Die Kündigung von Wohnraum wegen Verwertung

Miete und Wohnungseigentum
18.08.2015460 Mal gelesen
Voraussetzungen und Fallstricke bei der Kündigung von Wohnraum wegen besserer Verwertungsmöglichkeiten des Grundstücks (§ 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB).

Wer ein Grundstück mit Mietwohnungen besitzt, steht manchmal vor der Frage, wie er das Grundstück so nutzen kann, dass er den größten wirtschaftlichen Erfolg aus dem Gebäude ziehen kann.

 

Das kann insbesondere dann schwierig sein, wenn Mietverhältnisse mit alten Verträgen bestehen, welche beispielsweise Pauschalmieten, veraltete und inzwischen unwirksame Vertragsklauseln enthalten.

 

Das Gesetz kennt verschiedene Möglichkeiten der einseitigen Beendigung von Mietverhältnissen durch Vermieter. So kann er kündigen, wenn sich der Mieter nicht vertragstreu verhält, oder aber wenn Eigenbedarf besteht. Er kann aber auch kündigen, wenn das Mietverhältnis einer angemessenen Verwertung des Mietobjekts entgegensteht (Verwertungskündigung), § 573 Absatz 2 Nr. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

 

Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat (§ 573 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde; die Möglichkeit, durch eine anderweitige Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, bleibt außer Betracht; der Vermieter kann sich auch nicht darauf berufen, dass er die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will (§ 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB).

 

Verfassungsrechtliche Vorgaben

Dabei sind insbesondere die verfassungsrechtlichen Vorgaben zu beachten (vgl. BVerfGE 79, 283 ff.; 84, 382 ff.; 89, 1 ff.; BGHZ 179, 289 ff):

 

"Bei der überragenden Bedeutung der Wohnung als Lebensmittelpunkt des menschlichen Daseins gebietet die Sozialstaatsverpflichtung des Grundgesetzes (Artikel 20), den vertragstreuen Mieter vor willkürlichen Kündigungen und damit dem Verlust seiner Wohnung zu schützen. Dieser Kündigungsschutz ist unabhängig davon erforderlich, ob die Lage auf dem Wohnungsmarkt als ausgeglichen angesehen wird. Jeder Wohnungswechsel bringt für den Mieter regelmäßig nicht unbeträchtliche Kosten und andere meist erhebliche Unzuträglichkeiten mit sich. Eine Belastung des vertragstreuen Mieters mit solchen Kosten und Unzuträglichkeiten ist bei der Bedeutung der Wohnung in einem sozialen Rechtsstaat nur gerechtfertigt, wenn der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Kündigung hat (BT-Drucks. 7/2011 S.7)."

 

Das vorangestellte Zitat entspricht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesgerichtshof sowie dem erklärten Willen des Gesetzgebers, wie er in der Bundestags-Drucksache 7/2011 zum Ausdruck gekommen ist.

 

Dabei ist darauf zu achten, dass das "berechtigte Interesse" des Vermieters an der Kündigung im Kündigungsschreiben dargestellt werden muss. Bei der Darstellung handelt es sich um eine formelle Zulässigkeitsvoraussetzung der Kündigung. Fehlt Sie, ist die Kündigung an sich unzulässig.

Die Frage, ob die zulässige Kündigung gerechtfertigt ist, ist nach auf der Grundlage des Kündigungsschreibens, sondern - sofern der Kündigung widersprochen wird - auf Grund einer umfassenden Prüfung im Rahmen einer Räumungsklage festzustellen (vgl. BVerfGE 84, 382 ff.).

 

Voraussetzungen für eine Verwertungskündigung

Die Prüfung der Voraussetzungen einer Verwertungskündigung erfolgt dann in vier Schritten:

 

- Absicht des Vermieters das Grundstück anderweitig zu verwerten;

- die beabsichtigte Verwertung ist angemessen;

- die Hinderung der Verwertung durch den Bestand des Mietverhältnisses;

- die Hinderung der Verwertung führt für den Vermieter zu erheblichen Nachteilen.

 

Bei der Anwendung der einzelnen Voraussetzungen sind Bewertungen und Abwägungen für den Vermieter einerseits und den Mieter andererseits vorzunehmen.

Für den Vermieter müssen deshalb die Eigentumsgarantie aus Artikel 14 Grundgesetz, das Erlangungsinteresse, die konkreten Verwertungsabsichten und die behaupteten Nachteile, für den Mieter dessen Bestandsinteresse, anfallende Kosten eines Umzugs sowie die daraus entstehenden Unzuträglichkeiten beachtet und gegeneinander abgewogen werden.

 

Will der Vermieter beispielsweise das Gebäude abreißen und das Grundstück verkaufen, dann ist die Frage der wirtschaftlichen Verwertung zu diskutieren.

 

Denn nach der Rechtsprechung stellt der reine Abriss eines Gebäudes ohne anschließende Neuerrichtung keine wirtschaftliche Verwertung im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB dar (BGH WuM 2004, 277).

Unter wirtschaftlicher Verwertung des Grundstücks wird im Allgemeinen verstanden:


- die Sanierung,

- der Umbau,

- der Abbruch mit anschließender Neuerrichtung,

- der Verkauf und die Nutzungsänderung, insbesondere durch künftige Vermietung zu gewerblichen Zwecken.

 

Diese Punkte gilt es für den Vermieter in der Kündigung detailliert zu beschreiben. Der Mieter dagegen muss prüfen, ob mit der Darstellung die Voraussetzungen eines berechtigten Interesses in sich schlüssig dargelegt worden ist. Die konkrete Prüfung findet erst im Rahmen eines Gerichtsprozesses statt.

 

Für den Vermieter ist zu beachten, dass er die dem Mieter entstehenden Nachteile, die bei der Prüfung sich als Abwägungsvorteile des Mieters darstellen (Kosten und Unzuträglichkeiten, siehe oben), durch ein Angebot einer finanziellen Entschädigung ggf. ausgeglichen werden können.

 

Wenn Sie Fragen zu einer konkreten Kündigung haben, oder wenn Sie eine solche Kündigung aussprechen wollen, dann rufen Sie uns an!

 

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