Rechtswörterbuch

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Untreue

 Normen 

§ 266 StGB

 Information 

1. Der Tatbestand

Die Untreue ist ein Straftatbestand.

Der objektive Tatbestand ist wie folgt aufgebaut:

  • Täterhandlung:

    1. Alternative: Missbrauchstatbestand:

    • Missbrauch der eingeräumten Befugnis über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten

    • Befugnis besteht durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis 

    2. Alternative: Treuebruchstatbestand:

    • Verletzung der Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen

      Dazu die Rechtsprechung:

      "Zum Kernbereich einer Vermögensbetreuungspflicht eines Angestellten mit eigenständiger Dispositionsmacht über fremdes Vermögen gehört es auch, seiner Arbeitgeberin verborgene Geldmittel auf verdeckten, nicht unter ihrem Namen geführten, Konten zu offenbaren" (BGH 12.02.2020 - 2 StR 291/19).

      "Ein Entscheidungsträger handelt im Bereich der öffentlichen Verwaltung nicht stets pflichtwidrig, wenn er nicht das sparsamste im Sinne des niedrigsten Angebots wählt. Beim Unterlassen eines Preisvergleichs oder einer Ausschreibung kommt eine Strafbarkeit nur bei evidenten und schwerwiegenden Pflichtverstößen in Betracht" (BGH 08.01.2020 - 5 StR 366/19).

    • Pflicht besteht kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses

  • Eintritt des Erfolgs:Vermögensschaden

    Ein Vermögensnachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB kann bereits durch das Einrichten und Führen einer solchen sog. schwarzen oder verdeckten Kasse eintreten, ohne dass es auf die Grundsätze einer schadensgleichen Vermögensgefährdung ankommt (BGH 12.02.2020 - 2 StR 291/19).

2. Untreue durch Bürgermeister

Bürgermeister / Oberbürgermeister haben eine durch Gesetz, z.B. § 59 des saarländischen Kommunalselbstverwaltungsgesetzes, eingeräumte Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der Stadt (BGH 08.01.2020 - 5 StR 366/19).

Untreue durch Unterlassen:

Der BGH hat die Verurteilung eines Bürgermeisters wegen Untreue durch Unterlassen bestätigt. Der Bürgermeister hatte die Kündigung eines Vertrags mit einer Detektei unterlassen und die Stadt musste dadurch weitere 72.000,00 EUR zahlen, nachdem bereits eine Rechnung in Höhe von 100.00,00 EUR gestellt worden war.

Diese Treupflichtverletzung des Bürgermeisters erwies sich nach der Ansicht der Richter auch im Vergleich zum verfolgten Zweck unangemessenen Höhe der Ausgaben, der Verletzung von Informations- und Mitteilungspflichten und der erheblichen Überschreitung seiner Entscheidungsbefugnisse auch als gravierend (BGH 03.03.2022 - 5 StR 228/21)

3. Hierarchie der Tatbestände

Der Missbrauchstatbestand ist lex specialis zum Treuebruchtatbestand und insofern immer als Erstes zu prüfen!

 Siehe auch 

Bestechung

Betrug

Geldwäsche

Unterschlagung

Urkundenfälschung

Gaßner: Bessere Bezahlung bei öffentlichen Arbeitgebern zwischen Aufgabenerfüllung und Untreue; Gesundheit und Pflege - GuP 2022, 10

Saliger: Die Nachteilsbestimmung bei der Untreue im Fall von Aktienkäufen; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2019, 886

Peters/Werndl: Untreue und öffentliche Daseinsvorsorge; Zeitschrift für Wirtschaftsstrafrecht und Haftung im Unternehmen; 2021, 309