Das Recht zur Inanspruchnahme einer Diensterfindung gehört nicht zur Insolvenzmasse

Das Recht zur Inanspruchnahme einer Diensterfindung gehört nicht zur Insolvenzmasse
30.08.2013353 Mal gelesen
Das Recht zur Inanspruchnahme einer Diensterfindung ist ein Recht eigener Art. Es handelt sich dabei, so das Oberlandesgericht Karlsruhe, um ein höchstpersönliches Recht des Arbeitgebers, das als solches nicht übertragbar, verpfändbar oder pfändbar ist, und damit nicht in die Insolvenzmasse fällt.

Am 30. Juni 2010 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet. Die einzige Gesellschafterin der Schuldnerin hat ihren Sitz in Österreich. Ein Herr Y ist sowohl Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin, wie auch Geschäftsführer der alleinigen Gesellschafterin der Insolvenzschuldnerin. Dieser hat, für beide handelnd, am 21. Juni 2006 eine Vereinbarung geschlossen, nach der alle Patente und Patentanmeldungen Eigentum der österreichischen Muttergesellschaft seien.

Der Insolvenzverwalter begehrt von der österreichischen Muttergesellschaft der Insolvenzschuldnerin im Wege der Insolvenzanfechtung die Übertragung zweier österreichischer Patente und zweier europäischer Patentanmeldungen. Die Patente betreffen eine Kreissägemaschine. Die zugrundeliegenden Entwicklungen erfolgten im Unternehmen der Schuldnerin, die eine Formatkreissäge mit schwenkbarem Sägeblatt unter der Bezeichnung XXX vertreibt. Die Erfindungen wurden von der österreichischen Muttergesellschaft zum Patent anmeldet, Inhaberin der Patente wurde die österreichische Muttergesellschaft.

Die Erfindungen stammten ausschließlich von Herrn W, der seinerzeit Arbeitnehmer der Schuldnerin war.

Der Insolvenzverwalter hat geltend gemacht, die österreichische Muttergesellschaft der Insolvenzschuldnerin habe die Patente und Patentanmeldungen unentgeltlich erlangt. Die Übertragung der Rechte sei somit nach der Insolvenzordnung anfechtbar.

Die österreichische Muttergesellschaft meint, es möge richtig sein, dass Herr W der Erfinder gewesen sei. Für die Zuordnung der Schutzrechte sei das jedoch ohne Belang. Die maßgebliche technische und finanzielle Unterstützung für die Entwicklungen sei von ihr gekommen.

 

Der Insolvenzverwalter verklagt die österreichische Muttergesellschaft auf Herausgabe der Patente und Patentanmeldungen.

Weder vor dem Landgericht, noch vor dem Oberlandesgericht hatte seine Klage Erfolg.

Die Frage, ob ein Anspruch auf Rückgewähr wegen Insolvenzanfechtung besteht, richte sich nach deutschem Insolvenzrecht.

Ein Rückgewähranspruch nach den Regeln über die Insolvenzanfechtung setzt voraus, dass das Vermögen der Schuldnerin durch ein anfechtbares Verhalten, sei es ein Handeln oder ein Unterlassen, vermindert worden ist. Eine solche Beeinträchtigung des Vermögens der Schuldnerin habe indes nicht stattgefunden.

Die Diensterfindung eines Arbeitnehmers werde erst dadurch Bestandteil des Vermögens des Arbeitgebers, dass er sie nach dem Arbeitnehmererfindungsgesetz in Anspruch nehme. Erst mit Zugang der Erklärung der Inanspruchnahme der Diensterfindung gehen alle Rechte an der Diensterfindung nach dem Arbeitnehmererfindungsgesetz auf den Arbeitgeber über.

Die Erfindungen von Herrn W sind von der österreichischen Muttergesellschaft zum Patent angemeldet worden. Ihr lagen also die für eine Schutzrechtsanmeldung erforderlichen Informationen vor. Dies rechtfertigt aber noch nicht den Schluss, dass die Rechte an der Erfindung ohne Inanspruchnahme bereits zum Vermögen des Schuldners rechnen. Das Recht zur Inanspruchnahme der Diensterfindung ist ein Recht eigener Art. Es handelt sich dabei um ein höchstpersönliches Recht des Arbeitgebers, das als solches nicht übertragbar, verpfändbar oder pfändbar ist und damit nicht in die Insolvenzmasse fällt.

Die Schuldnerin habe die Diensterfindungen von Herrn W nicht in Anspruch genommen. Die Inanspruchnahme einer Diensterfindung erfolgt nach dem Arbeitnehmererfindungsgesetz durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Arbeitnehmer. Diese sei nicht erfolgt.

Die Patente gehörten somit niemals zum Vermögen der Insolvenzschuldnerin, daher konnte das Vermögen der Schuldnerin insoweit auch nicht beeinträchtigt worden sein.

 

(Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 26.09.2012; 6 U 126/11

Vorinstanz: Landgericht Mannheim; Urteil vom 07.10.2011; 7 O 203/10)

  

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