Keine Nacherklärung mit Strafbefreiung nach Kenntniserlangen von strafrechtlichen Ermittlungen

Keine Nacherklärung mit Strafbefreiung nach Kenntniserlangen von strafrechtlichen Ermittlungen
15.07.2013305 Mal gelesen
Die durchgeführte Berichtigung einer Umsatzsteuer-Rechnung wirkt nach Ansicht des Bayerischen Obersten Landesgerichts nur dann als Rücktritt vom Versuch oder als strafbefreiende Selbstanzeige im Sinne der Abgabenordnung wenn sie abgegeben wird, bevor dem Steuerpflichtigen bekannt gegeben wurde,

dass gegen ihn ein Strafverfahren wegen Nichtabgabe der Umsatzsteuer-Erklärung eingeleitet wurde.

Ein Gärtner betrieb eine Baumschule. Hinsichtlich der in der Baumschule getätigten Umsätze unterlag er, in den Jahren 1992 und 1993 den Vorschriften über die Durchschnittssätze für landwirtschaftliche Betriebe. Dennoch wies er gegenüber seinen Abnehmern in den von ihm erstellten Rechnungen den damals gültigen Mehrwertsteuerregelsatz von 14% oder 15% aus.

Obwohl er wusste, dass er jeweils bis zum 31.5. Umsatzsteuerjahreserklärungen abzugeben hatte, kam er dieser Pflicht für die Jahre 1992 und 1993 zunächst nicht nach. Am 31.3.1995 erging gegen ihn ein auf Schätzung beruhender Umsatzsteuerbescheid für 1992, in welchem die von ihm für dieses Jahr zu zahlende Umsatzsteuer auf 1.044 DM festgesetzt wurde.

Nachdem ihm am 28. Juni 1996 mitgeteilte wurde, dass ein Strafverfahren gegen ihn wegen nicht rechtzeitig abgegebener Umsatzsteuererklärungen eingeleitet worden sei, reichte er am 1. Oktober 1996 die ausstehenden Erklärungen beim Finanzamt ein. Am 17. Oktober 2000 (!) verständigte sich der Gärtner mit dem Finanzamt dahin, dass seine sämtlichen rückständigen Einkommen- und Umsatzsteuern bis 1999 durch eine Zahlung von 100.000 DM abgegolten sein sollten. Diesen Betrag hat er in der Folgezeit bezahlt.

Das Amtsgericht Hof verurteilte den Gärtner am 23. Oktober 2000 trotz der nachgeholten Erklärung wegen Umsatzsteuerhinterziehung in zwei Fällen zur Gesamtgeldstrafe von 85 Tagessätzen zu je 30 DM. Auf das Rechtsmittel des Gärtners hin wurde die Anzahl der Tagessätze von 85 auf 55 reduziert.

Vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht erhoffte er sich einen Freispruch, der ihm jedoch nicht gewährt wurde:

Der Gärtner durfte in den im Jahr 1992 von seiner Baumschule ausgestellten Rechnungen gemäß dem Umsatzsteuergesetz 1991 nur 8 % Umsatzsteuer ausweisen. Für 1993 betrug dieser Steuersatz gemäß dem Umsatzsteuergesetz in der seit 1.1.1993 geltenden Fassung  8,5 %. Gemäß den in beiden Jahren übereinstimmenden Fassungen des Umsatzsteuergesetzes schuldete er aber dem Finanzamt den gesamten von ihm in seinen Rechnungen ausgewiesenen Steuerbetrag.

Der Gärtner hätte, um den Tatbestand einer Steuerstraftat nicht zu verwirklichen, auf der Basis des mit den Leistungsempfängern vereinbarten Nettoentgelts die Mehrwertsteuer mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Prozentsatz neu berechnen und den Vertragspartnern die zuviel berechnete Mehrwertsteuer erstatten müssen. Bis dahin schuldete er dem Finanzamt die erlangte Mehrwertsteuer. Zudem hätte er die Gefährdung des Steueraufkommens erst mit der Erfüllung seiner Umsatzsteuerschuld beseitigen können.

Denn allein der Umstand, dass die Berichtigung einer Rechnung noch möglich ist, schiebe den Zeitpunkt der Beendigung der Umsatzsteuerhinterziehung nicht hinaus. Ebenso habe die durchgeführte Berichtigung nur dann die Wirkung des  Rücktritts vom Versuch, wenn die Voraussetzungen dieser Norm erfüllt sind, wie auch eine solche Berichtigung nur dann als strafbefreiende Selbstanzeige wirken kann, wenn sie vor Entdeckung der Tat erfolgt. Dem Gärtner wurde bereits am 28.6.1996 mitgeteilt, dass gegen ihn ein Strafverfahren wegen Verdachts der Steuerhinterziehung durch Nichtabgabe der Umsatzsteuerjahreserklärungen eingeleitet worden war. Seine später abgegebenen Erklärungen können dementsprechend nicht mehr als strafbefreiende Selbstanzeige gewertet werden.

 

(Quelle: Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 09.01.2002; 4 St RR 132/01

Vorinstanz: Landgericht Hof, Urteil vom 17.08.2001)

 

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