OLG Karlsruhe: Versuchtes Erschleichen von Krankentagegeld berechtigt den Versicherer nicht zur Kündigung des Krankenversicherungsvertrags insgesamt

Soziales und Sozialversicherung
29.06.2007 1501 Mal gelesen

Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hatte sich in einem jüngst veröffentlichten Urteil mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Kündigung eines Krankenversicherungsvertrags durch den Versicherer wirksam war.

Was war geschehen? Der Versicherungsnehmer hatte unter Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Krankentagegeld beantragt. Hierbei verschwieg er jedoch, dass er gleichzeitig eine berufliche Tätigkeit ausübte. Als der Versicherer hiervon Wind bekam, kündigte er den gesamten Vertrag fristlos, also auch den Krankheitskostenversicherungsvertrag und die Anwartschaftsversicherungen für die Kinder des Versicherungsnehmers.

Zu Unrecht, so das OLG Karlsruhe. Durch die Kündigung sei nur der Vertragsteil "Krankentagegeldversicherung" aufgelöst worden. Nur hier habe der Versicherungsnehmer getäuscht. Hinsichtlich der übrigen Vertragsteile, insbesondere der Krankheitskostenversicherung, fehle es an einem wichtigen Grund für die Kündigung. Bei der Krankenversicherung sei es außerdem schwieriger, Leistungen zu erschleichen, da hier Arztrechnungen vorgelegt werden müssen. Der Versicherungsnehmer ist damit weiterhin gegen Krankheitskosten versichert.

Da die Ansicht des OLG Karlsruhe von derjenigen des OLG Stuttgart abweicht, wurde die Revision zugelassen. Es bleibt abzuwarten, wie der Bundesgerichtshof über die Sache entscheidet.

Quelle: OLG Karlsruhe, Urt. v. 07.11.2006, 12 U 250/05

Dr. Finzel, Rechtsanwalt / Fachanwalt für Versicherungsrecht