Gemeinsames Korruptionsregister in Schleswig-Holstein und Hamburg steht kurz vor der Verabschiedung

Strafrecht und Justizvollzug
01.03.2013588 Mal gelesen
Schleswig-Holstein und Hamburg planen für Mitte 2013 ein gemeinsames Korruptionsregister, sicherlich vergleichbar mit den Regelungen in Berlin und NRW. Damit müssen sich auch die dort ansässigen Unternehmen mit den Voraussetzungen und den wirtschaftlich erheblichen AusAuswirkungen einer Eintragung in das Korruptionsregistergesetz auseinandersetzen.

Laut Presseberichten bereiten die Bundesländer Schleswig-Holstein und Hamburg gerade übereinstimmende Gesetzesentwürfe für Landtag und Bürgerschaft zur Einführung eines länderübergreifenden Korruptionsregisters vor. Eine Beratung und Beschlussfassung wird noch im ersten Halbjahr 2013 abgestrebt.

 

Es ist damit zu rechnen, dass sich die entsprechende Gesetzesvorlagen an den bereits existierenden Regelungen des Gesetzes zur Einrichtung und Führung eines Registers über korruptionsauffällige Unternehmen in Berlin (Korruptionsregistergesetz - KRG BE) sowie dem Gesetz zur Verbesserung der Korruptionsbekämpfung und zur Einrichtung und Führung eines Vergaberegisters in Nordrhein-Westfalen (Korruptionsbekämpfungsgesetz - KorruptionsbG NRW) orientieren.

 

Andere Bundesländer haben bislang davon abgesehen, die Einführung eines zentralen Korruptionsregisters in Form eines formellen Gesetzes vorzunehmen. Die Einführung eines Korruptionsregisters auf Bundeseben war bereits 2008 gescheitert.

 

Damit müssen sich voraussichtlich ab Mitte des Jahres 2013 auch die in Hamburg und Schleswig-Holstein ansässigen Unternehmen mit den Voraussetzungen und den wirtschaftlich erheblichen Auswirkungen einer Eintragung in das Korruptionsregistergesetz auseinandersetzen.

 

Die Regelungen aus Berlin und Nordrhein-Westfalen sehen beispielsweise vor, dass nicht nur bei korruptionsangelehnten Straftaten (z. B. Bestechung nach den §§ 331-335 StGB, Bestechung im geschäftlichen Verkehr nach § 299 StGB, wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen nach § 298 StGB) eine Eintragung erfolgt, sondern auch bei Straftaten, die auf den ersten Blick und bei Berücksichtigung der Formulierung "Korruptionsregister" nicht unbedingt zu erwarten sind:

 

-        Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen nach § 266a StGB,

-        Untreue nach § 266 StGB,

-        Betrug gegen öffentliche Haushalte nach § 263 StGB,

-        Kreditbetrug nach § 265b StGB,

-        Steuerhinterziehung nach § 370 AO sowie

-        Straftaten aus dem gesamten Katalog nach § 34 AWG

 

Die Eintragung setzt den Nachweis eines Rechtsverstoßes voraus. Dieser liegt vor, wenn eine rechtskräftige Verurteilung in einem Strafverfahren vorliegt oder eine bestandskräftiger Bescheid in einem Bußgeldverfahren. Die Eintragung ist aber auch bereits dann zulässig, wenn ein Strafverfahren gegen eine Auflage nach § 153a StPO eingestellt wurde oder keine vernünftigen Zweifel daran bestehen, dass eine Tat des Eintragungskatalogs begangen wurde.

 

Insbesondere die beiden letzten Alternativen für eine Nachweisführung sind deutlich zu kritisieren. Die als Auffangtatbestand formulierte Regelung über die Möglichkeit der Eintragung bei Fehlen vernünftiger Zweifel lässt die Eintragung ohne rechtskräftige Verurteilung oder bestandskräftigen Bußgeldbescheid allein aufgrund einer Wertung der Verwaltungsbehörden ohne jeglichen tatsächlichen Schuldnachweis zu.

 

Gleiches gilt für die Eintragungsoption, wenn ein Strafverfahren nach § 153a StPO eingestellt wurde. Mit einer Einstellung nach § 153a StPO wird gerade keine Tatsachenfeststellung darüber getroffen, dass die verdächtigte Tat durch den Beschuldigten tatsächlich begangen wurde. Die Einstellung nach § 153a StPO setzt gerade keinen Nachweis voraus. Es erfolgt in der Einstellungsentscheidung auch keine Tatsachenfeststellung. Die Einstellungsentscheidung enthält lediglich die Formulierung, dass das Strafverfahren gegen eine bestimmte Auflage eingestellt wird.

 

Eine Eintragung in das Korruptionsregister bei einer Einstellung nach § 153a StPO, verbunden mit einem anschließenden Ausschluss von einem Vergabeverfahren dürfte daher verfassungswidrig sein, da damit das Recht auf Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 GG und auch das Recht auf Unschuldsvermutung nach Art. 6 MRK verletzt ist.

 

Das Korruptionsregistergesetz Berlin sieht des Weiteren vor, dass bei der Eintragung insbesondere die gesamten Daten des Unternehmens, in dem die Straftat begangen wurde, sowie die persönlichen Daten des Täters aufzunehmen sind und von der Aufnahme der Unternehmensdaten nur dann abzusehen ist, wenn die Straftat oder Ordnungswidrigkeit nicht durch eine unternehmensverantwortliche Person selbst begangen wurde oder kein Organisationsverschulden der Geschäftsführung im Sinne des § 130 OWiG vorliegt. Auch diese Regelung ist insoweit zu kritisieren, dass es für die Eintragung der gesamten Unternehmensdaten im Falle der Begehung einer der eintragungsrelevanten Straftaten durch irgendeinen Unternehmensangehörigen nicht darauf ankommt, dass ein Bußgeldverfahren wegen eines Aufsichtsverschuldens nach § 130 OWiG rechtskräftig abgeschlossen wurde. Vielmehr ist lediglich im Rahmen der Prüfung, welche Daten ins Register einzutragen sind, von der zuständigen Behörde zu entscheiden, ob die grundsätzlichen Voraussetzungen für ein Organisationsverschulden der Geschäftsführung vorliegt.

 

Letztendlich wirtschaftlich belastend sind insbesondere die Tilungsfristen. Es ist damit zu rechnen, dass wie in den Landesgesetzen in Berlin und Nordrhein-Westfalen grundsätzliche eine Eintragung für drei Jahre vorgenommen wird, das Unternehmen somit in dieser Zeit mit dem vollständigen Ausschluss von Vergabeverfahren rechnen muss, und die Eintragungsfristen lediglich im Falle von Bußgeldverfahren bis zu einer Geldbuße in Höhe von € 1.000,00 auf ein Jahr verkürzt werden. Alternativ kann das Unternehmen die wiederhergestellte Zuverlässigkeit durch geeignete organisatorische und personelle Maßnahmen gegen die Wiederholung von Rechtsverstößen nachweisen, der durch den Rechtsverstoß entstandene Schaden muss ersetzt sein oder es muss eine rechtsverbindliche Anerkennung der Schadensersatzverpflichtung vorliegen, es müssen aber seit der Eintragung mindestens sechs Monate verstrichen sein. Eine Löschung der Eintragung kommt danach frühestens nach 6 Monaten in Betracht.

 

Vergleichbar zu den Tilgungsbestimmungen im Verkehrszentralregistergesetz ist letztendlich Voraussetzung, dass im Fall von mehreren Eintragungen für sämtliche Eintragungen die Eintragungsfristen abgelaufen sind.

 

Das Paket aus einzutragenden Straftaten, Umfang der einzutragenden Daten und Tilgungsfristen kann zu erheblichen Schäden bei den betroffenen Unternehmen bis hin zur Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz führen. Dies ist besonders bei einer Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO und im Falle korruptionsentfernterer Delikte zu kritisieren.