Blau geradelt und dafür ins Loch? Die traurige Geschichte von Roland – oder wie eine Bagatelle bei Bewährungsversagen Freiheitsentzug zur Folge haben kann.

Strafrecht und Justizvollzug
26.01.20081417 Mal gelesen

Ein Mandant rief mich alarmiert an: Er hatte im rbb-Magazin "Täter Opfer Polizei" einen Beitrag gesehen, nachdem ein alkoholisierter Radfahrer nicht nur mit Fahrverbot sondern auch mit 17 Monaten Haft belegt wurde. Er hatte nicht etwa einen Unfall verursacht, sondern war mit 2,2 Promille beim Radeln erwischt worden. Das Strafmaß berücksichtigte die Vielzahl der bereits vorliegenden ähnlich gelagerten Episoden und immerhin acht Vorstrafen.

Die Sorge des Mandanten richtete sich danach, unter welchen Umständen eine solch drastische Strafe für ein seiner Ansicht nach "kleines Delikt" verhängt werden kann.

Verwiesen werden kann diesbezüglich z.B. auf das OLG Karlsruhe (AZ: 1 Ss 157/05). Aus diesem ergibt sich, dass es für einen Angeklagten, der mehrfach bewährungsbrüchig ist, des Vorliegens besonderer Umstände bedarf, um erneut eine positive Prognose stellen zu können. Mögliche Aspekte könnten sein, dass er zur Überwindung einer bestehenden und die Straftaten auslösenden Alkoholkrankheit eine Therapie begonnen hat und seit Längerem ein unbescholtenes Leben ohne Alkohol führt. Bei Fällen mehrfachen Bewährungsversagens bedarf es jedoch unbedingt besonderer Umstände, um erneut eine positive Prognose stellen zu können.

Andererseits darf eine Bewährung nicht allein auf Grund von Vorverurteilungen versagt werden. Eine umfassende Würdigung aller Umstände ist immer dann unerlässlich, wenn neue Tatsachen vorliegen, die prognostisch günstig sein können.

Die traurige Geschichte von Roland, die derzeit humoristisch aufbereitet unter http://www.rbb-online.de/_/fernsehen/magazine/beitrag_jsp/key=rbb_beitrag_6959938.html nachzulesen ist, weist keine entsprechenden Tatsachen auf.
Dass ein für einen Beschuldigten unerwartet hartes Strafmaß aus nach Ansicht des Gerichts nicht ausreichend ernst genommenen Vorstrafen resultiert, kann auch in zwei Zeitungsartikeln der Frankenpost nachvollzogen werden.

Einmal ging es um eine geprellte Zeche von 17,60 Euro (http://www.frankenpost.de/nachrichten/naila/art2443,696657), einmal um eine Trunkenheitsfahrt ohne Führerschein mit Sachschaden von 653,00 Euro (http://www.frankenpost.de/nachrichten/naila/art2443,708108).

Was heißt dies für Sie?

Die geschilderte Problematik einer nach laienbegriffen unverhältnismäßig harten Strafe mit Freiheitsentzug für eine "Bagatelle" kommt nur selten in Frage. Es muss ein Bewährungsversagen vorliegen, d.h. die bloße Androhung einer Strafe hat offensichtlich keine läuternde Wirkung auf den Angeklagten, so dass die Verhängung einer Freiheitsstrafe als einzig "erzieherische Maßnahme" verbleibt.
Dem "unbescholtenen Bürger" mit "positiver Prognose" (s.o.) droht ein solches Strafmaß damit nicht, wenn er erstmalig alkoholisiert mit dem Rad aufgegriffen wird. (Der Führerscheinverlust steht jedoch durchaus im Raum.)
Ahnt der Beschuldigte jedoch, dass Vorstrafe aus der Vergangenheit vorliegen, die relevant sein könnten, wurde er bereits wegen ähnlicher Vergehen verurteilt etc., sollte er sich dringlich fachanwaltlich vertreten lassen, damit Tatsachen, die für eine positive Prognose sprechen frühzeitig kompetent vorgetragen werden können.