GmbH-Geschäftsführer kann nach Selbstanzeige ohne Nachentrichtung des festgesetzten Steuerbetrages Straffreiheit erlangen

GmbH-Geschäftsführer kann nach Selbstanzeige ohne Nachentrichtung des festgesetzten Steuerbetrages Straffreiheit erlangen
19.07.2013263 Mal gelesen
Die Verfügung des Finanzamts, mit welcher eine Frist zur Nachentrichtung hinterzogener Steuern zwecks Erlangung von Straffreiheit nach Selbstanzeige gesetzt wird, unterliegt nach Ansicht des Landgerichts Kassel im Steuerstrafverfahren der gerichtlichen Überprüfung und kann aufgehoben werden, wenn

sie zu Unrecht ergangen ist.

Eine Firma hatte in der Vergangenheit Pachtzins für den Betrieb als Aufwand gebucht und dementsprechend Vorsteuer geltend gemacht, stand jedoch hinsichtlich der Höhe des Pachtzinses mit der Verpächterin in einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung, die im Wege eines Vergleichs beendet wurde. In einem am 1.10.1999 abgeschlossenen außergerichtlichen Vergleich einigte sich die Gesellschaft mit der Verpächterin auf eine Reduzierung des Pachtzinses bezogen auf den Zeitraum 1996 bis 31.12.1998 in Höhe von 2,15 Mio. DM zzgl. MwSt. Das Finanzamt Kassel wurde am 27. September 2001 über den Vergleichsabschluss informiert.

Mit Bescheid des Finanzamtes Kassel vom 16.07.2003 wurde dem Geschäftsführer der Gesellschaft mitgeteilt, dass die Vorlage dieses Vergleiches mit der Verpächterin, der Firma Y, als Selbstanzeige gewertet werde und dass diese Selbstanzeige nur dann zu seiner Strafbefreiung führe, wenn die verkürzte Umsatzsteuer 1999 in Höhe von 538.662,00 Euro bis zum 20.08.2003 an die Finanzkasse des Finanzamtes Kassel entrichtet werde.

Mit Schreiben seines Verteidigers vom 31.07.2003 beantragte dieser, die Frist zur Nachzahlung in Höhe von 538.662,00 Euro bis zum 16.01.2004 zu erstrecken und hilfsweise Ratenzahlung bis dahin zu bewilligen. Das Finanzamt lehnte mit Schreiben vom 04.08.2003 diesen Antrag ab. Mit Schreiben vom 10. August 2003 beantragte der Geschäftsführer eine gerichtliche Entscheidung und Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und führte zur Begründung aus, er selber habe die Steuern nicht zu seinen Gunsten hinterzogen; es handele sich vielmehr um eine Steuerverbindlichkeit der Gesellschaft. Er selber habe weder Gehalt noch Tantiemen bezogen und habe als Gesellschafter auch keine Gewinnbezüge erhalten mit der Folge, dass er von der verspäteten Korrektur der Umsatzsteuervoranmeldung in keiner Weise profitiere. Darüber hinaus sei die ihm gesetzte Frist unangemessen kurz.

Amtsgericht und Landgericht haben zunächst den Antrag des Geschäftsführers zurückgewiesen.

Auf die Gegenvorstellung des Geschäftsführers hin, stellte das Landgericht fest, dass eine Nachentrichtung der Steuer nicht erforderlich sei, um dem Geschäftsführer Straffreiheit zu gewähren.

In Bezug auf die Umsatzsteuer 1999 habe es sich nicht um zu Gunsten des Geschäftsführers hinterzogene Steuern im Sinne der Strafbefreiungsvorschrift gehandelt.  Nach der Rechtsprechung hinterziehe Steuern "zu seinen Gunsten", wer sie selbst schuldet, wie auch, wer bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise einen unmittelbaren Vorteil aus der Tat erlangt.

Zwar sei im vorliegenden Fall der Geschäftsführer zu 25% an der Gesellschaft beteiligt, jedoch habe er wegen der inzwischen eingetreten Insolvenz keinen wirtschaftlichen Vorteil erlangt.

War demnach eine fristgerechte Nachentrichtung der hinterzogenen Steuer zur Erlangung der Straffreiheit nicht erforderlich, ist die Verfügung des Finanzamtes K vom 16.07.2003, mit welcher ihm  auferlegt wurde, Umsatzsteuer 1999 in Höhe von 538.662,00 Euro zu entrichten, zu Unrecht ergangen und war demnach aufzuheben.

(Quelle: Landgericht Kassel, Beschluss vom 02.04.2005; 1 Qs 62/12

Vorinstanz: Amtsgericht Kassel, Beschluss vom 15.09. 2003)

 

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