Eltern haften für Ihre Kinder?

Schaden, Versicherung und Haftpflicht
26.06.2013375 Mal gelesen
Der oft gelesene Satz „Eltern haften für ihre Kinder“ gehört zu den vielen Rechtsirrtümern, impliziert er doch, daß dies ausnahmslos gilt.

Ist das Kind nicht deliktsfähig und liegt kein Verstoß gegen die Aufsichtspflicht der Eltern vor, scheidet eine Haftung aus.

Eltern müssen ihr Kind so betreuen, daß andere keinen Schaden erleiden. Dies umfaßt die Beaufsichtigung zur Abwendung von Schäden zum Schutz des Kindes und Dritter. Aufsichtspflichtige dürfen auch den Umgang mit Dritten bestimmen.

Die Aufsichtspflicht ist die Verpflichtung einer Person zur Überwachung der Handlungen einer anderen Person. Die Verpflichtung kann sich aus Vertrag (Übertragung der Aufsichtspflicht auf den Kindergarten u.a.) oder Gesetz ergeben (Minderjährige Kinder, volljährige Behinderte, Mündel, Pflegekind, minderjährige Auszubildene, minderjährige Schüler u.a.).

Der konkrete Umfang der Aufsichtspflicht bestimmt sich nach Alter des Kindes, dessen geistiger Verfassung, Einsichtsfähigkeit, Entwicklungsstand, Charakter und der konkreten Situation.

Trotzdem muß die Aufsichtspflicht abhängig von den genannten Kriterien keine Rund-um-die Uhr-Überwachung sein. Das LG Potsdam (AZ. 13 S 20/02) entschied am 22.07.2002, daß die Eltern das Kind nicht zu jeder Tages und Nachzeit überwachen müssen.

Der BGH (I ZR 74/12) entschied am 15.01.2012, daß Eltern auch nicht automatisch für illegale Downloads aus dem Internet haften. Das Gericht führt im Leitsatz aus: "Eltern genügen ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes 13-jähriges Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihm eine Teilnahme daran verbieten. Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internets durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, besteht grundsätzlich nicht. Zu derartigen Maßnahmen sind Eltern erst verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte dafür haben, daß das Kind dem Verbot zuwiderhandelt."

Kinder unter 7 Jahren sind grundsätzlich nicht deliktsfähig. Aber auch hier ist auf den Einzelfall abzustellen (siehe obige Kriterien). Im Straßenverkehr ist ein Kind erst haftbar zu machen, wenn es das 10. Lebensjahr vollendet hat. Vor allem im Straßenverkehr werden an die Aufsichtspflicht der Eltern hohe Anforderungen gestellt. Die korrekte Beaufsichtigung von Kindern im Straßenverkehr wird nicht schon dadurch erreicht, daß die Eltern das Kind auf die Gefahren hinweisen und vorbereiten. Das gilt vor allem für Kinder im Vorschulalter, da diese zu spontanem Verhalten neigen. Für die Verantwortlichkeit eines Kindes über 10 Jahren im Straßenverkehr kommt es darauf an, wie regelmäßig es daran teilnimmt.

Schäden die ein Kind anrichtet, übernimmt in der Regel die private Haftpflichtversicherung der Eltern - wenn die Voraussetzungen der Haftung vorliegen. Daher sollte eine Versicherung abgeschlossen werden, die auch deliktsunfähige Personen mitversichert.

Rechtsanwalt Holger Hesterberg

Bundesweite Tätigkeit. Mitgliedschaft im DAV.

Mail:kanzlei@anwalthesterberg.de