ICH HAB DA MAL NE FRAGE! - Boris und die Rechtschutz

Soziales und Sozialversicherung
09.10.2006 2421 Mal gelesen
Ich hab da mal ne Frage - Boris und die Rechtschutz
Spielen Sie Golf?
Haben Sie millionenschwere Werbeverträge?
Werden Sie des Öfteren von dunkelhäutigen Schönheiten lüstern in Hotelbars avanciert?
Ja? Dann geht es Ihnen wie Boris in den 3 aktuellen Werbespots der zweitgrößten deutschen Rechtschutzversicherung!
Nach dem Ausschlecken von etlichen Nutellagläsern und traumatisierenden Erlebnissen in englischen Besenkammern, verbringt Boris - nach einem langen und wirklich harten Arbeitsleben - seinen wohlverdienten Ruhestand auf dem Golfplatz.
Um gegen alle Unbill des Rentnerdaseins gewappnet zu sein, hat er sich jetzt extra eine Rechtschutzversicherung zugelegt, die ihn in allen Lebenslagen sofort berät.
 
Um es vorweg zu nehmen, die Werbung ist äußerst fragwürdig, da in allen Fällen allenfalls eine telefonische Erstberatung erfolgt, aber kein Deckungsschutz im eigentlichen Sinne besteht, so wie der rechtsuchende Verbraucher es eigentlich erwartet.
 
Denn: eine Rechtschutzversicherung im Sinne des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) beinhaltet nämlich eigentlich auch die Kosten eines Gerichtsverfahrens, gem. §158m VVG.
 
Mit anderen Worten: die werbende Rechtschutzversicherung zahlt weder eine ordentliche unmittelbare Beratung bei einem Rechtsanwalt, noch den eventuell erforderlichen Schriftverkehr, geschweige denn die Kosten eines eventuellen Prozesses.
Mithin genau all das, wofür gemeinhin Rechtschutzversicherungsverträge abgeschlossen werden:
 
1.)   Auf dem Golfplatz besteht kein Rechtschutz für die Abwehr einer Schmerzensgeldforderung, da die Allgemeine (Private) Haftpflichtversicherung eintrittspflichtig ist, gem. §1Ziff.1 AHB. Diese hat unberechtigte Schadensersatzforderungen abzuwehren (§3 II Nr. 1 S.1 AHB); nach §3 IIa ARB ist es nicht die Aufgabe der Rechtsschutz für die Abwehr von Schadensersatzansprüchen einzutreten, es sei denn diese beruhen auf einer Vertragsverletzung, was in der Praxis die große Ausnahme ist.
 
Also: Boris darf nur mal am Telefon kurz fragen; mehr übernimmt die Rechtschutz nicht.
 
2.)   Eine allgemeine Beratung zu Verträgen (Werbespot Nr.2) ist überhaupt nicht versichert, da es bereits gar keinen Versicherungsfall gibt, sprich niemand gegen Rechtspflichten, bzw. Rechtsvorschriften verstoßen hat, gem. §4 Ic ARB. Die allgemeine Beratung beim Abschluss von Verträgen, beispielsweise Mietvertrag, Kreditvertrag, Pkw-Kauf, etc. ist typischerweise nicht versicherbar.
 
Also: Boris darf auch hier allenfalls nur kurz mal fragen, aber nicht mehr.
 
3.)   In der Hotelbar ist es nicht viel anders. Zunächst einmal besteht Rechtschutz ohnehin nur innerhalb Europas und den Anliegerstaaten des Mittelmeeres; ägyptische Bars sind somit sicheres Territorium, die in der Domrep sollte man hingegen meiden. Außerdem besteht im Familien-, Lebenspartnerschafts- und Erbrecht nur Rechtschutz für einen Rat oder eine Auskunft, wenn diese nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit eines Rechtsanwaltes zusammenhängen, gem. §2 k ARB. Jede weitere Tätigkeit ist sogar ausdrücklich ausgeschlossen, gem. § 3 II g ARB. In der Praxis wird daher im Allgemeinen die anwaltliche Erstberatung übernommen, aber mehr nicht
 
Also: Boris darf auch hier nur kurz am Telefon mal fragen; einen eventuellen Vaterschaftsprozess muss er selbst bezahlen.
 
Im Ergebnis somit alles nichts Neues, denn die telefonische Erstberatung gibt es bei anderen Versicherungen schon seit Jahren und wer nur eine Antwort auf eine allgemeine Rechtsfrage sucht, kann auch einfach im Internet surfen, wie das geht hat Boris ja schon bei seiner Werbung für einen bekannten Internetprovider (Bin ich schon drin?) gelernt. Dort kann Boris nämlich auch bei Wikipedia nachlesen, was Naturalrestitution heißt.
 
Ulf Linder
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Versicherungsrecht