Anfechtung sittenwidriger Bürgschaften, Ehegattenbürgschaften, gemeinschaftliche Darlehen

Kredit und Bankgeschäfte
04.08.2010 3167 Mal gelesen

Für die Bürgen oder Darlehensnehmer und deren Familienmitglieder eröffnen sich mit einer Anfechtung von Bürgschaften und Kreditverträgen häufig völlig neue Perspektiven. Beauftragen Sie uns, Ihren Fall zu überprüfen.

Falls Sie beratungshilfeberechtigt sind, legen Sie uns einen Beratungsschein Ihres Amtsgerichtes Ihren Unterlagen bei. Sie können uns auch mit einer ersten Online-Auskunft beauftragen.Wir sind an allen Land-, und Oberlandesgerichten in Deutschland zugelassen.

 

Anhaltspunkte für das Vorliegen einer sittenwidrigen Bürgschaft

1. krasse Überforderung

Eine krasse Überforderung liegt vor, wenn die durch den Bürgen übernommene Verbindlichkeit so hoch ist, dass bereits bei Vertragsschluß zu erwarten ist, dass der Bürge die Forderung des Gläubigers ? sollte sich das Bürgschaftsrisiko verwirklichen ? nicht wenigstens zu wesentlichen Teilen wird tilgen können. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Bürgen, sind nur dessen Vermögensverhältnisse zu berücksichtigen, nicht auch die des Hauptschuldners oder sonstiger, dem Bürgen nahestehender Personen. So ist bei nicht ganz geringfügigen Hauptschulden von einer krassen Überforderung des Bürgen auszugehen, wenn dieser voraussichtlich nicht einmal die laufenden Zinsen auf die Hauptschuld wird leisten können.

2. wirtschaftliche Verhältnisse des Bürgen

Bei dem Abschluß von Bürgschaftsverträgen, welche in der größten Zahl aller Fälle mit Kreditinstituten als Gläubiger abgeschlossen werden, sind diese verpflichtet, sich nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Bürgen umfassend zu erkundigen. Tun sie dieses nicht, handelt das Kreditinstitut zumindest grob fahrlässig und muß sich so behandeln lassen, als wisse sie von der finanziellen Überforderung des Bürgen.

3. Aufklärung

Weiterhin sind die Kreditinstitute und Darlehensgeber verpflichtet, den zukünftigen Bürgen vor Vertragsschluß eingehend über die Risiken einer Bürgschaft zu unterrichten. Diese Pflicht wird auch nicht dadurch eingeschränkt, dass eine Bürgschaftserklärung der Schriftform bedarf. Hierdurch soll der zukünftige Bürge zwar angehalten werden, seinen Schritt, eine Bürgschaft zu übernehmen, noch einmal genau zu überdenken; ohne die erforderliche umfassende Aufklärung durch das Kreditinstitut kann der geschäftsunkundige Bürge jedoch nicht das volle Ausmaß des von ihm zu übernehmenden Risikos überblicken.

4. seelische Zwangslage

Nicht ausreichend ist demzufolge, dass der Bürge zu Hause von einer der o.g. Personen mit dem Ansinnen überrascht wird, er solle eine Mithaftung für die Schulden übernehmen. Dadurch wird der Bürge aufgrund seiner emotionalen Verbundenheit mit dem Hauptschuldner in eine seelische Zwangslage gebracht. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn z.B. ein Ehegatte durch den Appell an die eheliche Liebe und Hilfsbereitschaft bewegt wird, eine die Befriedigungsaussichten des Kreditinstitutes kaum erhöhende, für den Ehegatten aber möglicherweise ruinöse Mitverpflichtung zu übernehmen. Auch geschäftsgewandte Personen können aus emotionaler Verbundenheit zu einem Lebenspartner Verbindlichkeiten eingehen, die sie krass überfordern.

5. wirtschaftliches Eigeninteresse

Dass zum Beispiel ein Ehegatte aus emotionaler Verbundenheit handelt, wird in der Regel vermutet. Hinzukommen muß jedoch, das der Bürge kein wirtschaftliches Eigeninteresse am Abschluß des Kreditvertrages hatte. Gegen ein wirtschaftliches Eigeninteresse spricht, dass der Bürge nicht als Mitdarlehnsnehmer in den Kreditverträgen aufgeführt wurde. Ein wirtschaftliches Eigeninteresse des Bürgen folgt auch nicht schon daraus, dass der Bürge monatliche Einkünfte aus der Firma des Hauptschuldners erwartet. Insoweit handelt es sich nur um ein mittelbares Interesse. Diese Zahlungen dienen nämlich nur dazu, den persönlichen Einsatz des Bürgen in der Firma des Hauptschuldners abzugelten und begründen gerade keinen Gegenwert für die übernommene Bürgschaft.

6. Formalisierung der Unterschrift

Wird die Entscheidung eines Ehegatten dadurch beeinflußt, dass erklärt wird, seine Unterschrift sei eine bloße Formalität oder wird die Tragweite der Unterschriftsleistung in anderer Weise verharmlost und der Blick auf die Gefahren der Mitverpflichtung getrübt, so ist dies ein weiteres Indiz für die Sittenwidrigkeit der Bürgschaft. So wurde mitunter erklärt, dass die Ehegattenhaftung stets üblich und unabhängig von einer finanziellen Leistungsfähigkeit des Bürgen sei. In diesem Falle macht sich der zukünftige Bürge keinerlei Gedanken über die Tragweite seines Vertragsabschlusses, so dass auch die Schriftform des Bürgschaftsvertrages nicht mehr ihrer Warnfunktion gerecht werden kann.

7. Vermögensverlagerung

Eine Bürgschaft, die im Hinblick auf den Schutz des Gläubigers vor Vermögensverlagerung trotz finanzieller Überforderung des Bürgen abverlangt wird, ist nicht gerechtfertigt. Hierdurch würde dieser Gläubiger besser gestellt werden, als andere Gläubiger. Alle anderen Gläubiger müssen sich in diesem Fall auf die allgemeinen Vorschriften verweisen lassen. Darüber hinaus sichert sich der Gläubiger durch den Abschluß eines Bürgschaftsvertrages auch übermäßig. Während die anderen Gläubiger, bei Anwendung der allgemeinen Vorschriften, nur auf das Vermögen zurückgreifen können, dass derjenige, auf den das Vermögen des Hauptschuldners verlagert wurde vom Hauptschuldner erhalten hat, haftet der Bürge gegenüber dem Gläubiger auch mit seinem übrigen eigenen Vermögen.

8. Erbschaft

Eine Bürgschaft, die im Hinblick auf eine erwartete Erbschaft abgeschlossen wird, ist dann nichtig, wenn ein solcher Fall nicht gegeben ist. Die bloße Möglichkeit einer Erbschaft begründet lediglich eine Erwartung, die rechtlich nicht gesichert ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn in dem Bürgschaftsvertrag die Erklärung enthalten ist, dass ein solcher Fall gegeben sei und der Name des Erblassers angegeben worden ist. Darüber hinaus muß in dem Bürgschaftsvertrag verankert sein, dass der Gläubiger erst gegen den Bürgen vorgehen kann, wenn der Erbfall eingetreten ist. Darüber hinaus ist es günstig, die Haftung des Bürgen auf die Erbmasse zu beschränken.