Scheidung – Einreichung des Scheidungsantrags bei Gericht lange vor Ablauf des Trennungsjahres

Scheidungsrecht Ehescheidung
06.10.20181206 Mal gelesen
Häufig ist ein Ehegatte daran interessiert, möglichst zügig geschieden zu werden. Die Einreichung des Scheidungsantrags bei Gericht ist auch dann, wenn keine Gründe für eine sogenannte „Härtescheidung“ vorliegen, bereits mehrere Monate vor Ablauf des Trennungsjahres möglich.

Ein Ehegatte kann aus unterschiedlichen Gründen an einer frühzeitigen Einreichung des Scheidungsantrags bei Gericht interessiert sein. Denkbar sind eine beabsichtigte neue Eheschließung, ein anstehender Vermögenszuwachs, der durch eine frühzeitige Setzung des Stichtages für den Zugewinnausgleich aus dem Zugewinnausgleich herausgehalten werden soll, und anderes.

 

Grundsätzlich kann eine Ehe vor Ablauf eines Trennungsjahres gemäß § 1565 Abs. 2 BGB nur geschieden werden, wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde. Wann solche Gründe, die eine unzumutbare Härte begründen können, vorliegen, soll hier nicht weiter vertieft werden, weil es sich um Einzelfälle handelt.

Ungeachtet dessen kann der Scheidungsantrag auch schon mehrere Monate vor Ablauf des Trennungsjahres bei Gericht eingereicht werden, weil das Trennungsjahr erst in der letzten mündlichen Verhandlung des Gerichts im Scheidungsverfahren abgelaufen sein muss. Es kommt also nicht darauf an, ob bei der Einreichung des Scheidungsantrages das Trennungsjahr bereits abgelaufen ist, sondern darauf, dass dies der Fall ist, wenn die mündliche Verhandlung stattfindet, die das Gericht im Scheidungsverfahren anberaumt.

Selbst wenn kein Versorgungsausgleich durchgeführt werden muss und keine sonstigen Folgesachen rechtshängig gemacht werden, dauert ein Scheidungsverfahren regelmäßig länger als 2 Monate, sodass eine Einreichung des Scheidungsantrags 2 Monate vor Ablauf des Trennungsjahres in aller Regel unproblematisch ist.

Muss ein Versorgungsausgleich durchgeführt werden, zieht sich das Verfahren bis zur mündlichen Verhandlung in der Regel schon deshalb ca. 6 Monate hin, weil die Auskünfte der Versorgungsträger in der Regel erst nach mehreren Monaten vorliegen.

In diesen Fällen kann der Scheidungsantrag auch schon nach halbjähriger Trennung eingereicht werden, wenn der Mandant dies aus besonderen Gründen für erforderlich hält und bereit ist, ein gewisses wirtschaftliches Risiko in Kauf zu nehmen. Denn sollten in einem solchen Fall die Auskünfte der Träger der Altersversorgung wider Erwarten bereits nach 3 Monaten vorliegen und das Gericht unverzüglich mit einer Ladungsfrist von 3 Wochen Termin zur Scheidungsverhandlung anberaumen, sodass schon nach knapp 10 Monaten die mündliche Verhandlung stattfinden würde, dann würde der Scheidungsantrag zwar erstinstanzlich abgewiesen, doch kann die Sache dann noch durch ein Beschwerdeverfahren vor dem Oberlandesgericht gerettet werden. Denn gegen den den Scheidungsantrag abweisenden Beschluss des Amtsgerichts kann binnen eines Monats Beschwerde eingelegt werden, die binnen eines weiteren Monats begründet werden muss. Bis zum Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist sind dann bereits 12 Monate verstrichen. Bis die Gegenseite auf die Beschwerde erwidert und das Oberlandesgericht dann Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt hat, ist das Trennungsjahr auf jeden Fall abgelaufen.

Wenn das Trennungsjahr im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht abgelaufen ist, muss dann das Oberlandesgericht die Scheidung aussprechen, wobei die durch die Einreichung des Scheidungsantrags gesetzten Stichtage für Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich erhalten bleiben. Allerdings ist in einem solchen Fall damit zu rechnen, dass dem Antragsteller die durch den verfrühten Scheidungsantrag angefallenen Verfahrenskosten auferlegt werden.

Abzuraten ist von einer sehr frühzeitigen Antragstellung vor Ablauf Trennungsjahres dann, wenn der Antragsteller Verfahrenskostenhilfe für das Scheidungsverfahren beantragen will. In diesem Fall ist mit der Verweigerung der Verfahrenskostenhilfe zu rechnen, wenn der Verfahrenskostenhilfeantrag nicht kurz vor Ablauf des Trennungsjahres gestellt wird.

 

Wenn Sie - aus welchen Gründen auch immer - an einer sehr frühzeitigen Einreichung der Scheidungsantragsschrift bei Gericht interessiert sind, sollten Sie sich unbedingt anwaltlich beraten lassen, um zu klären, wann in Ihrem konkreten Einzelfall die Scheidung beantragt werden kann und wie hoch gegebenenfalls das wirtschaftliche Risiko für einen verfrühten Scheidungsantrag ist.