Fahrverbot ein Jahr und 9 Monate nach Verkehrsverstoß nicht mehr angemessen

Strafrecht und Justizvollzug
14.11.2011476 Mal gelesen
Liegen keine besonderen Härtegründe oder sonstige außergewöhnliche Umstände vor, die ein Absehen vom Fahrverbot rechtfertigen würden, können sich Betroffene bei langer Dauer des Einspruchsverfahrens dennoch Hoffnungen machen, den Führerschein behalten zu dürfen.

Das Oberlandesgericht Zweibrücken hat kürzlich festgestellt, dass die Verhängung eines Fahrverbotes gegen einen Verkehrssünder ein Jahr und 9 Monate nach dem Verkehrsverstoß unangemessen wäre. Verstreiche seit der Tatbegehung bis zur Entscheidung über das angefochtene Urteil solch ein erheblicher Zeitraum könne ein Fahrverbot seiner Bedeutung als Erziehungs- und Besinnungsmaßnahme für den Betroffenen nicht mehr gerecht werden, so die Richter.

Mit dieser Entscheidung hat erstmals ein Oberlandesgericht die vom Bundesgerichtshof für den Wegfall der Erforderlichkeit eines strafrechtlichen Fahrverbotes (§ 44 StGB) aufgestellte Zeitgrenze von einem Jahr und neun Monate auch auf das in Bußgeldverfahren einschlägige Fahrverbot nach § 25 Abs. 1 StVG angewandt.

Zuvor war die Grenze dieses Zeitraums in Bußgeldsachen überwiegend bei zwei Jahren angesiedelt worden. Vereinzelt haben Oberlandesgerichte aber auch schon 23 Monate  ausreichen lassen. Mit der aktuellen Entscheidung des OLG Zweibrücken dürfe die Zweijahresgrenze weiter bröckeln.

Für Betroffene kann es sich also Lohnen, "auf Zeit zu spielen". Das bedeutet aber nicht, dass das Verfahren vom Betroffenen in unlauterer Weise verzögert werden darf. Denn in einem solchen Fall gesteht die Rechtsprechung dem Betroffenen wegen des lange Zeitablauf zwischen Tat und Entscheidung keinen Verzicht auf das Fahrverbot zu. Kommt es aber zu der langen Verfahrensdauer,  weil der Betroffene von seinen Verfahrensrechten Gebrauch macht, indem er z.B. notwendige Beweisanträge stellt und/oder Rechtsbehelfe und Rechtsmittel einlegt, stellt dies keine unlautere Verfahrensverzögerung dar. Legitimes Verteidigungsverhalten kann dem Betroffenen im Rechtsstaat nicht als Unlauter angelastet werden.

Fazit: Eine Verteidigung auf Zeit kann im Einzelfall die richtige Strategie gegen ein Fahrverbot sein.

 

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Der Beitrag nimmt Bezug auf OLG Zweibrücken, Beschluss v. 25.8.2011 - 1 SsBS 24/11.

Der Verfasser, Rechtsanwalt Christian Demuth, verteidigt schwerpunktmäßig Menschen in Verkehrsstraf- und Bußgeldverfahren. Nähere Infos www.cd-recht.de