OLG München: Banken dürfen zum Boykott von Abofallen-Betreibern aufgerufen werden

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17.12.2012282 Mal gelesen
Die Abofallen-Industrie zockt gerne Verbraucher ab. Doch Verbraucherschützern haben jetzt ein Grundsatzurteil erstritten, das dieses Vorhaben erschwert. Laut Oberlandesgericht München kann Anbietern von Abofallen dadurch das Handwerk gelegt werden, dass die Banken zur Kündigung ihrer Konten aufgerufen werden.

Vorliegend rief die Verbraucherzentrale Hamburg auf ihrer Webseite zum Boykott von Abofallen-Betreibern auf. Sie verwendete dazu den folgenden Text:

 

"Abofallenbetreibern das Handwerk legen
Was kann ich tun, um den Betreibern das Handwerk zu legen?
Da die Betreiber der Abofallen oft im Ausland sitzen, ist ein direktes Vorgehen (Unterlassungsklage durch Verbraucher oder Verbraucherzentrale) häufig schwierig. Zudem wird die Identität der Hintermänner oft bewusst verschleiert.
Umso mehr ist die [Antragsgegnerin] bemüht dazu beizutragen, den Sumpf zumindest in Deutschland trocken zu legen. Über die von uns ständig aktualisierte Tabelle [.] erfahren Sie Namen und Anschrift der von den Betreibern beauftragten Geldinstitute, Inkassodienste und Rechtsanwälte.
Am besten können Sie den Gaunern in die Suppe spucken, wenn Sie dazu beitragen, dass deren Konto gekündigt und das Geld an die Absender zurücküberwiesen wird.
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Schreiben Sie so an die Bank/Sparkasse, auf deren Konto das Geld überwiesen werden soll (Kontoinstitut über Bankleitzahl ermitteln):

"Sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe den Verdacht, dass über das Konto . bei Ihrer Bank illegale Beträge fließen. Es geht um Abofallen. Ich appelliere an Sie, das Konto zu kündigen und das eingegangene Geld an die Absender zurück zu überweisen.
Mit freundlichem Gruß"

Auch die Verbraucherzentrale schreibt solche Briefe an die Banken/Sparkassen. Häufig haben die Geldinstitute bereits reagiert, weil auch sie nichts mit den Fallenstellern zu tun haben wollen. Aber es kann nützen, wenn auch viele Verbraucher sich dort beschweren!"

 

Einem Betreiber von Abofallen gefiel das gar nicht. Er erwirkte gegen die Verbraucherzentrale vor dem Landgericht München I eine einstweilige Verfügung. Doch die Verbraucherschützer ließen sich das nicht bieten und legten gegen diese Entscheidung erfolgreich Widerspruch ein.

 

Das Oberlandesgericht München hob mit Urteil 15.11.2012 (Az. 29 U 1481/12) die einstweilige Verfügung mangels Verfügungsgrundes auf.

 

Der Aufruf zum Boykott ist hier durch das Recht auf Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG gedeckt. Dies ergibt sich daraus, dass die Verbraucherzentrale nicht aus wirtschaftlichen Gründen handelt, sondern sie hier wichtige Interessen der Allgemeinheit vertritt. In einer solchen Situation ist ein Boykottauf normalerweise als zulässig anzusehen, sofern keine Bedenken im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit bestehen. Diese sind hier jedoch nicht ersichtlich. Zu berücksichtigen ist, dass es hier um die effektive Beseitigung von einem eklatanten Missstand geht.

 

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