Wussow - Informationen zum Versicherungs- und Haftpflichtrecht (Bsp. eines Beitrags aus dem Bereich der Elementarschadenversicherung)

Schaden, Versicherung und Haftpflicht
01.03.20101290 Mal gelesen
Zum Begriff der Überschwemmung in der Elementarschadenversicherung (§ 3 BEW)
Grundlagen 

Eine versicherte Überschwemmung des Versicherungsgrundstücks in der erweiterten Elementarschadenversicherung liegt gemäß § 3 Abs. 1 BEW regelmäßig dann vor, wenn eine Überflutung des Grund und Bodens, auf dem das versicherte Gebäude steht (Versicherungsgrundstück) durch Ausuferung von oberirdischen (stehenden und fließenden) Gewässern oder Witterungsniederschlägen stattfindet. Voraussetzung für eine derartige Überflutung ist, daß Wasser über die Oberfläche hinaustritt und nicht mehr "erdgebunden" ist. Eine bloße Anreicherung des Erdbodens mit Wasser bis zur Sättigungsgrenze reicht nicht aus. Ebenso wenig genügt ein bloßes Auftreffen des Wassers auf den Boden, wenn dieses anschließend sofort versickert oder abfließt. Unerheblich ist jedoch die Höhe der Überflutung oder ob das über die Oberfläche hinausgetretene Wasser steht oder in Bewegung ist. Wesentlich für die Entschädigungspflicht des Versicherers ist, daß der Schaden durch die Überflutung eingetreten ist (BGH, VersR 2005, 828; OLG Celle, VersR 1979, 178; OLG Karlsruhe, Urteil vom 05.07.2001, 19 U 19/01; OLG Hamm, VersR 1992, 1506; 2006, 544 L; LG Berlin, VersR 2005, 403; vgl. Wussow, R., VersR 2008, 1292).

  Aktuelles 

Zum Begriff sowie den Anforderungen an den Nachweis einer Überschwemmung in der erweiterten Elementarschadenversicherung liegen Entscheidungen des AG Heinsberg, des AG Kiel sowie des AG Rendsburg vor:

 

a) Urteil des AG Heinsberg vom 22.01.2007 (r s 2009, 25)

 

Das Gericht sieht es hier bereits als fraglich an, ob eine Überflutung eines Teils des Grundstücks, nämlich der Hoffläche und der Einfahrt, was dazu geführt haben soll, daß zwei in der Nähe der Einfahrt gelegene Kellerlichtschächte voll Wasser gelaufen seien, als eine "Überschwemmung" angesehen werden kann (vgl. hierzu auch LG Kempten, r s 2009, 71). Jedenfalls habe der VN eine Schadenursächlichkeit des durch die Kellerschächte in das Gebäude eingetretenen Regenwassers für 2 Jahre später im Kellerraum aufgetretene Feuchtigkeitsschäden nicht bewiesen. Diese Schäden hätten auch durch aufsteigendes Grundwasser, falsche Isolierung oder Risse in der Außenwand des Gebäudes bzw. durch ein falsches Heizungs- oder Lüftungsverhalten des VN verursacht worden sein können. Legt der VN nicht dar, daß diese anderen möglichen Schadenursachen ausscheiden und vielmehr allein der Wassereintritt über die Kellerschächte schadenursächlich gewesen sein soll, gehe dies zu seinen Lasten, da er für das Vorliegen eines Versicherungsfalles darlegungs- und beweispflichtig sei.

  

b) AG Kiel, Urteil vom 07.06.2007 (r s 2009, 22)

 

Eine "Überschwemmung" des Versicherungsgrundstücks liege nicht vor, wenn sich Regenwasser im Kellerniedergang ansammelt. Eine Überschwemmung werde zwar auch dann angenommen, wenn Wasser in erheblichem Umfang meist mit schädlichen Wirkungen nicht auf normalem Wege abfließt, sondern auf sonst nicht in Anspruch genommenes Gelände in Erscheinung tritt und dieses überflutet (BGH, VersR 2006, 966). Die Ansammlung des Wassers im Kellerniedergang stelle jedoch keine Ansammlung von erheblichen Wassermengen auf der Geländeoberfläche dar. Hierfür sei Voraussetzung, daß sich das Regenwasser ? wenn auch nicht auf der gesamten Geländeoberfläche ? aber sich doch auf einem erheblichen Teil ansammelt. Auch das vom VN angegebene Ansammeln von Wasser auf dem Grundstück bis zur Höhe der Rasennarbe sowie ein behauptetes Ansammeln des Regenwassers auf der 40 qm großen Terrasse stelle keine Ansammlung von erheblichen Wassermengen auf der Geländeoberfläche des Grundstücks dar.

 

Zur Ansammlung des Wassers auf der oberhalb des übrigen Grundstücks gelegenen Terrasse führt das Gericht aus, es sei bereits fraglich, ob hier die Geländeoberfläche des Versicherungsgrundstücks betroffen sei. Diese Frage ist m. E. dahingehend zu beantworten, daß eine alleinige Überflutung von Gebäudeteilen, mögen sie plan mit der Geländeoberfläche abschließen oder unter? bzw. oberhalb der Geländeoberfläche liegen, nicht als Überschwemmung des Versicherungsgrundstücks angesehen werden können (vgl. Wussow, R., VersR 2008, 1292, 1295: Fallkonstellation d.). Das LG Kiel hat sich in einem Hinweisbeschluß (r s 2009, 23) der Ansicht des AG Kiel angeschlossen und ebenfalls keine Überschwemmung des Versicherungsgrundstücks angenommen.

  

c) AG Rendsburg, Urteil vom 08.11.2007 (r s 2009, 24):

 

Eine Überflutung von Grund und Boden im Sinne einer Überschwemmung sei dann anzunehmen, wenn sich erhebliche Wassermengen auf der Geländeoberflächeansammeln (vgl. BGH, VersR 2005, 828). Der Vortrag des VN, es hätten sich zu einem bestimmten Zeitpunkt erhebliche Niederschläge am Grundstück eingestellt und ca. 2 Wochen später sei im Estrichbereich des Gebäudes ein Wasserschaden erkennbar gewesen, reiche für einen substantiierten Vortrag zum Vorliegen einer "Überschwemmung" im Sinne der vereinbarten Versicherungsbedingungen nicht aus. Das LG Kiel (r s 2009, 25) hat sich dieser Ansicht des AG Rendsburg angeschlossen und darüber hinaus darauf hingewiesen, der Vortrag in der Berufungsbegründung, es habe eine "übermäßige Sättigung des Grund und Bodens am Haus des VN" vorgelegen, genüge nicht den Anforderungen an eine "Überflutung". Auch eine vorgetragene matschigeRasen- und Bepflanzungsfläche, welche nur mit Gummistiefeln habe betreten werden können, reiche als Voraussetzung für das Vorliegen einer "Überflutung" nicht aus.