Ehesachen sind "Familiensachen" (§ 23a Abs. 1 Nr. 1 GVG), über diese entscheiden in erster Instanz immer die Amtsgerichte. Das "Familiengericht" ist nur die interne Bezeichnung innerhalb des Amtsgerichts, für die Abteilung, die für alles zuständig ist, was irgendwie mit Ehe oder Familie zu tun hat (§ 111 FamFG).
Welches Amtsgericht örtlich zuständig ist, also in welcher Stadt in Deutschland die Scheidung durchzuführen ist, ergibt sich meist aus § 122 FamFG. Dieser enthält eine Rangfolge von sieben Anknüpfungspunkten, es besteht anders als bei Art. 3 EuEheVO kein Wahlrecht, es muss also immer von oben nach unten geprüft werden.
Bei den ersten beiden Konstellationen ist zu fragen, bei welchem Ehegatten die gemeinsamen minderjährigen Kinder leben, entweder alle oder ein Teil von ihnen.
Dass auf den Aufenthaltsort der Kinder abgestellt wird, ist auf den ersten Blick überraschend, weil Kinder mit dem Scheidungsverfahren ihrer Eltern eigentlich nichts zu tun haben. Der Gesetzgeber hat aber auch an den Fall gedacht, dass sich während des Scheidungsverfahrens das Bedürfnis einer Regelung des Sorgerechts oder Umgangs ergibt, dann sollen nicht verschiedene Gerichte und Jugendämter zuständig sein, sondern das Gericht, bei dem das Scheidungsverfahren läuft.
Lebt ein Teil der minderjährigen Kinder beim anderen Ehegatten, so lässt sich die beabsichtigte Verfahrenskonzentration bei einem Gericht nicht erreichen, damit entfällt dann auch die besondere örtliche Zuständigkeit, die auf den Aufenthaltsort der Kinder abstellt. Wobei für die Fälle mit Auslandsbezug wiederum eine Ausnahme zu machen ist:
Lebt ein Ehegatte mit einem Teil der minderjährigen Kinder in Deutschland, und der andere Ehegatte mit den übrigen Kindern im Ausland, so bleibt es bei der Anwendbarkeit von § 122 Nr. 2 FamFG, anders ausgedrückt: es zählen nur die Kinder, die schon bei Einleitung des Scheidungsverfahrens in Deutschland leben.
An dritter Stelle findet sich z. B. der Fall, dass zumindest einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt in dem Gerichtsbezirk hat, in dem beide Ehegatten bis zur Trennung ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten. Es ist nicht erforderlich, dass dieser Ehegatte durchgehend dort geblieben ist, es reicht, dass er zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit, also bei Zustellung seines Scheidungsantrages an den anderen Ehegatten, wieder dort lebt. Erfasst wird aber auch der Fall, dass die Ehegatten früher in Deutschland lebten, danach z. B. in der Schweiz und sich dort trennten. Kehrt einer von ihnen in den früheren Gerichtsbezirk zurück, ist das dortige Amtsgericht zuständig.
Wenn keine der drei vorgenannten Konstellationen gegeben ist, ist auf der vierten Stufe zu prüfen, ob der Antragsgegner zum Zeitpunkt der Einleitung des Scheidungsverfahrens seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. Sollte das der Fall sein, wäre der Scheidungsantrag an seinem aktuellen Wohnort einzureichen.
Sollte der Antragsgegner im Ausland leben, und der Antragsteller weiterhin oder erneut in Deutschland, so ist dessen Wohnort entscheidend.
Von dieser fünften Variante werden auch die Fälle erfasst, bei denen unbekannt ist, wo der Antragsgegner lebt, sei es in Deutschland oder im Ausland.
Die sechste Konstellation betrifft den Sonderfall, dass ein Ehegatte bei der Eheschließung das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte.
Die siebte und letzte Variante hat in Scheidungsverfahren mit Auslandsbezug größere Relevanz: Sollten beide Ehegatten im Ausland leben und einer von ihnen in Deutschland die Scheidung einreichen wollen, so kann er das tun, wenn beide zumindest auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen (Art. 3 lit. b EuEheVO). In diesem Fall kommt es nicht auf einen früheren Wohnsitz in Deutschland an, örtlich zuständig ist stets das Amtsgericht Schöneberg in Berlin.
Wenn ein Gericht zu Beginn des Scheidungsverfahrens zuständig war, bleibt es dabei, auch wenn sich der gewöhnliche Aufenthaltsort der Ehegatten ändert, sie z. B. in eine andere Stadt oder ins Ausland ziehen. Gleiches gilt, wenn ihre Kinder zum anderen Elternteil wechseln (perpetuatio fori, § 2 Abs. 2 FamFG).
Rechtsanwalt Lars Finke, LL.M., Fachanwalt für Familienrecht - anwaltfinke.de