Schmerzensgeld für Querschnittslähmung infolge Polizeimaßnahme

Schaden, Versicherung und Haftpflicht
05.02.20101617 Mal gelesen
Ein betrunkener Mann wurde von Polizeibeamten im Rahmen einer Festnahmehandlung zu Boden gebracht und im Bereich der Halswirbelsäule schwerst verletzt. Dies führte zu einer Querschnittslähmung.

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 27.05.2009, Az.: 11 U 175/07 

 
Das OLG hatte einen unglücklichen Fall zu entscheiden.
 
Der Geschädigte war am fraglichen Abend erheblich angetrunken und in einer Gaststätte negativ aufgefallen. Er wurde sodann zum Verlassen der Gaststätte aufgefordert, kam dem aber nicht nach. Die sodann herbei gerufenen Polizeibeamten konnten den Geschädigten jedoch auch nicht zum Verlassen der Gaststätte bewegen.
 
Die Polizisten "beförderten" den Geschädigten sodann aus dem Lokal hinaus. Dort kam es zu weiteren Beschimpfungen der Beamten. Es kam schließlich zu einem Handgemenge bei dem der Kläger versuchte, sich von den Polizisten zu lösen. Dabei schlug er um sich und beschimpfte die Polizisten.
 
Um den Widerstand des Klägers endgültig zu brechen, versuchten die Polizisten ihm Handfesseln anzulegen. Dabei wurde der Kläger zu Boden gebracht und dadurch fixiert, dass sich ein Beamter auf den Rücken- bzw. Halsbereich des Klägers kniete.
 
Die anschließende Unfähigkeit, seine Beine zu bewegen, führten die Polizeibeamten auf die grundsätzliche Unwilligkeit des Klägers zurück.
 
Im Rahmen dieser gewaltsamen Festnahme - davon war das Gericht überzeugt - erlitt der Kläger schwerwiegende Verletzungen im Halsbereich (Luxation des 5. Halswirbelkörpers gegenüber dem 6. Halswirbelkörper). Die Luxation im Halswirbelbereich erforderte eine sehr hohe Gewalteinwirkung. Diese sei mit der Belastung der Halswirbelsäule bei einem Verkehrsunfall mit einer Kollisionsgeschwindigkeit von 80 km/h zu vergleichen, so stellte der Sachverständige fest.
 
Das OLG Hamm ging bei seiner Entscheidung davon aus, dass die Polizisten im Rahmen der Anwendung des unmittelbaren Zwangs den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzten. Zwar waren die Beamten in der konkreten Situation berechtigt, körperliche Gewalt mit dem Ziel, die Gegenwehr des Betroffenen zu brechen, einzusetzen, jedoch wurde die Grenze des Erforderlichen überschritten. Die Polizisten konnten auch erkennen, dass diese Intensität der Gewaltanwendung zu hoch war, weshalb am fahrlässigen Verschulden der Polizeibeamten kein Zweifel besteht.
 
Der Kläger muss sich jedoch infolge seines renitenten und provokanten Verhaltens ein hälftiges Mitverschulden anrechnen lassen. Das Gericht sah es deshalb als angemessen an, das beklagte Land zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 100.000,- EUR zu verurteilen.
 
 
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