Keine "zweite" Rente - SG Dortmund, Urteil vom 12.06.2015 – S 61 R 108/15

Soziales und Sozialversicherung
08.09.2015569 Mal gelesen
Der Gesetzgeber ist immer für eine Überraschung gut. Die abschlagsfreie Rente für besonders langjährig Versicherte steht da ganz oben auf der Liste. Das Arbeiten und Beitragszahlen über 45 lange Jahre soll sich am Ende eben gelohnt haben. Aber was machen Rentner, die schon eine Rente beziehen?

Der Fall: Versicherte V. hatte die Möglichkeit, vor Erreichen des Regelalters in Rente zu gehen. Sie nutzte diese Möglichkeit und beantragte bei der Deutschen Rentenversicherung Bund vorgezogenes Altersruhegeld. Das bekam sie ab dem 1. Mai 2013 - allerdings mit 5,7 Prozent Abschlag. V. hielt das im Nachhinein für ungerecht - und verklagte den Rentenversicherer.


Das Problem: Neues Recht gilt immer ab dem vom Gesetzgeber vorgesehenen Zeitpunkt. Für so genannte "Altfälle" bleibt es in der Regel beim früheren Recht. Sieht der Gesetzgeber für Altfälle keine Rückwirkung vor, sind sie von der günstigeren Neuregelung ausgeschlossen. Hat man sich einmal für "seine" Art Rente entschieden hat, kann man davon später nicht mehr zurück.


Das Urteil: "Rentner, die bereits eine Altersrente mit Abschlägen wegen vorzeitiger Inanspruchnahme beziehen, können nicht in die zum 01.07.2014 eingeführte abschlagsfreie Altersrente für beonders langjährig Versicherte wechseln." Ein Wechsel ist nach bindender Bewilligung ausgeschlossen (SG Dortmund, Urteil vom 12.06.2015 - S 61 R 108/15 - Pressemitteilung).


Die Konsequenz: V. kann die abschlagsfreie Rente nicht in Anspruch nehmen. Der 5,7-prozentige Abschlag bleibt. Manchmal ist es für Versicherte sinnvoll, ihren Rentenantrag aufzuschieben - was viele auch gemacht haben, seit die Rente für besonders langjährige Versicherte in der Diskussion war. Nun, V. hat ihre Chance vertan. Da lässt sich im Nachhinein nichts mehr retten.