Rechtsirrtümer unter Mietern

Miete und Wohnungseigentum
13.02.20111004 Mal gelesen
Auch unter Mietern sind oft Rechtsmeinungen zu finden, die nicht der juristischen Wirklichkeit entsprechen. Nachfolgend sollen zwei dieser Rechtsirrtümer erläutert und aufgeklärt werden.

Ich hatte hier bereits über die unter Vermietern verbreiteten Rechtsirrtümer berichtet.  Allerdings erweckt der Beitrag natürlich den Eindruck, dass der "böse Vermieter" mit seinen irrigen Rechtsansichten den "armen Mieter" unterdrückt. Tatsächlich stehen die Mieter den Vermietern hinsichtlich der Anwendung von Rechtsirrtümern in nichts nach. Nachfolgend die beliebtesten Rechtsirrtümer unter Mietern:

1. "Kaution abwohnen"

Ist das Mietverhältnis gekündigt, gehen viele Mieter dazu über, die letzten 2 1/2 Monate keine Miete mehr zu zahlen. Die netten Mieter schreiben dazu noch den Vermieter an und verkünden, dass Sie nun die Mietzahlungen einstellen, der Mietzahlungsanspruch sei mit der Kaution zu verrechnen. Entgegen der damit verbundenen Ansicht des Mieters, dass der Vermieter die "Aufrechnung" akzeptieren müsste, ist der Vermieter jedoch nicht dazu verpflichtet. Der Vermieter hat vielmehr ein Wahlrecht:

  • Der Vermieter kann entweder dem "Aufrechnungsverlangen" folgen und die Kaution mit den Mietforderungen aufrechnen. Allerdings hat der Vermieter trotzdem einen Kautionsauffüllungsanspruch gegen den Mieter. Das bedeutet, dass der Vermieter auch nach dem Ende des Mietverhältnisses den Mieter auf Zahlung (=Auffüllung) der Kaution verklagen kann (siehe etwa OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.1.2000 AZ: 10 U 182/98 in NZM 2001, 380-382). Allerdings ist dies die schlechtere Alternative für den Vermieter, da der Kautionsauffüllungsanspruch indirekt auch der Verjährung nach § 548 BGB unterliegt. Denn die Kaution dient der Absichernug der Ansprüche des Vermieters. Und diese sind hinsichtlich der Schadensersatz- und Schönheitsreparaturansprüche nach 6 Monaten verjährt.
  • Die clevere Alternative für den Vermieter ist daher, keine Aufrechnung mit der Kaution vorzunehmen, da er dazu nicht verpflichtet ist. Die Kaution ist nach einhelliger Rechtsprechung (eine Norm hierzu gibt es nicht) erst 6 Monate nach  Übergabe der Mietsache zur Auszahlung an den Mieter fällig. Erst bei Vorliegen dieser Fälligkeit kann der Mieter aufrechnen, vorher ist dies nicht möglich. Die fehlenden Mieten kann der Vermieter dann relativ einfach und schnell im Wege des Mahnverfahrens, etwa des Urkundsmahnverfahrens, oder des Urkundsverfahren beitreiben. Der Mieter kann einem solchen Verfahren relativ wenig entgegensetzen, ein aufrechenbarer Anspruch besteht nicht (siehe oben), die Miete ist üblicherweise zum 3 Werktag des Monats fällig, so dass der Mieter hier schnell einen Titel gegen den Mieter erreichen kann  und die Kaution weiterhin zur Sicherung anderer Ansprüche dienen kann.

Daher muss kein Vermieter das Abwohnen der Kaution hinnehmen, der Mieter hingegen riskiert bei einem solchen Vorgehen  erhebliche Prozeßkosten.

2. Mietminderung auf  100%

Oftmals wird seitens der Mieter auch bei Vorliegen eines kleinen Mangels eine Mietminderung von 100% vorgenommen. Dabei ist eine Mietminderung über die gesamte Miete nur dann zulässig, wenn es dem Mieter unzumutbar ist, die Mietwohnung weiter zu nutzen. Ein solcher Fall liegt etwa vor, wenn im Winter die Heizung nicht funktioniert oder keinerlei Wasserversorgung gewährleistet ist.

Schimmel in einem Zimmer, Lärmbelästigung oder zugige Fenster sind nicht geeignet eine Minderung von 100% zu rechtfertigen. Hilfsanker für den Mieter ist in solchen Fällen das Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB. Danach kann der Mieter bis zur Behebung des Mangels seine Leistung zurückhalten. Allerdings ist auch dieses Zurückbehaltungsrecht nicht immer ausreichend, um die Nichtzahlung der Miete zu rechtfertigen. Einerseits muss das Zurückbehaltungsrecht vorher angekündigt werden, andererseits gehen viele Instanzgerichte davon aus, dass nur das 3-fache der angemessenen Mietminderung zurückbehalten werden kann. Ist also für ein Schimmelschaden 10% als Minderung angemessen, kann nur maximal ein Betrag von 30% über diese Minderung hinaus zurückgehalten werden. Damit ist der Mieter zur Zahlung von 60% der Miete verpflichtet.

Eine pauschale Mietminderung auf 100% ist also in den meisten Fällen unbegründet.