AG Winsen: Beginn der Widerrufsfrist bei Annahme von bestellter Ware durch Nachbarn

Internet, IT und Telekommunikation
24.08.2012263 Mal gelesen
Achtung Online-Händler: Wenn Nachbarn im Online-Shop bestellte Waren annehmen, fängt unter Umständen nicht die Widerspruchsfrist Ihres Kunden zu laufen an. Dies ergibt sich aus einem Urteil des Amtsgerichtes Winsen.

Wenn ein Kunde Ware in einem Online-Shop bestellt hat, gibt es bei der Zustellung häufig ein Problem: Er ist zu diesem Zeitpunkt nicht zu Hause. In dieser Situation klingelt der Zusteller häufig beim Nachbarn, um das Päckchen endlich loszuwerden. So war es auch in einem Fall, über den das Amtsgericht Winsen zu entscheiden hatte. Darin hat ein Postbote eine Sendung am 04.08.2011 bei einem Nachbarn des Kunden abgegeben, obwohl dieser über keine ausdrückliche Vollmacht zur Entgegennahme verfügte. Dieser gab das Paket erst am 11.08.2011 an den Besteller als dem eigentlichen Empfänger weiter.

Nachdem der Kunde den Kaufvertrag widerrufen hatte, wollte der Online-Händler diesen wegen eines angeblichen Ablaufes der Widerrufsfrist nicht anerkennen. Dabei ging der Betreiber es Online-Shops davon aus, dass die 14-tägige Widerrufsfrist bereits bei der Abgabe an den Nachbarn am 04.08.2011 an zu laufen begonnen hatte. Weil der Online-Händler den bereits bezahlten Kaufpreis nicht zurückzahlen wollte, verklagte der Kunde ihn.

Das Amtsgericht Winsen gab der Klage des Kunden mit Urteil vom 28.06.2012 (Az. 22 C 1812/11) statt. Die Widerrufsfrist beginnt nur dann bei der Abgabe der Ware an einen Nachbarn zu laufen, wenn dieser über eine ausdrückliche Vollmacht zur Entgegennahme verfügt. Hierzu muss er eine schriftliche Vollmacht vorlegen. Anders ist es jedoch dann, wenn ein Nachbar "nur" aus Hilfsbereitschaft die Ware annimmt. Hier fängt die Widerrufsfrist erst bei der Übergabe der Sendung an den Kunden an zu laufen an. Dies begründet das Gericht damit, dass die Frist erst dann zu laufen beginnen darf, wenn der Kunde oder ein Vertreter die Ware untersuchen kann. Ansonsten kann er nicht das ihm zustehende Prüfungsrecht ausüben. Das Amtsgericht Wissen hat nicht die Berufung zugelassen.

Online-Händler sollten daher am besten den Zusteller anweisen, dass er die Ware nur bei einem Nachbarn abgibt, der über eine schriftliche Berechtigung zum Sendungsempfang verfügt. Ansonsten gehen sie ein großes Risiko vor allem dann an, wenn der nicht bevollmächtigte Nachbar unzuverlässig ist und die Ware nicht dem Kunden so schnell wie möglich übergibt.

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