengeht".

EU hat Schutz von Rechteinhabern im Visier

Mit der neuen Copyright-Novelle hat die EU-Kommission besonders den lückenhaften Schutz von Rechteinhabern auf Plattformen wie YouTube im  Blick gehabt. Eine dort bestehende "Value Gap", also sinngemäß eine Wertschöpfunglücke, führe dazu, dass YouTube mit den gezeigten Inhalten sehr große Gewinne einfahre, während die Urheber nur einen geringen Anteil daran haben. Mit den neuen Regelungen soll die Verhandlungsposition von Urhebern verbessert werden.

Die Value Gap beschreibt das Ungleichgewicht zwischen der zunehmenden Online-Nutzung von Inhalten und der nur geringen Beteiligung der Rechteinhaber an den von den Online-Plattformen erzielten Erlösen. Ein besonders großes Problem ist dieses Ungleichgewicht für die weltweite Musikindustrie.
Plattformen wie YouTube nutzen Inhalte wie Musikvideos und schalten Werbung. Im Ergebnis erzielt der Konzern als weltweit größte On-Demand -Streaming-Plattform  enorme Gewinne - die Rechteinhaber dagegen erhalten nur eine geringe Beteiligung an den Werbeeinnahmen oder gehen bei Urheberrechtsverletzungen ganz leer aus.

Die Value Gap - zentrales Problem

Im Unterschied dazu erlangen Streaming Dienste wie Spotify oder Deezer Lizenzen für ihre Inhalte. Doch durch die Konkurrenz mit den Online-Plattformen fallen ihre Gewinne geringer aus, was sich im Ergebnis auch auf die Vergütung für die Urheber auswirkt.
Online-Plattformen berufen sich regemäßig darauf, dass sie selbst keine urheberrechtlich relevanten Nutzungen vornehmen, sondern reine Infrastrukturanbieter für das Hochladen von Inhalten einzelner Nutzer darstellen. Über diesen Weg berufen sie sich dann auf das Haftungsprivileg für Host-Provider. Dies führt dazu, dass sie eine Lizensierung entweder gänzlich verweigern oder eine Vergütung an die Urheber nur auf freiwilliger Basis anbieten.
Es liegt aber auf der Hand, dass gerade mit den Angeboten von YouTube und Co. die Urheberrechte der Rechtsinhaber beeinträchtigt werden können, ohne dass eine angemessene Gewinnbeteiligung erfolgt.

Nur mittels einer verbindlichen Vergütungspflicht kann für dieses Problem Abhilfe geschaffen werden.  Die Reform des EU-Urheberrechts stellt damit eine Chance dar, die Value-Gap zu korrigieren.

Damit sind die Bedenken von Wikimedia bezüglich einer Vorzensur von Inhalten zum Meinungsaustausch zwar nicht unbegründet, müssen aber im Lichte des Urheberrecht berücksichtigt werden. Natürlich darf ein Wissensaustausch  nicht beeinträchtigt werden, aber es müssen auch die Rechte von Kreativen und Urhebern geschützt werden.

Es bleibt abzuwarten, in welchem Maße sich die Reform durchsetzen kann oder welche Änderungen sie bis zur endgültigen Durchsetzung noch erfährt. Neben viel Kritik wird die neue Reform wohl auch viel Zuspruch ernten.

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