Verhalten bei Nötigung, Straßenverkehrsgefährdung und gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr

Strafrecht und Justizvollzug
11.04.20111101 Mal gelesen
Gerade bei Verkehrsdelikten mit unsicherer Fahrerfeststellung ist Schweigen die richtige Verteidigungsstrategie.

Die freie richterliche Beweiswürdigung gibt auch bei diesen Vorwürfen den Ausschlag. Es ist entscheidend, bereits im Vorverfahren eine Einstellung des Verfahrens zu erreichen, da bei Anklageerhebung i.d.R. die Aktenlage zur Verurteilung ausreicht. Vor einer eventuellen Erklärung als Beschuldigter ist die Akteneinsicht durch den Verteidiger absolut notwendig. Bis dahin ist Schweigen, neben der Akteneinsicht das wichtigste Recht des Beschuldigten, oberstes Gebot. Bei der Akteneinsicht ist zu klären, wie sich die Beweislage darstellt, ob und welche Zeugen vorhanden sind oder ob nur eine Kennzeichenanzeige vorliegt. Denn bereits das Abstreiten des Tatgeschehens ist u.U. das Eingeständnis der Fahrereigenschaft zur Tatzeit. Mit Zugang des Anhörungsbogens beim Fahrzeughalter ist bereits ein Strafverteidiger zu beauftragen, da einerseits nicht von der Halter- auf die Fahrereingenschaft geschlossen werden darf, andererseits nur der Rechtsanwalt Akteneinsicht erhält. 

"in dubio pro reo" nur aufgrund der vermeintlichen Konstellation "Aussage gegen Aussage" ist leider ein Trugschluß, da unqualifiziertes Leugnen vor Gericht die Verurteilung regelmäßig nicht abwendenden kann. Die Erklärungen des Angeklagten werden oft als Schutzbehauptungen abqualifiziert, erschwerend kommen Vorstrafen etc. hinzu. 

Das Gericht macht sich in freier Beweiswürdigung die Überzeugung von der Glaubhaftigkeit der Belastungszeugenaussage und nicht selten unterliegt die Glaubwürdigkeit des Angeklagten. Hier reicht die Standardformulierung, der Zeuge habe, "in sich widerspruchslos, ohne Belastungstendenz und ohne eigenes Interesse am Ausgang des Verfahrens" ausgesagt und noch "die Mühe der persönlichen Anzeigenerstattung auf sich genommen".  Die Situation kann sogar eskalieren, wenn eigene Entlastungszeugen - z.B. Beifahrer - aussagen, dessen Schilderungen vom Gericht als unwahr eingestuft werden, sodaß diese einem Verfahren wegen Falschaussage und Strafvereitelung ausgesetzt werden. 

Wenn man auf einen Verteidiger verzichtet, geht das Ermittlungsverfahren ohne Kenntnis der Beweislage oder Erörterung einer Verfahrenseinstellung seinen Gang und man ist u.U. Nachforschungen im privaten und beruflichen Umfeld, einer möglichen Sicherstellung bzw. Beschlagnahme des Führerscheins über sogar der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis bis zum Erlass eines Strafbefehls oder der Erhebung einer Anklage ausgesetzt. Die Staatsanwaltschaft kann dazu auch einen Durchsuchungsbeschluß von Wohn- und Geschäftsräumen an der Halteranschrift erwirken, um Unterlagen zur Feststellung des Fahrers (Fahrtenbücher, Terminkalender, Tankquittungen, Reisekostenabrechnungen u.a.) zu beschlagnahmen, oder eine erkennungsdienstliche Behandlung anordnen, um dann dem Zeugen Lichtbilder vorzulegen. 

Wer dann noch glaubt, er könne in der Hauptverhandlung das Tatgericht von seiner Unschuld überzeugen, der wird schnell auf den Boden der Tatsachen - nämlich der Ermittlungsakte - zurückgeholt. 

Rechtsanwalt  Holger Hesterberg 

Bundesweite Tätigkeit. Mitgliedschaft im DAV. 

e-mail: kanzlei@rechtsanwalthesterberg.de