Es ist zweifelhaft, ob die fortdauernde Wirkung von Cannabis noch erkannt werden kann, wenn zwischen Rauschmittelkonsum und Fahrtantritt eine größere Zeitspanne liegt. Eine solche liegt bei einem Zeitraum von etwa 23 Stunden jedenfalls vor. Eine Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG kommt nicht in Betracht, solange nicht Anhaltspunkte festgestellt werden, die diese Zweifel wiederlegen.
In einem solchen Fall, so das OLG Celle in einer aktuellen Entscheidung ( Beschl. vom 9.12.08, 322 SsBs 247/08, veröffentlicht in VA 4/09), bedarf es nach Würdigung sämtlicher zur Verfügung stehender Beweismittel näherer Ausführungen dazu, aufgrund welcher Umstände sich der Betroffene hätte bewusst machen können, dass der zurückliegende Cannabiskonsum noch Auswirkungen haben konnte. Neben Ausfallerscheinungen im engeren Sinn können insoweit u.a. die Menge und Qualität des konsumierten Cannabis, die Häufigkeit des Cannabiskonsums und die Einlassung des Betroffenen zu seinem Vorstellungsbild Rückschlüsse zulassen.
Hier hatte der Betroffene um 17.50 Uhr mit einem Pkw am Verkehr teilgenommen, obwohl er, wie die Untersuchung einer ihm um 18:25 Uhr entnommenen Blutprobe ergab, einen Tetrahydrocannabinol-Gehalt von 2,7 ng/ml im Blut hatte. Der Betroffene hatte am Vorabend der Tat gegen 19:00 Uhr Cannabis konsumiert und musste deshalb nach Auffassung des Amtsgerichts zum Tatzeitpunkt damit rechnen, noch berauschende Mittel im Blut zu haben.
Gegen dieses Urteil legte der Betroffene Rechtsbeschwerde ein. Mit der Verfahrensrüge beanstandet er, dass die Ergebnisse der Blutuntersuchung verwertet worden sind, obwohl die Blutprobe ohne vorherige richterliche Anordnung entnommen worden ist. Mit der Sachrüge wird insbesondere geltend gemacht, dass angesichts des geringen festgestellten THC-Gehalts und des zeitlichen Abstands zwischen Rauschmittelkonsum und Fahrt die Feststellungen des Amtsgerichts zum Fahrlässigkeitsvorwurf unzureichend seien.
Das Rechtsmittel hatte mit der Sachrüge weitgehend Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang. (Mit der Verfahrensrüge hatte er deshalb keinen Erfolg, weil die Verlesung des Widerspruchs gegen die Verwertung von Blutprobe und Befundbericht nicht in das Sitzungsprotokoll der Hauptverhandlung aufgenommen worden war).
Die Entscheidung zeigt, wie wichtig es ist, dass man als Betroffener gegenüber der Polizei sonstigen Ermittlungsbehörden keinerlei Angaben macht. Schweigen ist Gold. Jeder Betroffene hat ein umfassendes Recht zu schweigen. Davon sollte er Gebrauch machen. Ganz egal, was die Polizei sagt oder tut. Ich rate dazu entweder gar nichts zu sagen oder sich auf die Bemerkung "ich mache keine Angaben zur Sache" zu beschränken, die man nötigenfalls gebetsmühlenartig wiederholen kann.
Anschließend kann man einen Anwalt kontaktieren und mit ihm nach Akteneinsicht besprechen, ob überhaupt zum Vorwurf Stellung genommen wird.
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Dieser Rechtstipp nimmt Bezug auf OLG Celle, Beschluss vom 9.12.08, 322 SsBs 247/08, veröffentlicht in VA 4/09. Der Verfasser, Rechtsanwalt Christian Demuth, ist auf die Verteidigung von Menschen bei Konflikten mit dem Verkehrsstraf- und Bußgeldrecht spezialisert und berät im Fahrerlaubnisrecht. Weitere Infos: www.cd-verkehrsrecht.de